Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Gleichgültigkeit? Vermuten sie alle das Böse hinter uns? Und ist es schon so nah, dass sie es schon deutlich vor sich sehen, während wir noch ruhig sind? Je mehr von ihnen sich im Halbkreis vor uns aufbauen, desto enger rücken wir zusammen. Die Worte, die in meinem Kopf entstehen, warnen mich davor, etwas Unüberlegtes zu tun.
Mum ist ihr Problem und dieser Mann weiß das. Wenn er Mum jetzt tötet, dann kann uns das Böse nicht in dem Zigeunerlager finden. Dass unsere Initiation dann auch nicht mehr möglich ist, ist ihnen egal.
Mit abweisender Miene tritt eine Frau neben den Mann, überdeutlich springt die Ähnlichkeit ins Auge und ich weiß, wieso er mir so bekannt vorkommt. Es ist Kalo, die sich neben ihn stellt. Er muss mit Kalo verwandt sein. Dawna atmet einmal scharf ein, aber sagt dann doch nichts. Suchend gleitet ihr Blick über die versammelten Zigeuner, ich weiß, wen sie jetzt sucht. Ignorier sie, denke ich mir, aber Dawna schottet sich gegen jede Beeinflussung ab. Mit unendlicher Ruhe sieht sie jedem der Zigeuner ins Gesicht, dann dreht sie sich wieder zu dem Mann, der ihr Anführer zu sein scheint.
»Du weißt unsere Namen«, sagt Dawna klar und deutlich. »Wie ist der eure?«
Die Augen des Mannes verengen sich, als er sich langsam zu Dawna dreht. Für einen Moment meine ich, dass er sich einfach abwendet und geht. Oder zumindest sagt, dass man so nicht mit ihm spricht. Aber er nickt schließlich.
»Mein Name ist Chakal. Miss Spencer.«
Dawna nickt höflich. »Chakal, mein Name ist Dawna.« Genau wie Chakal verengt sie die Augen, sie sieht herrisch aus und unnachgiebig. »Wir wollen euren Anführer sprechen. Cheb.«
Mit jeder Faser meines Körpers merke ich, wie sich Chakal anspannt.
»Cheb ist tot«, sagt er emotionslos. »Ich bin sein rechtmäßiger Nachfolger.«
Obwohl sie noch immer ziemlich arrogant aussieht, merke ich, dass sie unsicher wird. Instinktiv spüre ich, dass wir die Wölfe nicht aus dem Vertrag entlassen können. Wir brauchen sie, ohne ihre Hilfe sind wir momentan nichts. Das Entgleiten der Zeit macht mich unruhig, ich habe keine Ahnung, was wir tun sollen, wenn wir nicht diese Nacht das Ritual fortsetzen. Zusammen mit Emma, denn Mum ist nicht in der Lage, uns dabei zu helfen. Die Hoffnungslosigkeit streckt ihre Finger nach mir aus.
»Emma Spencer«, erwidert Dawna und sieht ihn hart an. »Ohne Emma können wir den Vertrag nicht auflösen.«
Kluger Schachzug, scheint er anerkennend zu denken und ich bin heilfroh, dass Dawna offenbar noch all ihre Sinne beisammenhat.
»Wir müssen es mit Emma besprechen.« Ihre Stimme klingt plötzlich freundlich und entspannt. »Verträge können nicht von einer jüngeren Hüterin aufgelöst werden«, erklärt sie ihm, als wäre das eine Regel, die er kennen müsste. »Wir können ihr nur beratend zur Seite stehen.«
Seine Gedanken wandern zwischen Mum und uns Mädchen hin und her, sein Mund verzieht sich zu einem freudlosen Lächeln.
»Okay«, stimmt er zu. »Besprecht es mit Emma.«
Am liebsten hätte ich die geballte Faust in den Himmel gestoßen. Jetzt haben wir freie Bahn. Der schnelle Blickwechsel mit Dawna bestätigt mir dies. Wir haben alles bei uns, was wir zu Initiation brauchen.
»Hier lang«, sagt er und deutet mit dem Kopf in die Richtung, in der wir Emma finden werden. Das kleine Mädchen springt hinter der alten Frau hervor und läuft voran, um uns den Weg zu zeigen.
»Danke«, sagt Dawna tonlos und stapft an Chakal vorbei.
Wortlos schließe ich mich ihr und der Comtesse an. Als Mum an Chakal vorbeigehen will, schnellt seine Hand nach vorne und umschließt ihren Oberarm. Erschrocken quietscht Mum auf, als er sie hart zu sich zieht. »Du bleibst bei mir.« Er lächelt mir spöttisch zu, während ich an ihm vorbeigehe. Ich bin nicht blöd, scheint er sich zu denken und Mum sieht ihn mit einer Mischung aus Verachtung und Verwunderung an.
35
Dawna
G eht «, zischt mir Mum zu, »sprecht mit Emma. Das ist jetzt das Wichtigste.«
Chakal hat sie grob am Arm gepackt und trotzdem steht sie aufrecht neben ihm. Ich kann ihren Gesichtsausdruck nicht deuten und auch Chakal verwirrt mich. Von ihm geht eine aggressive, besitzergreifende Kraft aus, doch ich spüre auch etwas anders. Er ist eindeutig Kalos Bruder. Und seit ich Kalo gesehen habe, weiß ich ganz sicher: Auch Miley ist hier. Er muss hier sein.
»Geht!«, sagt Mum noch einmal.
Wir umrunden die Wagen. Überall stehen die Zigeuner. Zigeuner und Wölfe, sie starren
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