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Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
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Flur. Auf meinem Kinn spürte ich wohlriechendes, süßes, heißes, schwarzes Blut – ich hatte mir die Lippe fast ganz durchgebissen. Sie juckte, bevor sie so umgehend wie jede andere meiner Wunden verheilte.
    „Ich Glückliche“, sang ich. „Was bin ich doch glücklich, glücklich, so glücklich, Nekromantin der Sterne.“
    „Dante.“ Kaum ein Wispern, aber ich konnte es bis tief in meine Knochen spüren.
    „Das ist nicht gerecht. Ich will dich zurückhaben.“ Dann schlug ich die Hand vor den Mund, mein ganzer Körper spannte sich an, und ich lauschte.
    Lauschte.
    Anhaltende Stille war die einzige Antwort. Ich ballte die Hände zu Fäusten. Vorsichtig. Immer musste ich so verdammt vorsichtig sein. Mich zurückhalten, damit ich den nicht so Unverwüstlichen keinen Schaden zufügte. Den Menschen.
    Ein tiefer Seufzer, dann glitt mir die Stimme, die mir inzwischen vertrauter war als meine eigene, über die Wange: „Ernähre mich…“
    Ich suchte den Flur ab. Nichts. Das ganze Haus war leer.
    Kein Mensch. Kein Dämon. Rein gar nichts. Nichts außer mir, meinen Habseligkeiten, abgestandener Luft und dem Geruch von Jace. Staub und stumpfsinniger Kummer, das war alles.
    Klasse. Die Toten reden zwar mit mir, aber nie so, wie ich das gern hätte. Nie so, dass ich was damit anfangen könnte. Oh nein. Die schreiend düstere Heiterkeit, die diesem Gedanken innewohnte, war beunruhigend, aber sie war auch wie ein nasser Waschlappen, den man einer träumenden Frau ins Gesicht schlägt.
    Ich bin erwachsen, sagte ich mir. Verdammt noch mal, ich bin doch inzwischen erwachsen.
    Ich löste mich von der Tür und wandte mich zur Treppe, wobei mir das Seidenkleid um die Beine raschelte. Auf halber Höhe blieb ich so abrupt stehen, dass ich beinahe die Balance verloren hätte.
    Die Nische war wie immer. Auf der glänzenden schwarzen Urne war keine Spur von Staub.
    Anubis senkte seinen schönen, schlanken Kopf und musterte mich. Der Wein war verschwunden.
    Der Gott hatte mein Opfer angenommen.
    Die Blütenblätter der Rose waren verdorrt. Ausgesogen.
    „Das ist doch verrückt.“ Meine Schulter pochte. „Ich muss einen Mörder zur Strecke bringen. Einen Mörder, der Schmarotzerglyphen in irgendeinem raffinierten Zeremonialenkreis benutzt. Ich kann es mir nicht leisten, Gespenster zu sehen.“
    Aber Japhrimel als Gespenst zu sehen war immer noch besser, als ihn zu vermissen und um ihn zu trauern.
    „Sprichst du mit mir?“ Die glänzenden Rundungen der Urne schienen sich über mich lustig zu machen. „Bitte sag mir, dass du mit mir sprichst.“
    Natürlich bekam ich keine Antwort. Nur die Anubis-Statue bewegte sich, als wolle sie meine Aufmerksamkeit auf sich lenken. Anubis’ und mein Blick trafen sich. War das eine Halluzination, oder lächelte der Gott wirklich?
    „Ich habe dich vermisst.“ Diesmal redete ich mit dem Gott. Meine Stimme klang dünn und atemlos. Es stimmte. Es hatte mir gefehlt, dieses Gefühl, immer gehalten zu werden, beschützt zu sein – der Gott des Todes war der Größte und der Schlimmste überhaupt. Selbst die Nichtvren fürchten den Tod.
    Sogar Dämonen.
    Ich hatte mich immer gefragt, ob ich wohl deswegen Nekromantin geworden war. Ein hilfloses Mädchen mit einem Kontrollhalsband, das man wegen seines Matheson-Index dem Psi-Programm der Hegemonie zugeordnet, eine Waise, die man wie alle anderen nach Rigger Hall geschickt hatte – und dort fand man entweder einen Beschützer, oder man hielt nicht lange durch.
    Der Tod war der beste Schutz. Zumindest gab es nicht viel, wovor ich mich fürchten musste. Wenn ich eines Tages starb, würde das sein, als ließe ich mich in die Umarmung eines Geliebten sinken.
    Ganze Monate meiner Schulzeit schleppte ich mich nur durch den Tag und von einer Aufgabe zur nächsten, einen Schritt nach dem anderen. Ich wartete sehnsüchtig auf Lewis’ Besuche, aber als ich älter wurde, durfte ich ihn nicht mehr so häufig sehen. Mir blieben nur noch die Bücher.
    Nachts las ich unter der Bettdecke beim Licht einer entwendeten Taschenlampe all die Bücher, die er mir geschenkt hatte. Wenn ich nicht mehr lesen konnte, wenn ich endlich die Augen schloss, glitt ich in das blaue Feuer der Trance des Todes.
    Das hielt mich am Leben. Ich war etwas Besonderes, nicht nur, weil Lewis mir diese Bücher geschenkt hatte, sondern auch, weil der Tod mich auserwählt hatte. Nach Roannas Tod zog ich mich meistens in mich selbst zurück und lernte, mit mir allein zurechtzukommen. Aber immer

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