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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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heraus, um zu erkennen, wo ich mich auf der Karte gerade befinde. Die Bäume werden undeutlicher, verschwimmen zu einer grünen Masse, nur unterbrochen von den hellen Stellen, wo man Felsen vermuten kann. In den Bergen. Irgendwo in den Bergen. Ich zoome noch weiter heraus.
    Der grüne Pfeil zeigt auf eine Stelle mitten im Wald. Und seltsamerweise sieht es aus, als würden genau an diesem Pfeil zwei Engelsflügel beginnen. Ich blinzle verwirrt, zoome noch weiter heraus, bis man keine Flügel mehr erkennen kann.
    Es ist nicht Granny, denke ich. Es kann nicht Granny sein. Granny ist tot. Granny ist 1941 geboren. Und nicht ein Jahr später. Ein Jahr später ist … ihre Schwester Emma … Ich nehme meine Finger zur Hand, während ich von Grannys Geburtstag im Mai rückwärts zähle. Auch Granny und Emma waren genau dreiunddreißig Tage im Jahr gleich alt. Und zwar vom 18. April bis zum 21. Mai. Mir stockt der Atem. Es ist der Geburtstag von Emma. Aber wenn meine Vermutung richtig ist, dann stimmt es nicht, dass Emma mit siebzehn Jahren gestorben ist. Dann lebt sie noch und stirbt erst an dem Tag unserer Initiation. Genau dort, in diesem Wald … mitten in … ich zoome noch weiter hinaus. Montana. Mitten in Montana.
    Emma Spencer.
    Die Worte von Kat flüstern in Mums Zimmer. Es gibt nur zwei, die euch initiieren können. Eine blutsverwandte Hüterin.
    Es gibt nur zwei blutsverwandte Hüterinnen. Granny und ihre Schwester. Aber Emma ist tot. Granny hatte immer gesagt, ihre Schwester sei mit siebzehn Jahren gestorben. Viel zu früh. Oder hatte sie nie gesagt, dass sie tot ist? Hat sie es nicht umschrieben, mit Worten wie Sie ist nicht mehr unter uns. Sie lebt nur in unseren Gedanken. Genauso gut konnte das bedeuten, dass sie nicht mehr auf Whistling Wing ist.
    Ich sehe rote, wilde Locken. Eine Frau, die an mich denkt, mit der ich verbunden bin, tief verbunden in meinen Gedanken. Die in meinen Träumen immer ein Teil von mir war. Emma Spencer, wispert es in meinem Kopf. Sie war die ganze Zeit bei mir. Seit wir Sam entbannt haben, seit dieser Zeit ist sie erwacht, wartet auf den Tag, an dem sie uns trifft. Atemlos horche ich auf meine Gedanken. Es stimmt nicht ganz. Sie war immer bei mir, aber seit ein paar Tagen ist es einfach weg. Als hätte etwas die Verbindung unterbrochen.
    Fröstelnd schlinge ich die Arme um mich. Mein Blick kann sich nicht von der Landkarte lösen. Dunkelgrün erstrecken sich die Wälder. Wenn sie am 21. Dezember dort stirbt, wird sie uns niemals hier auf Whistling Wing initiieren. Das ist gewiss. Mein Drang, zu Kat hinüberzulaufen und sie aus ihrem Gebet zu reißen, ist übermächtig. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Ich darf es nicht. Ich darf sie nicht um Hilfe bitten. Mit einem Satz bin ich auf den Beinen, laufe auf den Flur hinaus. Dawna. Ohne zu klopfen, reiße ich die Zimmertür auf und mache das Licht an. Das Zimmer ist leer. Auf dem Bett liegen ihre Jeans und ein zerknittertes T-Shirt, hingeworfen, als hätte sich jemand in Eile umgezogen. Die Schublade einer Kommode steht offen, darunter liegen am Boden ein heller BH und ein paar Slips.
    »Dawna«, flüstere ich, in meinem Kopf ballt sich die Finsternis. Wieso hat sie mir nichts gesagt, wieso hat sie nicht auf mich gewartet? Zornig schlage ich mit der Faust auf die Kommode, das Babybild von uns beiden fällt scheppernd um.
    »Scheiße, Dawna«, schreie ich. »Scheiße, Scheiße, Scheiße. Mehr Scheiße geht nicht!«
    Das Zimmer ist wie ein riesiges Hinweisschild. Sie hat sich aufgebrezelt. Dann ist sie zum Club gefahren, mit dem festen Willen, in Sams Zimmer einzusteigen, das Messer zu holen und … zu sterben.
    »Scheiße«, sage ich noch einmal, versuche, wieder ruhig zu werden. Okay. Langsam von vorne. Während ich merke, dass langsam von vorne gar nicht mehr geht, werfe ich Dawnas Koffer auf das Bett und beginne, wahllos Kleidung hineinzuwerfen. Als er schon fast voll ist, laufe ich damit aus dem Zimmer, automatisch schlage ich den Weg zum Dachboden ein, um das zu holen, was wir für die Initiation brauchen. Die Döschen. Hagazussa.
    Ich werfe das Kraut einfach auf eine Jeans von Dawna, für einen kurzen Moment werde ich wirklich ruhig.
    Mum. Ich weiß nicht, wieso ich es weiß, aber Mum muss auch mit. Mum. Dawna. Das Messer. Mir ist plötzlich klar, was ich tun muss. Emma kann nicht zu uns. Aber wir können zu Emma. Vielleicht. Wenn wir Glück haben. Wenn wir nicht vorher im Club sterben. Im Morrison Motel von Samael getötet, von

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