Dante Valentine 03 - Feuertaufe
und nun sollte ich begreifen? „Ich soll dich verstehen? Ich hatte gedacht, das täte ich. Ich hatte gedacht, ich … Ich hatte gedacht, du …“ Ich schien mein Sprachvermögen verloren zu haben, so wie ich rumstotterte.
Er nickte, beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und verschränkte die Hände. „Du kannst ruhig wütend sein und gegen mich loswettern, Dante. Aber heb dir deine Rache für später auf. Ich werde nichts dagegen unternehmen. Ich gehöre dir, solange du mich willst, und länger. Es gibt kein Entrinnen. Zumindest nicht jetzt.“
Ich warf den Kopf hin und her, als müsste ich mir Wasser aus den Haaren schütteln. „Ich hätte alles getan, worum du mich gebeten hättest, wenn du ehrlich zu mir gewesen wärst.“ Tränen stiegen mir in die Augen. Ich hasste mich dafür, dass ich weinte. Nicht einmal in der Hölle von Rigger Hall hatte ich geweint, und auch später nur selten. Es lag an seinem Tonfall. Mein Körper reagierte auf seine Freundlichkeit. Aber mehr als das schmerzte mich das Gefühl, von ihm verraten worden zu sein.
Oder lag es doch an seiner sanften Art? Ich wusste es nicht. Ich merkte, dass ich mir schon wieder das Brustbein rieb. Ich dachte, ich würde dich kennen. Der Kloß in meinem Hals wuchs mit jeder Sekunde, als wäre ich in einem Raum ohne Fenster gefangen.
„Du reagierst immer noch wie ein Mensch, Dante. Das dauert eben seine Zeit.“ Er klang noch nicht einmal, als würde ihm irgendetwas leidtun. Wenn ein Menschenmann seine Freundin aufmischt, zieht er anschließend eine Riesenshow ab, wie zerknirscht er ist.
Eine Träne floss meine Wange herab. „Ich hasse dich.“
„Ich habe dich gewarnt, dass es dazu kommen wird. Aber auch das geht vorbei.“
Ich starrte ihn an. Das kannst du dir gleich abschminken. Wie konntest du nur, Japhrimel?
„Du bist vertraglich sieben Jahre an den Fürsten gebunden. Ich werde dafür sorgen, dass du diese Zeit überlebst. Wenn ich dich dafür anketten muss, werde ich das tun.“ Ich glaubte ihm aufs Wort.
Ja, prima, ich werde also am Leben bleiben. Das ist bekanntlich eine meiner Stärken. Und wenn ich sterbe, habe ich nichts zu befürchten. Mein Gott wird mich aufnehmen. Vielleicht wirst du mir wenigstens dorthin nicht nachlaufen.
Ich schloss die Augen wieder, lehnte den Kopf zurück. Der Sitz war übrigens sehr bequem. Für die Schergen des Teufels war das Beste gerade gut genug.
„Du musst mir nicht verzeihen“, wiederholte er. „Aber du wirst mit mir zusammenarbeiten, ob du nun willst oder nicht.“
„Weißt du“, entgegnete ich leise, „von dir kann selbst der Teufel noch das eine oder andere lernen.“ Auch durch die geschlossenen Lider sah ich ihn noch, spürte die schwarzen Flammen seiner Aura, die mich umschließen wollten, das Zeichen an meiner Schulter, das leicht glühte, die Psinergie, die sich wie warmes Öl über meine Haut verteilte und meine Anspannung langsam abbaute.
„Ich bin das kleinere Übel, Hedaira. Vergiss das nicht.“
Dagegen konnte ich schlecht etwas sagen. Wenn ich nur die Wahl zwischen dem Teufel und Japhrimel hatte, wo blieb dann ich?
Im Arsch. So sah es aus. In einer ausweglosen Lage, hineinmanövriert von einem Dämon.
Wieder einmal.
32
Das entmilitarisierte Sarajewo ist immer noch so etwas wie ein Kampfgebiet. Zwei Kriegsherren der Nichtvren und ein kompletter Kader – also sieben Rudel – Werwölfe waren nötig, um nach dem Albtraum des Völkermords während des Siebzigtagekriegs die Ordnung wiederherzustellen. Heutzutage gehört es zu den Städten, wo sich nicht einmal psionische Kopfgeldjäger blicken lassen – weil menschliche Ziele solcher Jagden dort ebenfalls nie hingehen würden.
Der nördliche Teil der Stadt ist die entmilitarisierte Zone selbst, wo die meisten nichtmenschlichen Gattungen ihre Enklaven haben; in der Südhälfte patrouillieren Werwölfe, deren Boss der „Beherrscher des Territoriums“ ist, ein Nichtvren namens Leonidas, der aus den Machtkämpfen als Sieger hervorgegangen ist. Sarajewo ist eins der vier weltweit existierenden nichtmenschlichen Freistadtterritorien, eine Zone, die von der Adriatica bis zu den Ausläufern der österreichisch-ungarischen Putchkin-Allianz reicht und im Süden vom griechischen Teil der Hegemonie begrenzt ist. Die letzten Menschen waren geflohen, nachdem Leonidas und ein Werwolf-Alphatier namens Masud etwa hundert Jahre nach Kriegsende den großen Aufstand der Serben endgültig niedergeschlagen und sowohl die
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