Dark Academy 01 - Geheimer Pakt
Mistkerl wie Richard Halton Jones zu beeindrucken? Unglücklich umklammerte sie ihre aufgeschürfte Faust und wischte sich dann eine Träne aus dem Augenwinkel. Die in Gold und Bronze leuchtenden Bäume waren in Sonnenlicht getaucht wie auf einem impressionistischen Gemälde. Während sie sie betrachtete, wünschte sie sich mehr denn je, sie wäre wieder in dem von Unkraut überwucherten Garten des Cranlake Crescent mit seinem verrosteten Drahtzaun und dem flickenteppichartigen braunen Rasen. Allein der Gedanke daran trübte ihr die Sicht.
Vor ihren umwölkten Augen lief eine Gestalt entschlossen über den Rasen. Groß und humanoid. Verdammt. Als die Gestalt in den Schatten der gleichermaßen verschwommenen Bäume trat, blieb sie wie angewurzelt stehen. Entsetzt rieb Cassie sich die Augen klar und blinzelte.
Verdammt und noch mal verdammt. Ranjit.
Einen Moment lang stand er verblüfft da und starrte sie an. Wütend auf sich selbst, blinzelte sie abermals. Der zauberhafte Ranjit. Oh Gott, wie typisch: Dies war das erste Mal seit Wochen, dass er weit genug über seine fürstliche Nase hinausschaute, um sie wahrzunehmen, und sie stand hier mit roten Augen, einer triefenden Nase und einer finsteren Miene wie eine mürrische Harpyie.
Er musterte sie von Kopf bis Fuß. »Was ist los?«
»Nichts«, fauchte sie. »Mir geht es gut.« Warum fährst du ihn so an, Cassie?
»So siehst du aber nicht aus. Was ist das Problem?«
»Es gibt kein Problem.« Sie ballte die Fäuste. »Zumindest nichts, womit ich nicht fertig werden kann. Ich brauche deine Hilfe nicht.«
Sein Blick war unbeirrbar. Er jagte ihr einen Schauder über den Rücken. »Sei dir da mal nicht so sicher.«
Da sie nicht wusste, was sie sagen sollte, konnte sie ihn nur schwer atmend anfunkeln. Du kannst das Mädchen aus Cranlake Crescent holen, dachte sie voller Bitterkeit, aber du kannst Cranlake Crescent nicht aus dem Mädchen holen. Nur weil er so makellos schön war, bedeutete das nicht, dass man ihm vertrauen konnte. Man brauchte sich nur Richard anzusehen. Sie musste auf der Hut sein. Die Demütigung der letzten halben Stunde tat so weh.
»Ich werde dir einen Rat geben«, sagte er.
»Ob ich ihn will oder nicht?«
»Ja.« Ranjits Augen waren kalt. »Halte dich von Richard Halton Jones fern.«
»Das habe ich inzwischen selbst kapiert, vielen Dank«, zischte sie.
»Oh. Verstehe.« Er verzog das Gesicht. »Das tut mir leid.«
»Bitte, das muss es nicht. Verzieh dich einfach.« Cassie biss sich fest auf die Unterlippe, verzweifelt darum bemüht, nicht vor ihm in Tränen auszubrechen.
»Schön, wenn du mir ebenfalls einen Gefallen tust. Oder besser, tu dir selbst einen Gefallen. Halt dich von uns allen fern.«
»Ich bin nicht gut genug für die kostbaren Auserwählten, ist es das?«
»Ach, steig von deinem hohen Ross ab, bevor du runterfällst. Hör zu: Wenn du dich mit den Auserwählten einlässt, wirst du es bereuen.«
Cassie spürte, wie ihr das Blut heiß den Hals hinaufkroch. »Drohst du mir?«
»Nein. Ich warne dich.«
»Und wieso zum Teufel ist es deine Aufgabe, mich zu warnen?«
»Ich habe es zu meiner Aufgabe gemacht, Cassandra.«
Als er ihren Namen aussprach, klang er beinahe besorgt, aber als sie in sein Gesicht aufblickte, war es der Inbegriff der Undurchschaubarkeit. Mistkerl.
»Ach ja? Dann kannst du gleich wieder damit aufhören. Ich brauche weder deinen Rat noch deine Warnungen. Und ich kann es wirklich nicht gebrauchen, dass du nachts durch die Flure nachspionierst.«
Ranjits Augen weiteten sich und Cassie feixte innerlich. Damit hatte er nicht gerechnet.
»Ich habe nicht...« Er zuckte die Achseln und lächelte ein seltsames, bitteres Lächeln. »Also, wenn du so gut allein zurechtkommst, werde ich meine Zeit nicht mehr damit verschwenden, mir um dich Sorgen zu machen.«
Ungläubig beobachtete Cassie, wie er über den Rasen davon stolzierte. Er drehte sich nicht einmal nach ihr um, der eingebildete Wichser. Sollte er es sich doch selbst besorgen, denn offensichtlich würde niemand anderer jemals gut genug für ihn sein.
Cassie warf sich wieder gegen den Baumstamm und starrte Ranjit nach. Sie hatte noch nie in ihrem Leben einen solchen Blödmann kennengelernt. Und sie stand total auf ihn.
KAPITEL 8
Cassie riss die Augen auf. Es musste ein Albtraum gewesen sein. Sie rieb sich die Arme, starrte auf die sich sanft bewegenden Vorhänge und lauschte in die mondbeschienene Stille. Sie hatte bis weit nach Mitternacht wach
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