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Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Dante Valentine 05 - Hoellenschlund

Titel: Dante Valentine 05 - Hoellenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Chamäleon, das sich unauffällig seiner Umgebung anpasste. Als sein Blick meinem begegnete, wandte er ihn sofort wieder ab, und mir wurde klar, dass er total angespannt war. Hinter ihm, in einem Abteil, aus dem man alle Kisten und Ausrüstungsgegenstände herausgeräumt hatte, saß eine kleine, schlanke Gestalt mit einem Schopf heller Haare. Die Arme hatte sie um die Knie gelegt, und es war deutlich zu sehen, dass sie einen Wahnsinnskampf hinter sich hatte. Ihr Pullover war zerrissen, ihre Hose versengt, und ihr fehlte ein Stiefel.
    Ich trat auf sie zu. Das Gesicht hatte sie zwischen den Knien vergraben, die hellen, gepflegten Haare sahen jetzt irgendwie verkehrt aus, waren dicke Strähnen statt Doreens feinem Haar. Ich konnte sie nicht einmal mehr riechen, und das war nicht normal.
    „Valentine.“ McKinleys Stimme klang seltsam respektvoll. „Geh nicht zu nah ran.“
    Sog mir nicht, was ich tun soll Ich machte einen weiteren Schritt auf sie zu. Mein Schwert hatte ich durch die Schlaufe gesteckt, die an meinem Rüstzeug dafür vorgesehen war, weil ich mir im Moment nicht traute, wenn ich scharfes Metall in der Hand hielt. „Eve.“ Mir ging unendlich viel durch den Kopf, was ich hätte sagen können, aber ich entschied mich für: „Ich weiß, dass du nicht schläfst.“
    Langsam hob sie den Kopf. Doreens Tochter sah mich an, und in ihren blauen, feurig blitzenden Augen lag nichts Menschliches.
    Ich hatte schon ziemlich gut sehen können, bevor Japhrimel mich verändert hatte. Dank Genspleißung trifft man heutzutage nur noch selten jemanden, der nicht gut sehen kann, Ludditen ausgenommen. Ich kann nicht so gut sehen wie ein Nichtvren, vor allem nicht in völliger Finsternis. Selbst Dämonenaugen brauchen ein paar Photonen, mit denen sie arbeiten können. Also starrte ich Eve an und suchte in ihrem dämonischen Gesicht nach einer Spur ihres alten Aussehens.
    Zwischen uns lief ein dünner Silberstreifen über den Boden, der vor böswilliger Kraft summte. Er passte zu den brutal dicken Fesseln um ihre Knöchel und Handgelenke. Das Silber schien trotz seiner Beweglichkeit Teil des Metallgitters zu sein. Es war eine Dämonenhexerei, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte und die mich eigentlich hätte überraschen sollen.
    Nichts schien mich mehr zu überraschen.
    „Warum?“ Mein Atem reichte kaum aus, die Worte auszusprechen. „Warum hast du mich angelogen?“
    Einer ihrer perfekten Mundwinkel glitt nach oben, und sie schenkte mir ein angedeutetes, ironisches Lächeln. „Hättest du mir geglaubt, wenn ich so wie jetzt ausgesehen hätte?“
    „Aber als du klein warst …“
    „Das war mein menschlicher Anteil. Der ist von mir abgebrannt worden. In der Hölle.“
    Sie hob die Schulter ein wenig an, ließ sie wieder sinken. Der silberne Kreis antwortete mit einer Veränderung der Tonhöhe, das tiefe, bösartige Summen stieg einen halben Ton an, sank wieder ab.
    Verdammte Dämonen, immer zucken sie nur mit den Schultern. Aber noch etwas anderes stand für einen kurzen Moment in ihrem Gesicht geschrieben, auch wenn es gleich wieder verschwand: Verletzlichkeit. Der Gesichtsausdruck eines Kindes, das man mit der Hand in einem Glas voller Süßigkeiten erwischt hat, ein Gesichtsausdruck, der so gar nicht zu einem Dämon passte.
    Ich vergaß immer wieder, wie jung sie sein musste, selbst wenn die Zeit in der Hölle schneller verging als hier.
    Ich spürte Japhrimel kommen, obwohl er sich so lautlos wie der Tod höchstpersönlich bewegte. Sanft legte er mir eine Hand auf die Schulter. Ich wusste nicht, ob er das tat, um mir Unterstützung anzubieten, oder weil er sich nicht sicher war, ob ich mich in den Kreis stürzen und Eve befreien würde.
    Eves Blick glitt an mir vorbei. Fünfzehn lange Sekunden, in denen die Farbe unter ihrer goldenen Haut verblasste, musterte sie Japhrimel genauestens, dann ließ sie den Kopf zurück auf die Knie sinken. Die Luft veränderte sich ganz leicht, und ich hatte den Eindruck, dass Eve uns laut und deutlich ignorierte.
    Und sehr verzweifelt war.
    Gut für dich, mein Kind. Ich konnte ihr letztlich keinen Vorwurf machen. Also drehte ich mich um und ging an Japh vorbei auf das Ende des Frachtraums zu.
    Die Leiter zum Hauptdeck war aus massivem, kaltem Plasstahl. Ich legte die Hände auf eine der Stangen und starrte meine Handgelenke an. Mir kam der Gedanke, dass sie wie Eves waren, scheinbar so zerbrechlich und doch aus dämonischen Knochen gemacht. Wir hatten beide als menschliche Wesen

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