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Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln

Titel: Danyel - Mit dem Schicksal lässt sich handeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie R. Nikolay
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sich selbst hineinmanövriert hatte. Kilian unterdrückte einen Seufzer
und trat um die Ecke.
    Danyel saß am Schreibtisch und zog Spielkarten
aus einem Stapel. Rechts von ihm saßen die beiden Gestalten mit den Kapuzen an
ihrem Tisch und kehrten ihm den Rücken zu. Am hinteren Ende schwebten die
Pergamente und Federn in der Luft – ein Anblick, der Kilian noch immer staunen
ließ. Obwohl Danyel ihn gehört haben musste, sah er nicht auf.
    „Guten Morgen“, grüßte Kilian.
    Danyel beschrieb mit der Feder ein Pergament
und sah dann auf.
    „Der Vormittag ist fast vorüber.“ Danyel schob
die Karten zurück, mischte den Stapel und zog erneut fünf Stück heraus. Kilian
trat vor den Schreibtisch und erkannte, dass keine Bildkarten dabei waren.
Vermutlich gab es auch keine.
    „Ich weiß nicht, wie spät es ist.“
    „Das mache ich dir nicht zum Vorwurf, hier gibt
es keine Uhren. Was sollte ich auch damit?“, Danyel sah erneut auf. „Morgen
wecke ich dich. Du bist nicht hier, um die Zeit zu verschlafen.“
    Kilian nickte zögerlich. „Danke für die Hose.“
    Danyel winkte ab und schrieb die Zahlen der
Spielkarten auf das Pergament, das daneben lag.
    Kilian konnte nicht so recht glauben, dass er
auf diese Weise die Lebenszeit festlegte, wagte aber nicht, etwas dazu zu
sagen. Es erschien ihm ungerecht, wie wahllos Danyel entschied. Wie viele
Jahrzehnte, Jahre, Monate und Tage er aufschrieb. Wie lang oder kurz ein Leben
wäre … gab es denn keinen Grund, etwas gerechter zu sein? Auf der anderen Seite
war es sicherlich schwer, diese Gerechtigkeit zu definieren. Welche Kriterien
sollte man nehmen, um zu einem fairen Ergebnis zu kommen?
    Kilian legte diesen Gedankengang auf Eis. Viel
mehr interessierte ihn, weshalb er Dafour so ein Dorn im Auge war. Das allerdings
konnte er auch nicht aussprechen, denn damit würde er Danyel verraten, dass er
mitgehört hatte.
    „Ich habe Vorräte für dich besorgen lassen. Du
findest alles in der Küche mit deinem Namen beschriftet“, erklärte Danyel und
legte das Pergament beiseite.
    „Danke.“ Kilian sah zu Boden und drehte sich
weg. Somit lief er nicht Gefahr, die beiden Schreibenden anzusehen. Er fragte
sich, ob die je etwas anderes taten als dort zu sitzen und die Federn übers
Papier zu führen. Danyel sagte nichts weiter und Kilian starrte auf seine Füße,
als er den Seitenflügel verließ.
     
    Danyel hatte nicht übertrieben, als er Vorräte
meinte. Kilian kam es vor, als habe er die komplette Auswahl eines Supermarktes
einkaufen lassen. Es gab von allem etwas – und jede Verpackung war mit seinem
Namen gekennzeichnet. Was den Unterschied zu Danyels Lebensmitteln ausmachte,
konnte Kilian nicht erkennen. Die Auswahl ohne Namenszug war kleiner, sah für
ihn allerdings völlig normal aus.
    Kilian machte sich einen Kaffee und nahm sich
einen Apfel aus der Tüte. Bewaffnet mit beidem trat er nach draußen und
steuerte auf die Bank im Garten zu. Er grübelte, was er Monja erzählen sollte,
denn sie würde sicherlich nach dem geheimnisvollen Mann fragen, den Kilian als
Grund für sein Bleiben genannt hatte. Es musste eine Geschichte her, die sie
ihm abkaufen würde … nur fiel ihm keine ein. Er biss in den Apfel und das
knackende Geräusch kam ihm unnatürlich laut vor. Überhaupt war es sehr still in
der Gartenanlage. Unheimlich. Als ob die Geräusche der Stadt sich nicht
hereintrauen würden.
    Eine Wolke schob sich vor die Sonne. Kilian
ließ den Blick schweifen und nahm eine Bewegung am Rand des Weges wahr. Eine
Frau huschte am Gebäude entlang, ihr bodenlanges Kleid umwehte ihre Beine und
das Gesicht war verdeckt von ihrem schulterlangen Haar. Kilian sah ihr nach und
fragte sich, wer sie wohl war und weshalb sie es so eilig hatte. Ob sie für
Danyel arbeitete? Vermutlich. Er wollte schon aufstehen und ihr nacheilen, weil
sie der erste Mensch war, den er hier außer dem Türsteher gesehen hatte, doch
er entschied sich dagegen. Stattdessen trank er seinen Kaffee aus und stellte
die Tasse neben sich auf die Bank. Er rechnete nicht damit, dass Dafour ihm
erneut im Garten über den Weg laufen würde, da der vor Kurzem erst bei Danyel
gewesen war. Wenn Dafour nur stündlich hinüberging, um die Dokumente abzuholen

    Kilian streckte die Beine aus und betrachtete
die Wolken, die über ihm dahinzogen, während er genüsslich aß. Leider konnte
das Schauspiel am Himmel ihn nicht ablenken. Seine Gedanken kreisten wiederholt
um die Frage, was Dafour gegen ihn haben könnte.

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