Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln
weiterzugehen. Der
kam weiter mit eiligen Schritten auf Danyel zu, der mit verschränkten Armen da
stand und eine unbeteiligte Miene zur Schau stellte.
Schließlich hatte der Mann ihn fast erreicht.
Er blieb in einem Meter Entfernung stehen und warf sich auf die Knie. Eine Flut
von Worten verließ seinen Mund. Kilian verstand ihn nicht, erkannte aber an der
Tonlage, dass er Dankbarkeit ausdrückte. Vermutlich die Erleichterung, dass man
ihn doch anhörte und seine Anreise nicht umsonst gewesen war.
Danyel unterbrach ihn und die Kälte in seiner
Stimme ließ Kilian erschaudern. Er musste nicht verstehen, worum es ging oder
was die Worte bedeuteten. Die Klangfarbe verriet alles. Danyels Stimme triefte
nur so vor Verachtung.
Der Besucher erbleichte, sah mit aufgerissenen
Augen zu Danyel auf und klappte, wie ein Fisch den Mund auf und zu, ohne dass
ein Ton über seine Lippen kam. Kilian empfand Mitleid für den Mann. Der war
bestimmt mit ebenso großer Hoffnung und einiger Naivität hier hergekommen, wie
Kilian selbst. Sicher, er wusste nicht, was der Mann wünschte … doch die
deutliche Ablehnung Danyels machte klar, dass der Wunsch nicht erfüllt würde.
Kein Handel.
Als der Mann sich erhob und fast panisch um
sich blickte, als suche er jemanden, der ihm zu Hilfe käme, blieb er bei Kilian
hängen. Der fragende und fast flehende Blick ließ Kilian wünschen, er wäre
unsichtbar.
h
Danyel betrachtete den Menschen vor sich. Wie
er das verabscheute. Erst dieses dankbare Geschwafel, dann kam die Bitte, die
in diesem Fall fast eine Forderung gewesen war, und schließlich die Panik, die
auf seine ablehnende Haltung folgte. Wie konnte dieser Mensch nur denken, er
würde sich mit Geld abspeisen lassen? Warum nur dachten die Menschen so oft,
sie könnten mit ihrem Vermögen Eindruck schinden und zu ihm kommen, um Jahre zu
kaufen? Das Exemplar vor ihm sah nicht aus, als besäße er viel davon. Dennoch
hatte er ihm gerade angeboten, fünfhunderttausend zu zahlen, wenn Danyel die
Lebenszeit seiner Gattin um zwanzig Jahre erhöhen würde.
„Sieht es hier aus, wie in einem Supermarkt, in
den man hineingeht und etwas kauft?“, er pausierte kurz. „Nein! Bei mir gibt es
nichts zu kaufen und nun geh. Ich verhandle nicht weiter mit dir … und ich
verkaufe nichts!“, sagte er und wandte den Blick ab.
Der Mensch begann zu jammern. Ein weiterer
Punkt, weswegen Danyel die Fäuste ballte, um den Kerl nicht am Kragen zu packen
und eigenhändig vor die Tür zu schleifen. Er wusste, Kilian stand da und
beobachtete alles. Warum er sich wegen ihm zusammenriss, wollte er nicht ergründen.
Stattdessen rief er nach Eduardo, seinem Wächter der Tür, damit der den
flehenden Menschen hinausbrachte. Danyel wusste, Eduardo bevorzugte es, nicht
in seine Nähe zu kommen, doch manchmal gab es keine andere Möglichkeit. Seit
zehn Jahren stand der nun in Danyels Diensten und seit er ihn berührt hatte, um
ihm den besonderen Blick zu verleihen, mied dieser den direkten Kontakt mit
ihm. Irgendwie verständlich, dies musste sogar Danyel zugeben. Eduardo hatte
unter Schmerzen die Gabe erhalten, die dafür sorgte, dass niemand das Gebäude
mit einer Waffe betrat. Gleich welcher Art diese wäre, er würde sie sehen.
Erfreulich war, dass Eduardo herbeieilte und
den inzwischen weinenden Menschen sanft aber bestimmt am Arm griff und mit sich
zog. Dabei zeigte der Wächter der Tür keinerlei Regung. Sein Gesicht wirkte so
ausdruckslos, als würde er einen Wäschesack hinter sich herziehen.
Danyel sah ihnen nach. ‚Mit dem Geheule
erweicht er jedes Weib, aber nicht mich!‘, dachte er und unterdrückte ein
angewidertes Würgen.
In solchen Situationen fragte er
sich, warum er auf die Idee gekommen war, mit den Menschen zu handeln. Die Antwort
lautete jedes Mal: weil ihm langweilig gewesen war. Aber wie so vieles hatte
auch diese Medaille zwei Seiten. Ihm wurde bewusst, dass er vor Kilian nicht
wie ein herzloses Wesen aussehen wollte, indem er den Mann nicht anhörte. Jetzt
war die Frage – was hatte er dadurch gewonnen? Die Szene war alles andere als
hilfreich gewesen, um Eindruck zu schinden.
Er starrte dem Menschen und Eduardo
hinterher. Die Unverschämtheit des Angebots stieß ihm auf, dabei war es nicht
das erste Mal gewesen, dass jemand Zeit ‚kaufen‘ wollte. Wie er das hasste!
Zehn
Kilian sah verlegen zu Danyel. Er wünschte, er
hätte ihn nicht gebeten, den Mann anzuhören. Er hatte nichts von dem
verstanden, was die beiden
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