Dante Valentine 03 - Feuertaufe
unnatürlich ruhig. So einen lässigen Einsatz von Psinergie hatte ich noch nie erlebt. Leise rieselten die Staubkörnchen zu Boden.
„Mir fehlt nichts.“ Die Menschen waren hervorragend für einen nächtlichen Kampf gerüstet. Allein die Nachtsichtbrillen hatten ein Vermögen gekostet. „Sind noch mehr da?“
Er richtete sich auf. „Unten.“ Er sah makellos aus, nicht ein Haar war verrutscht. Die Hände hatte er bereits wieder hinter dem Rücken verschränkt. Ich konnte mich immer noch nicht daran gewöhnen, wie unheimlich schnell er war. Meine eigene Schnelligkeit war ja schon furchterregend, aber seine jagte mir immer noch Angst und Schrecken ein.
Jetzt war ich wieder heilfroh, ihn an meiner Seite zu haben.
„Einer ist verletzt.“ Ich zeigte auf den Korridor hinaus. Mein Atem ging schnell, aber gleichmäßig. Ich steckte die Waffen weg. Der Boden war über und über mit feiner, funkelnder Asche bedeckt, die bei jeder unserer Bewegungen durchs Zimmer wirbelte. Wie viele Imps waren uns eigentlich aufs Dach gestiegen? Übrig war jedenfalls keiner mehr. „Ich habe nur einmal auf ihn geschossen. Sollen wir ihn ausquetschen?“
„Kein Bedarf. Die Imps haben mir schon alles verraten, was ich wissen muss. Jetzt raus hier! Schnell!“
Ich wollte nicht lange diskutieren, sondern flitzte sofort zum Fenster, riss es auf …
… und ging gleich wieder in Deckung, als ein Kugelhagel den Holzrahmen zerfetzte und Glassplitter durchs Zimmer segelten. Ich fluchte wie ein Bürstenbinder, aber da hatte Japhrimel mich schon am Arm gepackt.
„Hier entlang!“
Das kommt schon eher hin. Das passt schon eher zu einem Dämon – aber mich mit einem Gleiter erschlagen? Nein. „Was haben dir die Imps gesagt?“ Mein Armreif sandte grüne Lichtflecken aus. Ich hielt ihn hoch, während Japhrimel mich durch die kaputte Tür zerrte, dann nach rechts vorbei an dem blutenden, stöhnenden Mann, den ich angeschossen hatte. Ich konnte kaum mit ihm Schritt halten. Mit eisernem Griff zog er mich weiter. Er tat mir zwar nicht weh, ich hätte mich aber auch nicht befreien können.
„Genug, um zu wissen, dass es klug ist, auf der Stelle von hier zu verschwinden“, antwortete Japhrimel. „Ich erzähle es dir später, Dante. Wir müssen weg.“
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.
Weiter ging es die Treppe hoch. Ich hörte etwas – Schritte wie Donnerhall, Krallen, die über Holz kratzten, ein entsetzliches Kreischen. Menschlich klang das nicht. Es erinnerte mich an die Geräusche in dem verlassenen Gebäude; nur hatten sie damals eher wie ein Knurren geklungen. Was war da hinter uns her?
Noch mehr Imps? Nein, die hörten sich anders an, weich und tapsig.
Ein Stockwerk, zwei, drei. Es kam näher. So wie es gegen die Wände knallte, musste es ziemlich groß sein. Rauch stieg mir in die Nase. Der Reif quetschte mein linkes Handgelenk. Ein furchtbarer Schmerz durchzuckte mich. Das Mal an meiner Schulter flammte auf. Japhrimels Gesicht verriet seine Anspannung – seine Augen flackerten so wild, dass sie Schatten auf seine Wangenknochen warfen. Vorsichtig überprüfte er jeden Korridor.
Fünfter Stock. Ende der Treppe. Lautlos rannte er den Flur hinunter. Ich konnte nur hoffen, dass er wusste, was er tat. Mir waren die Ideen nämlich ausgegangen. Er trat eine Tür ein. Der Gestank von Staub und menschlicher Verzweiflung lag in der Luft. Schnell schaute ich mich um. Das Zimmer war in Grün gehalten, vier Stühle und ein billiger Tisch standen herum, auf dem die Überreste von Essenskartons lagen. Japhrimel drehte sich zum Fenster und sagte: „Sammle deine Kräfte!“
Ich packte ihn an der Schulter, und er schloss mich in seine Arme. Was soll denn das jetzt wieder bedeuten?
Ohne mich loszulassen, sprang er aus dem Fenster. Die Plasglasscheiben zersplitterten, Kugeln pfiffen uns um die Ohren. Feuer bohrte sich in meine rechte Schulter. Japhrimel drehte sich und sandte einen Psinergiestrahl durch die Dunkelheit. Von links oben hörte ich einen Schrei, ein Körper stürzte in die Tiefe. Wer immer der Heckenschütze gewesen sein mochte, jetzt war er jedenfalls tot. Japhrimel hatte ihn erwischt.
Anubis, das wird wehtun.
Aufprall. Alles ging zu schnell, ich war nicht darauf gefasst. Der Schlag trieb mir die Luft aus den Lungen. Japhrimel wirbelte mich hoch, seine Finger von meinem Blut ganz glitschig. Die orangefarbenen Lichter der Stadt spiegelten sich in meiner Pistole wider. Mein Atem hing wie Nebel in der kalten Luft.
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