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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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unter uns ausgebreitete Paradisse vermutlich genossen. Die Gebäude schienen im Glanz der nächtlichen Beleuchtung zu tanzen, die Reaktivfarben der Gleiterverkehrsströme glitzerten, und die Türme sonderten Synthparfüm ab, das in der versinkenden Sonne durchsichtig schimmerte. In Paradisse herumzuspazieren ist ein Erlebnis für die Augen wie für die Nase.
    Eigentlich hätte es mir ausgezeichnet gehen müssen.
    Dunkelheit breitete sich am Boden aus, und ich spürte das Zittern, das durch das Gebäude lief. Es fühlte sich an, als würde ein wattierter Hammer gegen meine linke Schulter schlagen, und meinen Lippen entrang sich ein leises Geräusch. Jeder Dämon im Raum drehte mir das Gesicht zu, bis auf Eve, die sich träge auf ihrem Stuhl räkelte.
    „Es nimmt seinen Lauf“, murmelte sie. „Semma?“
    Ein Dämon am anderen Ende des Tisches – mit einer langen Mähne blauer Haare, in die glitzernde Goldzauber geflochten waren, die bei jeder Bewegung klimperten – stand auf und ging zur Gleiterlifttür. Ich hörte, wie sich der Motor des Aufzugs in Bewegung setzte, sah aber nicht hin, sondern starrte über den Tisch hinweg zum Fenster hinaus auf die Stadt, über die sich soeben der Mantel der Nacht gelegt hatte.
    Ganz ruhig jetzt, Dante. Ich schob mich langsam am Tisch entlang, hinter Dämonen, die so still dasaßen, dass sie auch Statuen hätten sein können, und blieb schließlich fast schon auf der Höhe von Eves Stuhl stehen. Um zu ihr zu gelangen, musste ich an dem gescheckten Dämon vorbei, und das wollte ich nicht. Die Stimmung im Raum hatte sich verdüstert, und Psinergie flutete gegen meine Nervenbahnen wie ein warmes, prickelndes Ölbad.
    Die Türen des Lifts öffneten sich mit einem leisen Klingeln. Stille. Dann drei Schritte, die mir so vertraut waren wie mein Herzschlag, und schon stand er im Raum.
    Geliebte Götter. Danke! Er ist raus aus der Hölle. Die Narbe an meiner Schulter erwachte zum Leben, und ein Psinergiestrom schoss mir durch Fleisch und Knochen.
    Die Stille hatte sich verändert – in ihr drückten sich jetzt Bestürzung und Panik aus. Japhrimel konnte allein durch seine Gegenwart einen Raum voller Furcht einflößender Dämonen in Angst und Schrecken versetzen.
    Japhrimel. Mein Gefallener.
    Mein ganz persönlicher Dämon. Du glaubst gar nicht, wie froh ich hin, dich zu sehen, Japh.
    Ich ließ den Blick zu ihm hinüberschweifen. Er war allein gekommen und stand jetzt vor den Türen des Gleiterlifts. Seine Augen leuchteten grün unter den geschwungenen Augenbrauen hervor. Sein Haar war länger, er hatte es nicht geschnitten. Es fiel ihm in die Augen und milderte den ersten Schreck ein wenig ab: Sein Gesicht sah geradezu ausgemergelt aus.
    Er wirkte halb verhungert, seine Wangen waren eingefallen, die Haut spannte sich über den Knochen, deren dämonische Struktur genauso unverkennbar war wie bei mir. Sein stechender Blick durchbohrte alles und jeden wie ein Laser – genau wie bei Luzifer, nur eine Spur weniger bedrohlich.
    Aber immer noch zu ähnlich, um sich in seiner Gegenwart wohlfühlen zu können. In meinem Kopf brabbelten widerliche kleine Flüsterstimmen vor sich hin und machten sich über mich lustig. McKinley stieß einen Seufzer aus, der nicht verbarg, wie erleichtert er war.
    Der zweite Schock waren die hellen Fäden in Japhs Haar, silbergraue Strähnen in seinem seidigen dunklen Schopf. Ich erfasste das alles mit einem schnellen Blick, und dann sah ich ihm wieder in die Augen. Die Narbe kribbelte, wie wenn ein eingeschlafener Arm endlich aufwacht. Kurz darauf fing mein ganzer Körper an zu kribbeln, und alles in mir pulsierte und rief seinen Namen. Gleichzeitig überfiel mich die Erinnerung an Schreie, und der Teufel schien mir kichernd ins Ohr zu flüstern.
    Oh Götter. In meiner Kehle saß ein dicker Kloß. Es war mein Herz. Ich bin so froh, dass du da bist, das glaubst du gar nicht.
    Eve sprach als Erste. „Willkommen, Sippenmörder.“ Jegliche Sanftheit war aus ihrer Stimme gewichen, und sie klang fast so erbarmungslos energiegeladen wie Luzifer. Dass ich nicht zusammenzuckte, lag nur daran, dass die Narbe an meiner Schulter plötzlich unangenehm warm wurde und sich geschmolzene Flüssigkeit ihren Weg über verschlungene Bahnen suchte.
    Japhrimel wandte den Blick nicht von mir ab.
    Nicht mal Eves harscher Begrüßung schenkte er Beachtung. Stattdessen sagte er zu mir, als hätten wir uns gerade auf der Straße getroffen: „Geht es dir gut?“ Nur diese vier Worte,

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