Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Dante Valentine 02 - Hoellenritt

Titel: Dante Valentine 02 - Hoellenritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilth Saintcrow
Vom Netzwerk:
hatte ich die Bücher und das blaue Leuchten, Zwillingslinien, die in mein Herz führten und mir Kraft gaben. Die mir versicherten, dass ich durchhalten würde.
    Ich bestand jede Prüfung in magischer Theorie und in den modernen Klassikern mit Auszeichnung. Egal, wie schlimm es wurde, ich hatte Lewis’ Liebe zu Büchern in mich aufgesaugt und war immer eine der besten Schülerinnen.
    Und was noch wichtiger war: Ich zweifelte nicht eine Sekunde lang, dass ich das Ganze überleben würde. Lewis hatte mir etwas sehr Grundlegendes vermittelt: das Wissen, dass ich bedingungslos geliebt wurde. Und obwohl die Strafen schrecklich waren, so waren doch einige der Lehrer engagierte und wahre Meister ihrer Künste. Es gab auch Gutes in Rigger Hall – ich hatte gelernt, meine Fähigkeiten kontrolliert einzusetzen, hatte gelernt, wem man trauen konnte und wem nicht, hatte gelernt, wie stark ich wirklich war.
    Und immer, immer war dort der Tod gewesen.
    Ich war noch zu jung, um den blauen Saal mit den Kristallwänden zu betreten oder mich der Brücke zu nähern, aber ich konnte die Aufmerksamkeit des Gottes spüren, eine warme Anteilnahme, die mir half, Selbstvertrauen zu entwickeln, statt in Katatonie zu versinken oder einen nervösen Tic zu entwickeln wie einige der anderen Kinder. Manchmal, selbst während der schlimmsten Strafen, schloss ich die Augen und sah doch immer noch das blaue Glühen, das geometrische, filigrane Muster aus blauem Feuer und der Aufmerksamkeit des Gottes, meines Gottes, und so hatte ich beschlossen, stark zu sein.
    Ich hatte es durchgestanden.
    Und nach Mirovitchs Tod, nachdem die Obduktion beendet und die Schule geschlossen worden war, machte ich an der Akademie weiter, bis zu meinem Examen, jener schmerzlichen, schweren Prüfung, die jeder Nekromant bestehen muss, um seine Zulassung zu erhalten – jenes Abstreifen der Psyche in einem Initiationsritus, dessen Schrecklichkeit jeder anders erlebt. Man kann dem Tod nicht entgegentreten, bevor man tatsächlich gestorben ist, und was ist dieser Initiationsritus anderes als ein erstes Sterben? Eins allerdings hatte ich allen anderen Neulingen voraus: Ich zweifelte keine Sekunde lang daran, dass ich meine Prüfung überleben würde. Und danach hatte ich die paar weißen Haare gefärbt, um sie dem Standardschwarz der Nekromanten anzugleichen, und nie mehr an jene Zeit zurückgedacht. Ich hatte immer nach vorn geschaut und weitergemacht.
    Aber all die Jahre hatte ich nicht die geringste Vorstellung davon gehabt, wohin ich denn eigentlich wollte. Auch jetzt hatte ich keine, aber eins wusste ich genau: Zurück wollte ich nicht.
    Und genau dazu hatte Christabel mich aufgefordert.
    „Rigger Hall“, sagte ich, den Blick in die Augen der Statue gebohrt. „Ich habe geschworen, ich würde niemals zurückkehren.“
    Du musst. Die Augen sahen mich leer und mitleidlos an, und doch lag eine große Tiefe in ihnen. Der Tod zog niemanden vor – er liebte alle gleichermaßen. Vor was du nicht fliehen kannst, das musst du bekämpfen; was du nicht bekämpfen kannst, musst du ertragen. Die Stimme des Gottes – keine Worte im eigentlichen Sinn, nur eine Bedeutungsfolge, die in meine empfänglichen Sinne einfloss – ließ mich erzittern. Das war meine erste Lektion in Rigger Hall gewesen, als sie mir das Halsband angelegt hatten: Ertragen. Eine grundlegende Lektion, die ein ums andere Mal wiederholt wurde. Selbst später, wenn ich Zweifel hegte, ob ich aus einer neuen schrecklichen Situation lebend herauskommen würde, hatte ein zartes Etwas ganz tief in meinem Inneren geantwortet: Das wirst du. Und damit war alles gesagt.
    Man hat mich als selbstmörderisch und verrückt bezeichnet, auch als todgeweiht. Ruhmsüchtig und hochnäsig hat man mich ebenfalls genannt. Ich glaube nicht, dass das zutrifft. Ich habe einfach immer nur gewusst, dass ich überleben würde, und der harte, zähe Kern in meinem Inneren hatte sich selbst in den schlimmsten Zeiten geweigert aufzugeben. Dem, was einen ängstigt, stellt man sich besser, als dass man sich angstvoll duckt; und wenn der Tod mich ängstigt, brauche ich nur tiefer in das blaue Leuchten Seiner Umarmung hineinzugehen, bis auch die Furcht verschwindet und das Gewicht von mir genommen wird.
    Es gab nichts, wovor ich mich fürchten musste. An meiner Ehre gab es nichts zu rütteln. Ein ehrenvoller Mensch ist nur so gut wie die Versprechen, die er hält, und wie die Treue, die er jemandem entgegenbringt. Also war meine Ehre

Weitere Kostenlose Bücher