Daphne - sTdH 4
wenig man seine Freunde kennt. Ich hätte den alten Edwin nie für
einen schlechten Kerl gehalten, aber wie er diese zwei wunderbaren Hunde behandelt,
das ist ausgesprochen roh und außerdem auch noch sehr dumm, da es sich ja um
wertvolle Hunde handelt.
Als Mr.
Apsley schließlich wieder auftauchte, machte er eine blendende Figur. Er trug
einen blauen Einreiher mit tiefsitzender Taille, der mit Messingknöpfen
geschlossen wurde, auf denen die Wörter »Four in Hand Club« eingraviert waren.
Darunter konnte man eine gelb-blau gestreifte Kaschmirweste erkennen. Seine
Hose war aus weißem Cord mit einem mäßig hohen Bund und reichte so weit unter
die Knie hinab, daß sie vorne geknöpft werden mußte.
Entsprechend
kurze Schäfte hatten seine Stiefel. Ihre Spitzen waren sehr lang, und jeder
Stiefel hatte nur zwei Riemen, einen außen und einen hinten, der die Hose in
ihrer korrekten, langgezogenen Form festhalten mußte. Darüber trug er einen
Kastenmantel aus dickem weißem Wollstoff mit zwei Reihen Taschen; innen war
noch eine extra Tasche für das große Taschentuch. Der Hut war kegelförmig mit
einer Allen-Krempe; die Krawatte war aus weißem Musselin mit schwarzen Punkten,
und als Krönung des Ganzen trug Mr. Apsley ein rosa Geraniensträußchen im
Knopfloch.
»Du wirst
vor Hitze umkommen«, bemerkte Mr. Garfield, »außerdem dachte ich, daß diese
Knöpfe nicht mehr in Mode sind. Man trägt jetzt Queen-Anne-Shilling, mein
Lieber.«
»Dann mache
ich sie eben wieder zur Mode«, triumphierte Mr. Apsley.
»Sobald ich mein Gespann in Bewegung setze, spüre ich die Hitze nicht mehr.«
Mr.
Garfield nahm die beiden Hundeleinen vom Tisch und schnippte mit den Fingern.
Thunderer und Bellsire kamen unter dem Sessel
hervorgekrochen. Er befestigte die Leinen an ihren Halsbändern und stellte, als
er wieder aufschaute, fest, daß Mr. Apsley ihn seltsam peinlich berührt
anschaute.
»Ich meine,
Simon«, begann er vorsichtig, »du hast doch wohl nicht vor, mit zwei
Fuchshunden durch die Straßen von London zu laufen.«
»Nein«,
sagte Mr. Garfield ungerührt. »Du fährst uns natürlich.«
»Das geht
auf keinen Fall. Wenn meine Kitty uns sehen würde... Nein, nein, Simon. Wenn du
dich lächerlich machen willst, so
kannst du das gerne ohne mich machen. Ich würde es nicht überleben! Kein Mensch
würde mich mehr einladen! Für dich ist das nicht das gleiche – du gehst sowieso
nirgends hin.«
»Du erstaunst
mich, Edwin. Du bist nicht nur grausam zu Tieren, sondern auch äußerst
selbstsüchtig und benimmst dich wie einer aus der City.«
»Ach, das
meinst du doch wohl nicht im Ernst?«
»Wahrscheinlich
nicht«, seufzte Mr. Garfield. »Mein Kopf schmerzt, und mir ist so furchtbar
warm. Da kommt dein Diener!
Mach dir
nicht die Mühe, mich hinauszubegleiten. Ich werde mit meinen unartigen Kötern
schon vorausgehen. Bellsire, Thunderer! Kommt!«
Die Hunde
folgten ihm unterwürfig aus der Wohnung und brachten die vielen Stufen fast
lautlos hinter sich. Aber sobald sie auf der
Straße waren, machten sie den Eindruck, als wollten sie die ganze Tottenham
Court Road mit einem einzigen Satz hinter sich bringen, so sehr freuten sie
sich über ihre Befreiung.
»Hundefleisch!«
rief ein Straßenverkäufer vergnügt. »Ausgezeichnetes Hundefleisch, Herr.
Pferdefleisch, Rinderleber, Kaldaunen.«
Mr.
Garfield nahm die Leinen in die eine Hand und preßte sich mit der anderen Hand
ein parfümiertes Tüchlein vor die Nase.
»Zwei Pfund
von irgend etwas«, verlangte er schwach. Er bezahlte die fünf Pence, die der
Mann haben wollte, und ging mit den hechelnden Hunden, die ihm auf den Fersen
folgten, weiter in Richtung Piccadilly.
Ohne auf
die erhobenen Monokel und erstaunten Blicke der feinen Gesellschaft zu achten,
ging er auf den Green Park zu, wo er sein Fleischpaket auf dem Rasen
ausbreitete. »Ich hätte es kochen lassen sollen«, sagte er, »aber ihr seid
wahrscheinlich hungrig genug, um es auch roh zu fressen.«
Die Hunde
stürzten sich auf das Fleisch, während sich Mr. Garfield auf einer eisernen
Parkbank niederließ und sich eine Zigarre anzündete. Im Nu waren die beiden
Hunde mit ihrem Mahl fertig und legten sich hechelnd mit heraushängender Zunge
in die Sonne.
Mr.
Garfield saß da und rauchte und fragte sich, ob er es riskieren sollte, einen
Abend bei Lady Godolphin durchzustehen. Es gab eigentlich keinen Grund, daß
Daphne Armitage in der Stadt sein sollte. Andererseits hatte er sein Interesse
ausgedrückt, die
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