Dante Valentine 03 - Feuertaufe
Schicksals. „Schlimmer kann es nicht mehr kommen“, rief ich und beugte mich vornüber. Ich schloss die Arme um die Beine, begrub mein Gesicht zwischen den Knien und kämpfte darum, wieder ruhig zu atmen.
Es dauerte einige Zeit.
11
Im Haus war es still und dunkel. Nichts regte sich. Die Gleiterlimousine ließ mich am Landeplatz raus. Sie war eindeutig auf Autopilot geschaltet. Kaum berührten meine Stiefel den Betonboden, der speziell behandelt worden war, um wie weißer Marmor auszusehen, schwoll das Winseln der Antriebszellen wieder an. Das glänzend schwarze Flugzeug hob ab, umrundete einmal das Haus und entfernte sich langsam – sehr viel langsamer als beim Anflug.
Ich blieb mit geschlossenen Augen stehen. Warm und sanft hüllte mich die laue toscanische Sommernacht ein; eine Nacht, wie ich sie gut auch in der Bibliothek hätte verbringen können, die Augen auf die Buchseiten geheftet. Oder angekuschelt an Japhrimel im Bett. Ich hätte seiner Stimme lauschen können, die mir Geschichten von Dämonen und alten Zeiten erzählte, manche davon wahr, manche nur Gerüchte. Und manchmal hätte leises Lachen die Stille durchbrochen.
Das war alles vorbei. Luzifer hatte dem ein Ende gesetzt.
Ich straffte die Schultern und stieg die Stufen hinab, ging zwischen dichten Büschen angenehm duftenden Rosmarins hindurch, die zu beiden Seiten wuchsen, und weiter auf dem mit Steinplatten ausgelegten Weg zur Vordertür. Bleib drinnen, geh nicht an die Tür, warte auf mich. Aber wie lange?
Ich war froh, dass die Bediensteten nicht da waren, vor allem Emilio. Japhrimel hatte sie offenbar in der Annahme nach Hause geschickt, er würde heute nicht mehr zurückkehren.
Wollte er überhaupt wieder nach Hause zurückkehren? Wozu zum Henker brauchte Luzifer mich, wenn Japhrimel wieder in der Hölle war? Ich schüttelte den Gedanken ab. Es war ohnehin sinnlos. Was der Teufel wollte, das bekam er auch. Und aus irgendeinem Grund wollte er uns beide.
Ich stieß die Tür auf. Das Sicherheitsnetz erkannte mein Datband und meinen Genscan. Die Systeme – Japhrimels sorgfältig ausgelegte Dämonenarbeit und mein Nekromantenbeitrag -teilten sich und ließen mich passieren.
Das Mal an meiner Schulter gab Ruhe; weder pochte es im Rhythmus von Japhrimels Puls, noch brannte es als Zeichen seiner Aufmerksamkeit. Ich berührte es nicht. Wenn Japhrimel in der Hölle war, wollte ich das nicht durch seine Augen sehen. Ich hoffte nur, die Leere in mir würde irgendwann wieder verschwinden.
Langsam schritt ich durch die lautlosen Korridore und Zimmer. Nur meine Absätze klickten auf dem Marmorboden, wenn sie nicht in dicken Teppichen versanken. Ich bemühte mich, alle Räume zu ignorieren, aus denen Japhrimel hätte kommen können. Herrgott, Danny, krieg dich langsam wieder ein. Warte einfach auf ihn. Er kommt schon wieder. Du weißt genau, dass er wiederkommt.
Im Prinzip schon. Nur ein kleiner widerspenstiger Teil von mir war sich da nicht so ganz sicher. Der Teil, der niemandem traute, niemandem glaubte. Ein unbeugsamer, eiskalter, hartnäckiger Anflug von Zweifel, für den ich mich selbst hasste. Immer wartete ich darauf, dass jemand mir wehtat. Vielleicht weil die meisten Menschen, die ich geliebt oder denen ich vertraut hatte – oder die Macht über mich gehabt hatten, vor allem während meiner Kindheit –, entweder gestorben waren oder mein Vertrauen missbraucht, mich verraten, mir wehgetan hatten.
Mich verlassen hatten.
Endlich kam ich zur Flügeltür und öffnete sie vorsichtig.
In der schwachen Beleuchtung sah alles unverändert aus. Schnell durchquerte ich das Zimmer, blieb in der Mitte stehen, faltete die Hände und machte eine Verbeugung zu Jace’ Schwert hinüber. Wieso, verdammt noch mal, bin ich ausgerechnet hierhergegangen? Was habe ich hier verloren?
Das Schwert summte leise vor sich hin. Ein langsames Lied von Trauer über den Tod seines Besitzers hallte immer noch in der Klinge nach. Manchmal fragte ich mich, ob die Splitter meines alten Katanas, die in den Tiefen des eisigen Ozeans zusammen mit den verwesenden Resten Santinos vor sich hin rosteten, ebenfalls noch diese Klänge von Todesqualen aussandten. Nur dass ich nicht gestorben, sondern nur zum Krüppel geworden war – und Japhrimel ebenso verloren hatte wie mein Menschsein.
Ich hob die Hand und fuhr über das mit Silber überzogene Waschbär-Baculum. Die mit der Halskette verknüpften Sicherheitszauber summten los. Mit der Halskette, dem Armreif und den
Weitere Kostenlose Bücher