Dante Valentine 04 - Suendenpfuhl
Kehle war wie zugeschnürt. Energisch schob ich das Bild beiseite.
„Kuriernachrichten von der Tanner-Familie, vier oder fünf Kopfgeldjäger. Ein Werwolf – ein zerrauftes Viech mit gestreiftem Fell. Ein Nichtvren-Mädel; sie hat einen Umschlag für dich dagelassen. Ein paar Slicboard-Kuriere, eine Schamanin, die in einer Klinik unten an der Fortieth arbeitet …“
„Sekhmet sa’es. Scheiße.“
Lucas lachte. Jetzt amüsiert er sich schon wieder über mich. Seit wann bin ich eigentlich so lustig?
„Das ist noch nicht alles. Da war auch noch ein Konzernklon von Pico-PhizePharma. Wirklich jeder ist auf der Suche nach dir. Ein Glück, dass ich dich als Erster gefunden habe.“ Lucas ging im Gleichschritt neben mir her, während Leander ein Stück vor uns in die Fiske Avenue einbog. Das Licht der Straßenlaternen ließ sein Haar seidig glänzen. Er bewegte sich mit der Vorsicht, die sich jeder Kopfgeldjäger nach ein paar erfolgreichen, aber hart erkämpften Verhaftungen angewöhnt.
Ich kam zu dem Schluss, dass ich ihn mochte. Bin ich froh, dass er mich nicht im Stich gelassen hat.
Lucas’ Blick war meinem gefolgt. „Braver Kerl“, gab er widerstrebend zu. „Ist zu Abra gekommen, um mir Bescheid zu sagen, dass der Dämon losgezogen ist, während du geschlafen hast.“
Ich habe keine Ahnung, was er treibt und wo er hin ist. Aber das war ja zu erwarten, ausgerechnet jetzt, wo ich ihn gebraucht hätte. „Gut.“ Ich umklammerte die Schwertscheide noch ein bisschen fester.
Vertrau mir, hatte Japhrimel mich immer wieder gebeten.
Zweifle nicht an mir. Um mich zu schützen, hatte er sich mit Luzifer angelegt, und jetzt war er ausgeflogen, um Jagd auf Eve zu machen. Mich hatte er zurückgelassen wie ein Gepäckstück. Immer wenn ich glaubte, endlich zu wissen, ob er zu den Guten oder zu den Bösen gehörte, machte er etwas, das mich wieder völlig verwirrte.
„Außerdem hat mir Beaudry erzählt, dass unser schwarzer Knabe ihm befohlen hat, sich von dir fernzuhalten. Sieht aus, als wäre dein Dämon eifersüchtig.“ Dass Lucas so interessiert und amüsiert klang, war mir ziemlich unangenehm.
Mich schauderte. Glaubte Japhrimel etwa, ich wäre sein Eigentum? Dämonen waren besitzergreifend, das wusste jeder. Sehr besitzergreifend. Hatte ich Leander in Gefahr gebracht, nur weil ich ihn angelächelt hatte? Weil ich mich in seiner Gegenwart wohlgefühlt hatte?
Seien wir doch mal ehrlich, Danny. Du magst den Mann. Er ist Kopfgeldjäger, und er ist ein Mensch. Im Gegensatz zu Japh. Du bist gern mit ihm zusammen, und Japhrimels Reaktion ist ganz typisch für einen eifersüchtigen Liebhaber. Ich kam zu dem Schluss, dass es eine fantastische Idee war, das Thema zu wechseln. „Wie kommen wir in Abras Laden, ohne dass es jemand mitkriegt? Wenn so viele Leute nach mir Ausschau halten, wird doch mindestens einer auf die Idee kommen, in ihrer Nähe zu bleiben, bis ich auftauche.“ Es war eine blöde Frage, und so, wie Lucas mich von der Seite ansah, fand er das offensichtlich auch. „Abra hat das Gerücht verbreiten lassen, dass ihr beide euch verkracht habt. Angeblich hast du dich um die Bezahlung für die geheime Kopfgeldjagd in Rio gedrückt. Sie hat verlauten lassen, dass sie dir jeden Credit einzeln aus dem Leib prügeln wird, falls du noch mal bei ihr aufkreuzt. Sie geht davon aus, dass die meisten das geschluckt haben und wegbleiben. Ich bringe dich durch die Hintertür rein. Leander latscht durch den Vordereingang und schaut, ob ihn irgendjemand beobachtet.“ Lucas hustete und spuckte aus. Es klang fürchterlich, als litte er an Schlackelunge und läge in den letzten Zügen.
„Gut.“ Ich wusste nicht mal, dass Abra eine Hintertür hat. „Hast du noch irgendwas darüber in Erfahrung bringen können, hinter welchem Dämon Japh her ist? Abgesehen von dem, was deine Magi erzählt hat?“ Eve. Ob sie wohl hier ist? Und wenn ja, wo versteckt sie sich? Und warum sollte sie hierherkommen?
Wieso sollten so viele Leute – sogar andere Spezies – auf der Suche nach mir sein? Und dann auch noch Kopfgeldjäger. Verdammt, Gabe, was ist bloß los?
Gabe konnte mir nicht antworten, aber es tat gut, an sie zu denken, als wäre sie noch am Leben.
Ich versuchte, den Kloß in meiner Kehle hinunterzuschlucken, und spürte, wie die Wut wieder in mir hochstieg. Es kostete mich soviel Kraft, sie zu bändigen, dass meine Ringe aufblitzten.
Ich konnte es mir nicht leisten, allzu wütend zu werden, zumindest noch nicht
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