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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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murmelte ich, als glaubte ich, dass er wirklich existierte. Er trat elegant zur Seite, und ich humpelte auf Kellerman zu. Das rechte Bein zog ich leicht nach, es wollte mir nicht recht gehorchen. Ich befand mich in ziemlich schlechtem Zustand. Die Japhrimel-Halluzination hielt sich zu meiner Linken, wo sie meiner Schwerthand nicht in die Quere kommen würde, und legte mir sanft die Hand auf die Schulter, sodass die zarten, intensiven Psinergiewellen auch weiterhin durch meinen Körper pulsierten und mich heilten.
    Ich fragte mich, ob die Psinergie wohl auch mein Gehirn heilen würde.
    Ich erlaubte es mir nicht, noch mal zu Japhrimel hochzusehen, weil ich fürchtete, ihn nicht mehr vorzufinden – weil ich fürchtete, dass er sich wirklich nur als Halluzination entpuppen würde, die mein Hirn heraufbeschworen hatte, bevor es abstarb.
    Lebte ich überhaupt noch? Oder bildeten sich bereits Sternenmuster an der Oberfläche meines Gehirns, sodass Caine bei meiner Autopsie sagen würde: Ein klassisches Beispiel für einen psychischen Angriff mit Todesfolge.
    Caine würde es sicher genießen, mich aufzuschneiden.
    Ich sah auf Kellerman Lourdes hinunter. Wieder erschütterten Krämpfe seinen Körper, und der Knochen knirschte, als versuche er erneut, sich zu heilen. Ich zog mein Schwert ein Stück heraus. Blaues Licht lief die Klinge entlang, ein gesünderes Blau als Mirovitchs krankhaftes Glühen.
    Lourdes wandte mir den Kopf zu und sah mich aus menschlichen Augen an. Seine Lippen versuchten, das Wort wer zu formen.
    Oh Götter. „Danny Valentine“, sagte ich mit rauer Stimme. „Zwei Klassen unter dir, Keller. Wir haben nie miteinander geredet.“
    Verstehen flackerte in seinen Augen auf. Er ließ den Kopf wieder sinken. „Bitte“, krächzte er. „Bevor er zurückkommt…“
    „Du bist ein Schmarotzer und ein Lastesel. In dem Stadium gibt es keine Heilungsmöglichkeit mehr.“
    Sein Gesicht drückte Erschöpfung aus, aber auch einen Mut, der mir fast schon wehtat. „Tu… es. Sind… noch… welche… übrig?“
    „Polyamour. Bastian. Und drei weitere.“ Ich hob das Schwert, hielt inne. „Eine Frage: warum?“
    Das musste ich einfach wissen.
    „Rache…“ Seine Augenlider flatterten. „Ich… habe ihn genommen. Die anderen… konnten es nicht. Ich habe… das letzte Stück… genommen. Hätte mich… umbringen sollen. Hab’s nicht… geschafft.“
    Natürlich nicht. Bis Keller endlich gemerkt hatte, was er da in sich trug, bis ihm klar geworden war, dass Mirovitch nicht tot war, musste ihn das Ka schon fest in den Klauen gehabt haben. Und sobald das Ka wieder zum Leben erwacht war, hatte Keller sich nicht mehr umbringen können.
    Ich dachte daran, wie Gabe an Jace’ Bett das getan hatte, wozu ich nicht fähig war. Ein Akt verzweifelter Gnade für mich – und jetzt einer für Keller, womit die Bilanz ausgeglichen sein würde. Ich atmete so tief ein, wie ich konnte. Der Geruch von verrottendem Ektoplasma, absterbenden menschlichen Zellen und der widerwärtige, süßliche Gestank des Direktors mischten sich mit rauchigem Dämonenduft. Japhrimels Aura, sich windende, diamantene Flammen, legte sich über meine.
    Christabels Stimme wurde leiser. Erinnere dich, flüsterte sie. Erinnere dich an alles.
    War die Stimme real oder nur eine Erinnerung? War Christabel anwesend, unsichtbar für mich? Und falls ja, wer war noch dabei? Jedes Kind, dem in Rigger Hall Leid zugefügt worden war, oder nur eins?
    Nur ich?
    Ich hob das Schwert, wobei ich das Heft mit beiden Händen fest umklammert hielt. Mein rechtes Bein drohte einzuknicken. „Es ist vorbei“, flüsterte ich. „Mögest du deinen Frieden finden, Kellerman Lourdes.“
    Wie oft hatte ich diese Worte an Krankenhausbetten gesprochen! Nekromanten wurden an Sterbebetten gerufen, um Trost zu spenden und den Übergang zu erleichtern. Und manchmal auch, um sicherzustellen, dass der Verstorbene nicht zurückkehrte. Er muss ehrenvoll hinübergeleitet werden, aber – noch wichtiger – mit Mitgefühl. „Mitgefühl ist nicht deine größte Tugend, Danyo-chan“, hörte ich Jado flüstern.
    Mitgefühl? Für Lourdes oder für mich – oder für uns beide? Oder für jede arme Seele, die in Rigger Hall zerstört worden war?
    Dann eben für alle. Für Roanna, für Aran Helm, für Dolores. Für Christabel, die mir den entscheidenden Hinweis gegeben hatte, egal ob das geschehen war, weil sie mich quälen wollte, oder weil eine fremde Intelligenz sich ihrer Stimme bemächtigt

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