Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)
und Cheb wird uns dabei helfen. Er hat es geschworen, bei unserer Liebe hat er es geschworen …
Wie lange ist es her, dass sie dieses Gespräch führten? Fünfzig Jahre? Mehr? Sie hatten sich fest in die Augen geblickt, der Moment des Abschieds, tief in der Nacht. »Wie kannst du dir so sicher sein?«, hatte sie gesagt. »Wie kannst du dir sicher sein, dass es die Mädchen geben wird? Dass nicht alles umsonst sein wird?«
Sie war siebzehn gewesen. So jung. Und so verzweifelt, voller Angst, was das Leben aus ihnen machen würde.
»Es wird sie geben«, hatte ihre Schwester gesagt, »ich werde eine Tochter haben. Die Tochter wird sich mit dem Bösen verbinden. Sie wird sich mit dem Engel verbinden, den ich für sie aussuchen werde. Sie wird zwei Mädchen gebären, die an 33 Tagen genau gleich alt sein werden. Diese Mädchen werden die mächtigsten Hüterinnen sein, die jemals geboren wurden, und sie werden die Prophezeiung erfüllen.« Ihre Stimme war ein Flüstern gewesen, nicht mehr als das Rauschen des Windes, draußen im Himbeerbaum. Sie hatten sich umarmt, ein letztes Mal. Der Wolf wartete geduldig. Dann führte er sie fort.
»Aber warum? Warum lässt Chakal mich nicht gehen?« Sie versucht, teilnahmslos zu klingen, so als wäre das alles nur ein dummer Irrtum und als würde die Zeit nicht gegen sie laufen, als hätte sie jede Menge davon, egal, wann sie losgeht, sie wird rechtzeitig ankommen. Das wirst du nicht … das wirst du nicht … flüstert ihre eigene Stimme in ihrem Herzen und ihr Puls beginnt zu rasen.
Elin zuckt die Schultern.
»Das kümmert mich nicht.«
Ihre Worte hüllen sich in den gefrorenen Atem und der bleierne Nachthimmel öffnet sich, um wieder Schneeflocken auszuspucken, sie legen sich auf den Lauf des Gewehrs, verdampfen zischend über dem Feuer, was die Luft noch zäher zu machen scheint.
»Elin. Es geht hier nicht um dich und mich. Es geht nicht darum, was wir wollen.« Sie geht langsam, Schritt für Schritt auf Elin zu, sieht, wie der Lauf des Gewehrs zittert, wie Elins Augen dunkler werden und sich Unsicherheit und Angst in ihnen mischen. Sie hat immer noch die Macht, Menschen zu beherrschen, das, was sie vor so langer Zeit gelernt hat, hilft ihr auch jetzt und sie weiß, dass sie mit Elin leichtes Spiel haben wird. Jetzt steht sie genau vor ihr und sie spürt das eiskalte Metall des Gewehrs zwischen ihren Augen.
»Nimm es runter.«
Elins Hände beginnen zu zittern, als hätte sie Schüttelfrost, der Lauf des Gewehrs gleitet ab und ein leichtes Lächeln huscht über ihr Gesicht.
»Du bist eine wankelmütige Person, Elin«, flüstert sie.
Dann zerreißt ein Schuss die Stille und heißer Schmerz fährt in ihr linkes Bein. Sie stürzt und im Fallen sieht sie in Chakals Gesicht.
24
Indie
D er Wind peitscht die feinen Schneekristalle über den Boden. Obwohl ich meinen dicken Schal vor den Mund gezogen habe, spüre ich diese Kristalle wie feine Nadelstiche auf meine Haut prallen und innerhalb Sekunden scheint mein Gesicht taub zu sein. Bei jedem Blinzeln schieben sich mit Schnee verkrustete Wimpern vor meine Augen und behindern meine Sicht. Vor den Autos im Hof haben sich schon hohe Schneewälle gebildet.
Als ich mich zur Veranda umdrehe, sehe ich Eve und Sidney aus dem Haus kommen. Zumindest nehme ich an, dass sie es sind, denn sie sind genauso eingehüllt wie ich. Dann tritt Tara oder Tamara auf die Veranda und sieht auf mich herunter.
»Wir schaffen das«, sagt Sidney neben mir beruhigend, weil Eve trotz des Schneefalls nicht aufhört zu reden. Das macht sie eigentlich schon, seit es zu schneien angefangen hat und klar wurde, dass es so schnell nicht aufhört. Und als der leichte, gemütliche Schneefall zu einem ungemütlichen Sturm wurde, Schneewehen gegen das Haus und gegen die Autos drückte und man nur noch das Heulen des Windes um das alte Farmhaus hören konnte. Da hilft nichts, denke ich mir, während ich Eve beobachte. Auch ihr toller Zimttee nicht und die kleinen Kerzchen, die sie aufgestellt hatte. Jeder Tag ist gleich, manchmal kommt es mir vor, als wären nur ein oder zwei Tage vergangen, seit Dawna und ich aus dem Club geflüchtet sind. Aber inzwischen sind es schon zwei Wochen, vielleicht sogar mehr.
Seit klar ist, dass ein Baum die Zufahrt zu Whistling Wing versperrt, ist Eves Redefluss nicht mehr zu stoppen. Machen. Wir müssen etwas machen, sagt sie die ganze Zeit. Wir sind abgeschnitten. Wir können keine Hilfe bekommen.
Wir sind verloren.
Ich weiche
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