Dante Valentine 01 - Teufelsbraut
kohlenstoffhaltigen Gestank von Nuevo Rio ein. Die abgestandenen Gerüche von Abfällen und menschlichem Elend drangen mir in die Nase. Meine Schutzschilde waren hauchdünn, so sehr hatte die Vorahnung mich ausgepumpt. Ich zwang mich, trotz des Gestanks tief durchzuatmen. „Anubis et’her ka“, flüsterte ich und schüttelte den Kopf. „Lass uns umkehren. Ich glaube, ich klappe gleich zusammen.“
„Sehr wohl.“ Japhrimel nahm mich am Ellbogen und führte mich zum Ende der Gasse. „Du solltest besser auf dich aufpassen, Dante.“
„Vom Vorsichtigsein ist noch keiner reich geworden“, murmelte ich. „Außerdem, was geht dich das an? Sobald wir das Ei gefunden haben, machst du dich wieder auf den Weg in die Hölle, und ich hocke vermutlich da und darf den ganzen Schlamassel ausbaden. Ich kann von Glück sagen, wenn ich das alles überlebe, und du erzählst mir, ich soll besser auf mich aufpassen.“ Ich schnaubte und konzentrierte mich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
„Ich würde dich nicht verlassen, ohne mich zu vergewissern, dass du in Sicherheit bist. Es würde mich schmerzen, wenn ich erfahren müsste, dass du tot bist, Menschin.“
„Na prima“, murmelte ich ungnädig.
„Wirklich. Das würde es.“
„Scheiße“, sagte ich. Ich spürte, wie sich hinter meiner Stirn eine Kopfschmerzattacke zusammenbraute. „Bring mich einfach in Jaces Haus zurück. Ich kriege Migräne.“
„Das war vorhersehbar“, erwiderte er. „Dante, es gibt da etwas, das ich dir …“
Noch ein Wort, und ich würde anfangen zu schreien. „Bring mich einfach nur zurück, in Ordnung?“
Er verstärkte den Griff um meinen Ellbogen. Ich schloss die Augen. „Selbstverständlich.“
26
Es war Nachmittag, als ich in den Übungsraum stapfte. Die Hitze lastete schwer und unangenehm über der Stadt, und am Himmel türmten sich schwarze Wolken, aus denen es in Kürze heftig gießen würde, begleitet von Blitz und Donner. Vielleicht würde das der dampfenden Stadt ein bisschen Erfrischung bringen.
Meine Tasche und meinen Mantel hatte ich im Zimmer gelassen. Ich trug nur Jeans und ein frisches Mikrofaserhemd, Stiefel und meine Ringe. Die nassen Haare hatte ich zu einem festen Zopf geflochten und die Fingernägel frisch lackiert mit dem Molekulartropfenlack, der sie hart wie Krallen macht.
Der Übungsraum war ein langer, mit Tatamimatten ausgelegter Saal, an dessen einer Wand Regale mit Waffen standen. In der Nähe der Tür hingen in einer Reihe drei Sandsäcke. Eine andere Wand war mit Spiegeln verkleidet, an die eine Ballettstange angeschraubt war. Die war vorher sicher nicht hier, die muss Jace angebracht haben, dachte ich abfällig. In der Mitte des Raums standen sich Eddie und Jace gegenüber.
Jace hielt einen Stab, Eddie ebenfalls. Beide trugen sie schwarze, seidene Gi-Hosen, Eddie darüber ein weißes Baumwoll-Tanktop, das nicht verbergen konnte, wie behaart er war. Ich lehnte mich gegen den Türstock, um zuzuschauen.
Jace stand mit nacktem Oberkörper da und hatte den Stab mit beiden Händen gepackt. Der Skorpion, der über seinem linken Schulterblatt eintätowiert war, glitt mit jeder Muskelbewegung auf und ab. Seine goldenen Haare waren schweißverklebt.
Gabe absolvierte in sicherer Entfernung ein paar Dehnübungen. Dann machte sie einen Spagat und beugte sich nach vorn, sodass sie mit der Stirn das vordere Knie berührte. Angeberin, dachte ich. Ich spürte immer noch die Nachwirkungen der Vision, leichte Kopfschmerzen hinter der Stirn.
Japhrimel lehnte mit verschränkten Armen an der Wand gegenüber den Sandsäcken. Vor den Fenstern hingen hauchdünne Gardinen, durch die die Sonne den Raum immer noch viel zu sehr aufheizte. Niemand hatte die Klimaanlage eingeschaltet.
Eddie griff an, Jace parierte. Beide Männer begleiteten ihre Bewegungen mit tiefen Lauten. Ich beobachtete den Kampf, lebte ihn mit, als würde ich selbst das Holz schwingen. Mit einem Stoß von unten versuchte Eddie, Jace im Gesicht zu treffen. Mir stockte der Atem. Das war ein unsauberer Trick, aber beide waren gute Kämpfer, und mit zwei Nekromanten in der Nähe konnte, wenn jemand verletzt wurde, auch nichts schiefgehen -so etwas konnten wir leicht behandeln.
Japhrimel kam langsam zu mir herübergeschlendert. „Geht es dir besser?“, fragte er. Hinter ihm verblassten die Sonnenstrahlen – die Wolken waren da. Das änderte allerdings nichts an der Hitze. Man nahm lediglich die grauenhafte Schwüle stärker wahr,
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