Dante Valentine 03 - Feuertaufe
Ruhe fand.
Hör endlich auf, über ihn nachzugrübeln. Er wird dich finden, das hat er dir versprochen.
Ja, aber wann? Und was hat er noch zu Luzifer gesagt, als er genau wusste, ich würde kein Wort verstehen? Weißt du darauf eine Antwort? Gereizt warf ich mich hin und her.
Hör auf damit. Das bringt nichts. Ruh dich lieber aus.
Ich lag da, wälzte mich im Bett herum und versuchte, an etwas anderes zu denken. Und scheiterte kläglich. Das Zimmer war klein – ein rosafarbener Teppich, ein Plas-Heizkörper im Retrostil, der eine Hitze abstrahlte, die ich nicht brauchte, ein Bett, eine Anrichte, die ich ebenfalls nicht brauchte, und ein Bad. Ein meilenweiter Unterschied zur Villa in den Hügeln von Toscano.
Aufs Klo musste ich nicht, dafür ließ ich mir die Badewanne einlaufen und schrubbte mir den Dreck vom Leib. Danach genoss ich noch eine Zeit lang das warme Wasser, und schließlich reinigte ich mit Hilfe von Psinergie meine Kleider. Ich war in Schlacke gelandet, nachdem ich dem Imp den Garaus gemacht hatte. Wäre ich noch ein Mensch gewesen, würde inzwischen mein ganzer Körper vor Schlackefieber brennen. Auch so kämpfte er gegen die Auswirkungen dieses Chemikalienschlamms. Ich brauchte lange, bis ich meine Kleider von dem Gestank befreit hatte.
Ich scannte die Sicherungsvorkehrungen. Niemand hatte mich bemerkt, dennoch blieb ich vorsichtig.
Eine Sache musste ich allerdings noch erledigen. Ich hatte nur ein Messer, und es dauerte ganz schön lange, bis ich mir den Großteil meiner Mähne abgesäbelt hatte. Das kurze, zottelige Ergebnis würde dafür sorgen, dass mich niemand so leicht auf Anhieb erkennen würde, außer er wäre mit meiner Tätowierung vertraut. Nur Psione waren in der Lage, die feinen Unterschiede der einzelnen Zulassungstätowierungen zu erkennen. Die Chancen, nicht geschnappt zu werden, stiegen also ein wenig.
Hoffte ich wenigstens. Andererseits sah ich immer noch aus wie ein Holovid-Model und machte mich im Psycho-Äther mit der unverwechselbaren Flamme eines Dämons breit. Und Dämonen würden mich sicherlich allein am Geruch erkennen. Egal, dieses Risiko musste ich eingehen. Mehr konnte ich nicht machen. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, mit Hilfe eines Zauberspruchs mein Aussehen oder mittels Hautspray den Teint zu verändern. Aber ein Zauber würde nur zusätzlich die Aufmerksamkeit von Psionen und Dämonen erregen, und wie meine Haut auf Spray reagieren würde, wusste ich nicht. Dass ich aussah, als wäre ich mit dem Kopf in einen Bienenstock geraten, konnte ich nun wirklich nicht brauchen.
Obwohl – eine gute „Verkleidung“ wäre es ja.
Ich kletterte im dritten Stock aus dem Fenster und die klapprige Feuerleiter hinunter. Die Zimmertür ließ ich verschlossen -ich hatte für einen weiteren Tag bezahlt –, nahm aber alles mit, was ich besaß.
Die Gasse unten war schmutzig, aber in meiner Wolke aus Dämonengestank fühlte ich mich vergleichsweise wohl. Meine abgeschnittenen Locken warf ich auf einen Müllhaufen und entzündete sie mit einem Strahl Psinergie. Die Haare qualmten und rochen fürchterlich, aber sie brannten. Anschließend trat ich das Feuer aus und kippte Abfall über die Asche. Mein Triumphgefühl hielt sich in Grenzen. Immerhin hatte ich jetzt schon fünf Tage überlebt, was nicht schlecht war, wenn man seine Kräfte mit Dämonen misst.
Ich machte mich auf ins tiefste Neo-Prag. Es war kühl, und der Himmel bewölkte sich gerade. Ich beschloss, mich erst einmal ein wenig in den Bars umzusehen. Vielleicht hatte ich ja Glück. Jeder, der Anschluss suchte, fing in den Bars an. Vielleicht fand ich einen Söldner oder einen Kopfgeldjäger, den ich kannte, entweder persönlich oder vom Hörensagen. Es war mehr als wahrscheinlich, dass der eine oder andere Bekannte hier herumhing. Neo-Prag war so eine Stadt. Derjenige könnte mir dann helfen, ein passendes Versteck aufzutreiben oder einen Magi, den ich „überzeugen“ konnte, mir einen Intensivkurs zu geben, wie man sich erfolgreich gegen mordlüsterne Dämonen zur Wehr setzt.
Sechs Bars und einen kurzen, aber heftigen Kampf in einer Gasse später kam ich in eine schäbige Pivnice, eine Kneipe unter einer Brücke. Ich bürstete meinen Ärmel ab – einer von den Normalos, die mich für leichte Beute gehalten hatten, hatte mich vollgeblutet. Ich hatte keinen von ihnen umgebracht, aber viel hatte nicht gefehlt. Menschliches Treibgut sammelt sich gern in Freistädten. Manchmal siegt die Gier über ihren gesunden
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