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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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verbrachten, konnte ich bei jedem gemeinsamen Essen ihre Gedanken spüren, die wie eine stumme Anklage den Raum ausfüllten.
    Wo bleibt sie? Wo bleibt diejenige, die euch initiieren sollte? Und könnt ihr euch überhaupt würdig erweisen? Habt ihr in den letzten Wochen genügend gelernt? Genauso viel, wie es die Hüterinnen vor euch in einem ganzen Jahr gelernt haben?
    Ist das überhaupt möglich? Sich in ein paar Wochen das anzueignen, was die anderen Hüterinnen in ihrer Zeit im Orden in einem ganzen Jahr gelernt haben?
    Die letzten Tage war ein Rhythmus von körperlichem Schuften beim Schneeräumen und dem Lernen meiner Lektionen gewesen.
    Sieben Tage vor Sonnwende.
    Mit festem Griff umfasse ich die Eisenstange, die mir Kat gegeben hat, und sehe zu, wie Dawna ins Innere des Hauses geht und die Tür schließt.
    Sieben Tage vor Sonnwende. Das ist heute.
    Heute müsste diese Person kommen, die uns initiiert. Deswegen steht Dawna alle fünf Minuten an der Tür und starrt in das Schneetreiben, obwohl sie weiß, dass es keinen Sinn macht. Dass die Straße durch Bäume versperrt ist. Dass wir eingeschneit sind. Dass wir nicht wegkönnen und niemand zu uns kommen kann. Wenn es denn überhaupt jemanden gibt, der uns initiieren kann. Kat und Miss Anderson scheinen das jedenfalls nicht zu glauben.
    Und dann natürlich noch die blöde Sache mit dem Messer. Das haben wir auch noch nicht. Seit ich Dawna gesagt habe, dass das Messer, das wir für die Initiation brauchen, in Sams Zimmer im Morrison Motel ist, hat sie nicht viel mit mir geredet. Um genau zu sein, nur die Worte Lass das Messer meine Sorge sein. Dieses Mein-Ding-dein-Ding-Kack, das sie unbedingt durchziehen will, ist echt das Allerletzte. Bis jetzt hatte ich keine Lust, ihr die Neuigkeiten von den Koordinaten zu erzählen. Dass Lilli-Thi hinter ihnen her ist. Und dass sie tatsächlich wichtig sind.
    Eins nach dem anderen, denke ich mir, während ich merke, wie meine Finger schon jetzt steif werden, und ich nicke Kat ungelenk zu. Eins nach dem anderen. Erst einmal diese Bäume von der Straße kriegen. Als ich mich nach Sidney und Eve umdrehe, sind diese nur noch als dunkle Schattenrisse zu erkennen.
    Kat und ich sprechen nicht miteinander, während wir Seite an Seite hinter Eve, Sidney und Tara gehen. Geht auch kaum, mit einem Schal vor dem Mund. Nur Eve scheint das Unmögliche zu schaffen und hin und wieder meine ich das Wort »abgeschnitten« zu verstehen.
    Nicht von hier wegzukommen, ist jedenfalls das geringste deiner Probleme, liebe Eve. Während wir uns durch das Schneegestöber auf der Straße entlangkämpfen, drehe ich mich hin und wieder um. Das Farmhaus kann ich schon lange nicht mehr sehen, nur die weiße Wand des Schneegestöbers. Wir können froh sein, wenn wir überhaupt wieder nach Whistling Wing zurückfinden.
    Im Schneetreiben taucht vor uns ein großer dunkler Schatten auf. Es ist ein riesiger Hickory, der quer über der Straße liegt. Die Baumkrone ragt vor uns auf, der Schnee hat schon Wälle daraufgehäuft. Wir stehen zu fünft nebeneinander vor dem Baumriesen, Eve verschlägt es für einen Moment die Sprache.
    Anscheinend war sie davon ausgegangen, man könnte den Baum einfach von der Straße ziehen.
    Sidney stemmt die Fäuste in die Hüfte, lässt ihren Blick über den Baum gleiten. Schließlich zieht sie den Schal vom Mund und brüllt Kat zu: »Scheißgefährlich. Steht voll unter Spannung.« Plötzlich ist sie die routinierte Rangerfrau, die alles im Griff hat.
    Kat nickt. Man erkennt ihren Gesichtsausdruck nicht, weil er hinter ihrer Hannibal-Lecter-Maske verborgen ist. Während Kat und Sidney den Baum begutachten, bohre ich den Eisenstab in den Schnee und beginne, von einem Fuß auf den anderen zu stapfen.
    »Ich halte das nicht aus«, schreit Eve gegen den Wind an. »Ich halte es nicht aus, ich HALTE es nicht aus!«
    Ich halte es auch nicht mehr aus. Wir warten darauf, dass jemand kommt, den es wahrscheinlich gar nicht gibt, und wenn es ihn gibt, dann kann er uns wegen des Schnees nicht erreichen. Jeder Tag wird zur Zerreißprobe. An jedem Tag werden wir wieder enttäuscht, die Zeit zerrinnt und jeder Tag ist ein Punkt für die dunklen Engel. Ein Schritt mehr auf der Zielgeraden. Sidney und Kat werfen beide ihre Motorsägen an und beginnen, die Äste des Baumes abzuschneiden. Wenn ich mir bei einem sicher bin, dann dabei, dass Kat diesen Baum klein kriegt. Die kriegt noch mehr klein als nur diesen Baum.
    »Weißt du, wie wir

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