Dark Academy 01 - Geheimer Pakt
verhallten im Flur.
Unter Hektors sterbendem Leib bewegte sich der dritte Schatten, schlüpfte aus der Deckung der Statue und ging auf die große Treppe zu. Cassie rutschte das Herz in die Hose. Sie wich zurück und suchte verzweifelt nach einem Versteck. Wer immer da herumschlich, würde jetzt die große Treppe hinaufkommen - direkt an ihr vorbei. Verdammt. Ihr wurde kalt vor Angst. Nirgendwo waren praktische Vorhänge, nur Schatten und eine kleine
Nische. Sie drückte sich an die Wand und verharrte dort absolut reglos.
Auf dem dicken Teppich waren die Schritte jetzt beinahe lautlos. Aber als sie spürte, wie deren Urheber sich näherte, atmete sie vorsichtig tief ein und hielt dann die Luft an. Sie machte keinerlei Geräusch. Bis auf ihr Herz natürlich, das wie ein Hammerwerk dröhnte. Doch das konnte er glücklicherweise nicht hören. Auch sah er sie nicht, als er wie ein Phantom dicht an ihr vorbeilief.
Jake Johnson.
Sie runzelte die Stirn. Was führte er im Schilde? Einen Augenblick lang hing sie dem verführerischen Gedanken nach, in ihr Zimmer zurückzukehren. Ihr nettes, sicheres, schönes Zimmer mit ihrer leise schnarchenden Zimmergefährtin. Mit ein wenig Schlaflosigkeit konnte sie fertig werden.
Doch da gab es ein Problem: Cassie mochte keine nächtlichen Herumschleicher. Sie führten niemals Gutes im Schilde. Wenn irgendetwas nicht stimmte, wollte sie die Erste sein, die davon erfuhr. Wissen war Macht: Diese Lektion hatte sie im Cranlake Crescent nur allzu gründlich gelernt.
Außerdem, wovor sollte sie sich fürchten? Sie wartete, bis Jake den nächsten Treppenabsatz erreicht hatte, dann glitt sie aus dem Schatten und folgte ihm.
Verdammt, er war gut. Seine Antennen waren sehr viel empfindlicher als die von Jilly Beaton. Er verstand sich darauf, unerwartet stehen zu bleiben und zu lauschen, ob ihm jemand folgte. Er bewegte sich flink und machte sich die Dunkelheit zunutze, genau wie sie. Oben an der Treppe hätte sie beinahe seine Fährte verloren.
Er war in einen der Flure ganz oben geschlüpft. In diesem verlassenen Stockwerk herrschte fast völlige Schwärze: Die Decke war niedrig und das einzige Licht drang von den unteren Etagen herauf. Cassies Neugier war jedoch stärker als ihre Nervosität.
Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie am Ende eines der Flure einen schwachen, bogenförmigen Lichtschein ausmachen. Sie grub die nackten Zehen in den weichen, tröstlichen Teppich und machte einen zitternden Schritt vorwärts und dann noch einen. Okay: Jetzt wollte sie es wissen. Los, Cassie! Wovor hast du Angst?
Sie kam quälend langsam voran. Halb rechnete sie damit, dass Jake sie anspringen würde, doch er war nirgends zu sehen. Dann, nach viel zu langer Zeit, entdeckte sie seine Silhouette vor sich. Sie wollte gerade hinter ihm her eilen, als sie abrupt stehen blieb.
Das konnten doch nicht andere Schritte sein? Sie mussten zu Jake gehören.
Nein. Diese Schritte waren hinter ihr. Weniger vorsichtig, aber ebenfalls darauf bedacht, nicht gehört zu werden. Und definitiv auf der großen Treppe. Der finstere Portier? Was würde er tun, wenn er dachte, dass sie herumschnüffelte? Sie den Lehrern melden? Oder würde er sie sich selbst vorknöpfen? Und wenn es nicht der Portier war ...
Oh Gott.
Cassie rannte los. Kurz bevor die Panik völlig von ihr Besitz ergriff wurde der Lichtbogen größer, und dann stand sie direkt darunter. Sie griff nach dem Stuckwerk, lehnte sich zurück und versuchte, ihre verängstigte Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Einmal mehr hörte sie Schritte und traf ihre Entscheidung. Sie bog um die Ecke und gelangte in ein kleineres Treppenhaus.
Nach der schrecklichen Dunkelheit des Flurs erschien es ihr wie heller Tag. Sie machte sich nicht einmal mehr Sorgen, Jakes Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen; irgendwie würde das weniger schlimm sein als von der Person - oder dem Ding - hinter ihr erwischt zu werden. Jake flitzte wie ein lautloser Wirbelwind die Treppe hinunter. Er war bereits zwei Stockwerke unter ihr, aber sie brannte jetzt beinahe verzweifelt darauf, ihn einzuholen, ganz gleich, was die Konsequenzen sein würden. Sie umklammerte das Geländer und machte sich leise auf den Weg nach unten.
Als sie den dritten Stock erreichte, verschwand Jake in einem Durchgang. Cassie überwand ihre Furcht und wartete einen Moment lang ab. Hinter ihr waren die Schritte immer noch zu hören. Nicht viel Zeit. Sie biss die Zähne zusammen und spähte
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