Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
Kacke im Quadrat?«
Dawna lacht nicht. Sie sieht weiter in mein Gesicht und ich starre auf die Wolken, die vom Wind zerrissen werden.
»Wirf das Zeug weg«, sagt sie mit düsterer Stimme. »Da wäre mir wirklich wohler.«
Das Böse zieht das Böse an, scheint sie zu denken.
Es sind nur Zahlen. Sinnlose Zahlen, denke ich.
»Bist du deswegen da?«, frage ich die Fensterscheibe.
Und jetzt nicht wieder diese Leier. Dass diese blöden Zettel irgendjemanden anziehen. Wenn, dann wäre das schon längst passiert.
»Nein. Ich wollte … du musst …«
Ich sehe ihr jetzt direkt in die Augen.
»Ich wünsche, dass du Whistling Wing nicht verlässt«, sagt sie schließlich und es klingt wie ein unschlüssiger Befehl.
»Du wünschst«, wiederhole ich. »Weshalb denn das? Dachte, ich könnte mal shoppen gehen.«
Hör mit dem Quatsch auf, Indie, sagt ihr Blick.
»Die Engel sind uns nicht gefährlich«, erkläre ich ihr, obwohl ich ihr am liebsten von Gabe erzählt hätte. Obwohl ich am liebsten geheult hätte, meinen Kopf in ihren Schoß gebettet, um zu vergessen. Plötzlich kommt es mir vor, als würde sich alles wiederholen. Als würde ich die Worte, die Vincenta in meinem Traum zu ihrer Schwester Victoria, meiner Ururgroßmutter, gesagt hat, einfach nachsprechen. Als wäre ich plötzlich in einer ganz anderen Zeit, gar nicht mehr ich selbst. Und Dawna wäre nicht sie selbst. »Sie warten.«
Ich denke an die Träume und überlege, ob ich Dawna erzählen sollte, was ich seit Samaels Entbannung träume. Aber seltsamerweise kann ich das nicht. Es ist, als würden die Träume mir gehören, als würden sie zu mir gehören, weil ich Indie bin. Weil ich die jüngere Hüterin bin. Als wären sie mein persönlicher Schatz und mein persönliches Verderben.
»Weil sie meine Seele brauchen«, erkläre ich ihr mit einer Stimme, als würde ich übers Shoppen in Fillis reden. »Verstehst du? Diese Engel haben doch nicht NUR Shit im Kopf, oder? Die bringen mich doch jetzt nicht um.«
Sie antwortet darauf nichts.
»Hey, der macht seine Engel voll flott …«
»Hör damit auf!«, faucht mich Dawna an.
Aber ich kann nicht damit aufhören.
»Wie sollen sie ihm denn das erklären, hey, die Indie, die ist jetzt leider hinüber, und das mit der Seele, das ist, Scheiße noch mal, voll in die Hose gegangen …«
»Mach dich darüber nicht lustig«, unterbricht Dawna mich wütend.
Meine Seele. Das ist echt kein lustiges Gesprächsthema.
»Dachte, du brauchst ein bisschen Aufmunterung, Schätzchen«, antworte ich dumpf. »Jetzt mach dir nicht in die Hose. Jedenfalls nicht meinetwegen.«
Ihr Blick gleitet von meinem Gesicht zu dem Quilt, in den ich mich gehüllt habe.
»Ich krieg das schon gebacken, keine Sorge. Weißt du, wir müssen das JETZT nicht wissen, wie wir da wieder rauskommen. Wir haben noch Zeit. Das passiert ja erst …« Ich muss schlucken, so bekannt kommen mir meine Worte vor. »… an meinem 18. Geburtstag. Scheiße. Ist ja noch ewig hin.« Meine Stimme verebbt.
»Halt die Klappe, Indie«, erklärt sie müde.
Na also.
»Es wird alles so geschehen, wie Granny es für uns vorbereitet hat. Wir werden die Person finden, die uns initiieren kann. Wir werden initiiert werden. Wir werden unglaubliche Kräfte haben und Azrael …« Ich schnipse mit den Fingern. »… einfach allemachen. Okay. Und jetzt lass mich in Ruhe, ich habe zu tun«, antworte ich ihr. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie genau wie ich an etwas anderes denkt, an etwas, das mit unserem Gespräch rein gar nichts zu tun hat. Ich sehe Dawna an, ohne sie zu sehen, und auch sie scheint durch mich hindurchzublicken, als wäre sie mit ihren Gedanken weit weg.
»Bleib auf Whistling Wing. Hörst du«, sagt sie schließlich.
»Klar hör ich«, antworte ich und bin mir nicht sicher, ob Dawna bemerkt, dass das keine richtige Antwort ist.
»Wir müssen vorsichtig sein«, flüstert sie. »Solange wir nicht alles wissen, dürfen wir uns keinen Fehler erlauben.«
Alles wissen? Wie sollen wir alles wissen, wenn wir uns weiter auf Whistling Wing vergraben? Ich sehe einen pinkfarbenen Navara vor mir und kann meinen Tatendrang kaum zurückhalten.
»Und damit meine ich nicht diese blöden Zahlen, okay?«, zischt sie mir zu.
Dann steht sie auf und lässt mich allein. Ich drücke mir den Quilt vor die Augen und beginne zu heulen.
5
Dawna
W ährend ich am nächsten Morgen nach draußen schleiche, warte ich darauf, dass sich mein schlechtes Gewissen auf mich
Weitere Kostenlose Bücher