Darf's ein Küsschen mehr sein?
noch nicht an Land gezogen worden?«
Sein warmer Atem strich seitlich über ihren Kopf und ihren Hals. »Wahrscheinlich aus demselben Grund wie Sie.«
»Und der wäre?«
»Sie wollen sich nicht an Land ziehen lassen.«
»Schätzchen, alle Frauen wollen sich an Land ziehen lassen.« Seine Hände glitten zu ihren Ellenbogen und wieder zurück, wobei er die Ärmel ihres Sweatshirts zusammenraffte. »Alle Frauen wünschen sich eine weiße Hochzeit, ein Häuschen im Grünen und einen Samenspender.«
»Kennen Sie alle Frauen?«
Sie glaubte, sein Lächeln zu spüren. »Ich bin schon nicht zu kurz gekommen.«
»Hab ich gehört.«
»Sie sollten nicht alles glauben, was Sie hören.«
»Und Sie sollten nicht glauben, dass alle Frauen Sie als persönlichen Samenspender wollen.«
»Sie wollen mich nicht als Ihren persönlichen Samenspender?«
»Erschütternd, nicht?«
Er lachte. Sie vernahm ein tiefes Grollen dicht neben ihr. »Sie riechen gut.« An ihrem Rücken spürte sie, wie er tief einatmete.
»Schokolade.«
»Was?«
»Ich hab ein Körperpeeling mit Schokoladenduft verwendet.«
»Ich hab schon ewig keine Schokolade mehr genascht.« Sie hatte sich nicht geirrt, dass sein Händedruck wie der beste Sex gewesen war, den sie seit Jahren gehabt hatte. Sein sanfter Atem in ihrem Haar und seine Hände auf ihren Armen waren wie ein Orgasmus. Was sie wohl zu einem besonders bedauernswerten Fall machte. »Sie machen mir Appetit«, raunte er ihr ins Ohr.
»Auf Schokolade?«
Seine Hände glitten zu ihren Schultern und wieder zu ihren Ellbogen. »Für den Anfang.«
»Onkel Mick«, rief Travis und sprang auf. »Wann fängt das offizielle Feuerwerk an?«
Mick blickte auf. Seine Hände spannten sich leicht an, und er ließ Maddie los. »Jeden Augenblick«, antwortete er
und trat einen Schritt zurück. Wie aufs Stichwort erschütterten mehrere gewaltige Detonationen den Boden, und am Nachthimmel leuchteten riesige Farbexplosionen auf. Sofie Allegrezza drückte den »Play«-Knopf ihrer Mini-Musikanlage, und Jimi Hendrix’ Gitarre heulte The Star Spangled Banner in die Nacht. Die Tiere im Wald verkrochen sich, während an den Stränden um den See herum Feuerwerkskörper zerbarsten und den pyrotechnischen Explosionen der Stadt Konkurrenz machten.
Willkommen in Truly. Dem Ursprung der »Shock and Awe«-Strategie.
»Hattest du Spaß, Travis?«
Von der anderen Seite des dunklen Trucks kam ein gewaltiges Gähnen. »Ja. Nächstes Jahr kann ich vielleicht schon größere Feuerwerkskörper abbrennen.«
»Vielleicht. Wenn du keinen Ärger machst.«
»Mom hat gesagt, wenn ich keinen Ärger mache, krieg ich einen kleinen Hund.«
Mick steuerte den Ram in Megs Auffahrt und hielt neben ihrem Ford Taurus. Ein Hund war eine gute Idee. Jungs brauchten einen Hund. »Was denn für einen?«
»Mir gefallen die schwarzen mit den weißen Punkten.«
Im Haus brannte Licht, und eine einzelne Glühbirne erhellte die Veranda. Gemeinsam stiegen sie aus dem Truck und erklommen die Vordertreppe. Es war fast halb zwölf, und Travis schlurfte schon vor Müdigkeit. »Wie lange musst du dafür brav sein?«
»Einen Monat.«
Der Junge schaffte es nicht mal eine Woche, keinen Ärger
mit seiner Mutter zu haben. »Tja, dann halt deine Zunge im Zaum. Vielleicht schaffst du es dann.« Er schob seine Schlüssel in die Hosentasche und öffnete seinem Neffen die Tür.
Meg saß im weißen Nachthemd und ihrem pinkfarbenen Flauschmorgenmantel auf der Couch. In ihren Augen glänzten Tränen, als sie von etwas aufblickte, das sie in der Hand hielt. Sie lächelte gezwungen, und die Angst legte sich schwer auf Micks Schultern. Das war wohl wieder eine ihrer schlimmen Nächte.
»Hast du das Feuerwerk gesehen, Mom?« Falls Travis etwas bemerkte, schien es ihn nicht weiter zu beeindrucken.
»Nein, Schätzchen, ich war nicht draußen. Aber ich hab’s gehört.« Sie stand auf, und Travis schlang die Arme um ihre Taille. »Es war riesig!«
»Hast du dich auch benommen?« Sie legte die Hand auf den Kopf ihres Sohnes und schaute Mick fragend an.
»Ja«, antwortete Travis, und Mick nickte bestätigend.
»Du bist ein braver Junge.«
Travis blickte auf. »Pete hat gesagt, ich darf bei ihm übernachten, und seine Mom hat gesagt: ›Ein andermal.‹«
»Wir werden sehen.« Wie ihre Mutter war Meg eine schöne Frau, mit glatter weißer Haut und langem schwarzem Haar. Und wie bei ihrer Mutter waren ihre Launen verdammt unberechenbar. »Zieh dir deinen Schlafanzug
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