Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
plötzlich unheimlich leise. Instinktiv gebe ich den Papieren einen Schubs, damit sie unter die Truhe gleiten. Weg hier.
Mein Herz hämmert, und statt loszulaufen, kann ich nicht anders und werfe einen schnellen Blick zum Dachfenster hinauf, das sich im selben Moment verdunkelt.
Ein Fehler.
Zu spät.
Das Fenster geht auf, die kalte Luft fällt auf mich herunter und schließt mich in eine eisige Blase. Trotz dieser Kälte wird mir siedend heiß, denn ein paar schwarze Federn schweben um mich herum zu Boden. Im nächsten Augenblick springt jemand durch die Dachluke und ich fahre mit einem Satz vom Bett hoch.
Wir stehen voreinander, als wären wir kurz vor einem Kampf, und sehen uns nur an. Die Minuten scheinen zu verticken, während sich unsere Augen aneinander festsaugen, keine Fragen stellen, keine Antworten erhalten.
Er ist so schön. An seinem Blick erkenne ich, dass er anfängt, in meinem Gesicht nach etwas zu suchen, erst nach einer halben Ewigkeit sieht er mir wieder in die Augen. Ich forsche in ihnen nach dem Satz, den er mir damals versprochen hat, jetzt und immerzu. Ich liebe dich. Ich liebe dich … aber seine Augen sind so blank wie ein Stück poliertes Holz. Was haben sie mit dir angestellt? Was ist geschehen, an den Tagen, in denen wir uns nicht gesehen haben?
»Was ist?«, frage ich abrupt und ziehe die Augenbrauen hoch. »Mal einen kleinen Ausflug gemacht?«
»Indie«, antwortet er förmlich und sehr höflich. Fast scheint eine Verbeugung durch seinen Körper zu gehen.
»Gabriel«, erwidere ich in spöttischem Tonfall, obwohl eine eisige Hand nach meinem Herzen greift, und die Welt scheint sich um mich herum zu drehen, immer schneller, mich einzuschließen in ein Gefängnis aus Verzweiflung und Frustration. Dass er nicht einfach auf mich zugeht und mich in seine Arme schließt, sagt alles. Das kannst du mir nicht antun, wieso, Gabe? Du hast es versprochen! »Und? Was gibt’s?«, frage ich, die Welt steht wieder still. Sie haben dich gut präpariert, denke ich mir und kneife die Augen zusammen. Weißt du, was, ich brauche dich nicht. Ich will dich nicht. Du bist ein Nichts. Du bist weniger als ein Nichts. Ich stelle mich sehr gerade vor ihn und weiß, dass meine Gedanken die blanke Lüge sind. Ich brauche ihn. Ich liebe ihn.
»Ich habe eine Nachricht für dich«, sagt er mit undurchdringlicher Miene. Ich versinke in seinen Augen. Die goldenen Sprenkel darin gibt es nicht mehr. Seine Worte dringen viel zu langsam in meinen Kopf.
»Unter die Brieftauben gegangen?«, will ich spöttisch wissen, obwohl in mir gerade etwas zerbricht. Das, was mich seit gestern am Leben gehalten hat, was mich stark gemacht hat bei der Vorstellung, irgendwann Azrael gegenüberzustehen und ihm meine Seele zu verweigern … es ist plötzlich weg. Ich meine, keine Luft mehr zu bekommen, so stark brennen die Tränen hinter meinen Lidern, so stark versuche ich, gegen den Impuls anzugehen, einen Schritt nach vorne zu treten, meine Hand nach ihm auszustrecken. Durch seine leicht feuchten Haare zu streichen.
Er scheint davon nichts mitzubekommen. Er sieht neutral durch mich hindurch, reagiert auf keine Spitze, die ich abschieße.
»Von wem?«, frage ich nach, weil er schweigt.
Gabe fixiert einen Punkt hinter meinem rechten Ohr und antwortet emotionslos: »Samael.«
Samael, unser Gebieter. Samael, unser Boss.
»Und? Mach schneller, ich verhungere ungern, während ich dir beim Überlegen zusehe.«
»Er sendet euch seinen Dank.«
»Dank?«, wiederhole ich ungläubig. Er ist hier, um für Sam Danke zu sagen?
»Und ihr sollt euch immer daran erinnern, dass nichts wichtiger ist … als die Blutsbande …«
»Danke?«, sage ich noch einmal, meine Stimme ist leise, aber ich weiß, was jetzt passieren wird. »Danke? Sam sagt uns Danke und schickt deswegen DICH zu MIR?«
Wir sehen uns weiter an. Mit jedem Herzschlag baut sich in mir eine unerträgliche Wut auf. Auf ihn.
»So. Danke also!« Ich trete einen Schritt näher an ihn heran, kneife die Augen zusammen. »Verfickte Scheiße. Weißt du, wo sich dein Samael sein Danke hinstecken kann?« Ich brülle ihn an: »Du hast sie ja wohl nicht mehr alle!« Mit aller Kraft versuche ich, ihn nach hinten zu schubsen, und schlage dabei mit beiden Handflächen, so fest ich kann, auf seine Brust. Aber er bleibt stehen, als wäre er ein Fels und ich ein Fliegengewicht.
»Sag ihm …«, brülle ich weiter, »… dass er sich seine Ratschläge …«, ich hole aus und schlage Gabe mit
Weitere Kostenlose Bücher