Dark Academy 01 - Geheimer Pakt
zumindest dazu anhalten, sich eine Frisur machen zu lassen und anständige Kleidung zu kaufen. Dein >vorlautes Ding< kann Versace nicht mal aussprechen. Sie könnte Prada nicht von H&M unterscheiden.«
»Vielleicht könnte bella Isabella ihr einige von ihren abgelegten Sachen geben.« Richard kicherte. »Kein Wunder, dass Sir Alric sich in seinem Büro versteckt. Es graut einem ja förmlich davor, darüber nachzudenken, was Cassie Bell, Jake Johnson und ihresgleichen zum Weihnachtsball anziehen werden. Der Ausschuss vom Armenhaus trägt nicht gerade zur Ästhetik der Akademie bei, nicht wahr?«
Offensichtlich hatten sie vor noch eine Weile länger herumzustehen und zu lästern, bevor sie nach unten gingen. Und Cassie konnte jedes Wort hören. Sie wünschte, sie hätte es nicht gekonnt. Ihre Wangen brannten vor Scham und Zorn, und sie sehnte sich geradezu danach, hervorzuspringen, mit jeder Hand eine Kehle zu packen und diesen Wichsern zu sagen, was sie von ihnen hielt. Aber irgendetwas hielt sie zurück.
Katerina zwirbelte müßig eine Locke ihres hellen, seidigen Haares. »Ich kann mir nicht vorstellen, wieso Sir Alric diesen Stipendien-Unsinn befürwortet.«
»Aber, aber, Darling«, erwiderte Richard düster. »Du weißt ganz genau, warum. Außerdem ist es exzellente PR. Wir säßen ganz schön in der Klemme, wenn Sir Alric in dieser Hinsicht nicht so begabt wäre.«
Selbst in dem Sumpf aus ohnmächtigem Zorn und Scham - wie konnte ich so dumm sein! - war Cassie fasziniert. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie bildete sich das nicht nur ein. Die ultraperfekte Welt der Akademie verbarg etwas sehr Hässliches. Davon war sie überzeugt.
Das Gleiche konnte man von den schönen Gesichtern von Richard und Katerina sagen.
Etwas Heißes brannte in ihren Augen und sie knirschte mit den Zähnen. Verdammt. Er würde sie nicht zum Weinen bringen. Er war eine männliche Katerina: Er führte sie am Gängelband, wie Katerina es mit Jake machte. Sie fühlte sich gedemütigt, das war alles.
Richard hatte sich oben an der Treppe umgedreht und grinste Katerina an. »Hast du keinen Hunger?«
»Einen mörderischen Hunger, Darling. Aber ich denke, ich werde das Mittagessen auslassen. Was ist mit dir?«
Richard stieß abermals dieses plötzliche, bellende Lachen aus. »Weißt du, ich hätte Lust auf was Dänisches.«
»Halt dich von Ingrid fern.« Katerinas Gesichtsausdruck hatte etwas von einem Hai, auch wenn sie belustigt wirkte. »Sie ist meine Zimmergenossin. Wenn Sir Alric dich hören könnte ... «
»Keinen Sinn für Humor, das ist dein Problem.« Mit einem verzückten Kichern sprang Richard die Treppe hinunter.
Katerina blieb lange Sekunden regungslos stehen, während ihr Blick zu dem Spiegel hinüberflackerte. Cassie stand stocksteif da.
Dann schenkte Katerina sich ein letztes Lächeln im Spiegel, drehte sich um und verschwand zurück durch den von Büsten gesäumten Flur. Cassie wagte es nicht, sich zu bewegen, bis sie hörte, wie die Tür einmal mehr geöffnet und leise geschlossen wurde. Dann rannte sie los.
Sie konnte den Speisesaal jetzt nicht ertragen: die roten Seidenwände, das Leinen und das Kristall, das Getöse von Klatsch und Tratsch. Sie konnte die hämischen Seitenblicke der anderen Schüler nicht ertragen. Mit einem Anflug von Übelkeit begriff sie, dass sie sich die Mühe hätte sparen können zu lernen, welche verdammte Gabel sie benutzen musste. Sie würden sie immer verachten, immer. Mein Gott, wusste denn jeder Einzelne von ihnen, wie sehr sie sich zur Närrin gemacht hatte? Närrin, Cassie! Sich blenden zu lassen von weißen Zähnen, warmen Augen und etwas Zungenfertigkeit. Nicht einmal Isabella oder Jake konnte sie gegenübertreten.
Sie wich jäh zurück, schlenderte den Flur hinunter und stahl sich durch eine der Balkontüren hinaus. Ihre Augen brannten abermals, als sie zwischen zwei großen steinernen Vasen hindurchlief. Sie sprang, immer zwei Stufen gleichzeitig, eine geschwungene Treppe hinunter und stolperte über den Rasen in den Schatten ausgewachsener Kastanien. Die bereits vom Herbst gezeichneten Bäume waren wunderschön. Knurrend schlug sie mit der Faust gegen einen der Stämme. Dann schlug sie wieder zu. Und wieder.
Sie fühlte sich besser. Nicht viel, aber zumindest lenkten ihre wunden Knöchel sie von ihrem verletzten Stolz ab. Denn das war es, dachte sie. Kein gebrochenes Herz. Nur ihr dummer, angeschlagener Stolz. Wofür hielt sie sich, dass sie versuchte, einen stinkreichen
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