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Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition)

Titel: Dark Angels' Winter: Die Erfüllung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tabita Lee Spencer
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Raguel fertiggemacht werden.
    Ich trample wieder die zwei Stockwerke nach unten in die Küche, knalle den Koffer auf den Küchentisch neben die Winchester der Comtesse. Mum steht noch immer da, wo ich sie stehen gelassen habe, und sieht mich hilflos an.
    »Ich habe es immer versucht«, sagt sie trotzig. »Ich habe immer versucht, eine gute Mutter zu sein.«
    »Okay. Prima«, antworte ich und atme einmal ganz tief ein. »Dann hast du jetzt die einmalige Chance, mir richtig gut zuzuhören.«
    Erwartungsvoll sieht sie mich an.
    »Wir fangen damit an, Dawna aus dem Club zu holen.«
    »Club?«, will Mum verständnislos wissen.
    »Eine gute Mutter macht so etwas«, behaupte ich. »Die Typen im Club sind überhaupt kein Umgang für Dawna. Nimm dir eine Jacke. Am besten eine ganz dicke. Und vielleicht Unterwäsche zum Wechseln.«
    »Unterwäsche«, echot Mum und zum ersten Mal sieht sie mich so richtig an. Es scheint, als würde sie zum ersten Mal kapieren, dass sie überhaupt nichts kapiert.
    »Ja, Zahnbürste und so einen Kram«, erkläre ich, »warme Unterwäsche, eine dicke Jacke. Und mach flott. Das mit dem Club ist kein Spaß.«
    Ich drehe mich zur Comtesse und sage mit finsterer Stimme: »Kein Wort. Sie nehmen Ihre Winchester und halten die Stellung.«
    »Indiana Spencer. Ich habe immer die Stellung gehalten«, faucht sie mich an. »Das braucht mir so ein Küken wie du wirklich nicht zu sagen.«
    Wir funkeln uns eine Weile an. Ihre Augen haben mehr Feuer, als man ihr zutrauen würde.
    »Dann ist ja gut«, fahre ich sie genauso patzig an. »Komm jetzt, Mum.«

46° 59’ 51,086’ N, 110° 57’ 34,29’ W
Mount Monarch

    J ede Holzplanke des Wagenhimmels hat sich in ihre Netzhaut eingebrannt, so lange liegt sie schon mit offenen Augen da, Augen, in denen sich Tränen sammeln. Tränen der Wut. Der Enttäuschung. Des Verzichts. Sie hält ihre Augen offen, weil sie die Bilder nicht sehen will, die hinter ihren Lidern aufsteigen. Vergangenes. Nicht zu Änderndes. Bilder ihres Lebens. Am Anfang, sie und Ernestine und Victoria, ihre Großmutter. Ihre Mutter, klein und zäh wie sie selbst, voller Willen, dem Orden zu dienen. Voller Kraft, der im Anfang aller Dinge wohnt. Jetzt schließt sie ihre Augen doch, sieht sich selbst zu, wie sie die Fahrertür des Kastenwagens öffnet, in dem Lilli-Thi campiert. »Sie ist nicht da«, flüstert sie und Cheb nickt ihr zu. »Mach schnell.«
    Schnell! Sie weiß nicht, wie es überhaupt funktionieren soll. Wie soll sie das Blatt so schnell finden? Irgendeines der Blätter vom 17. April 1960. Hier sind alle Menschen aufgelistet, die an diesem Tage sterben werden. Der morgige Tag, der Tag, an dem sie die Dunklen glauben lässt, sie würde sterben.
    »Wenn wir deinen Tod bekannt machen, werden sie in Lilli-This Aufzeichnungen danach suchen«, hatte Ernestine gesagt, »sie werden deinen Tod bestätigt sehen und du bist frei. Es ist die einzige Möglichkeit, die Dunklen und Lilli-Thi zu täuschen.«
    »Es muss heute geschehen«, hatte Victoria, ihre Großmutter gesagt, »und nur du kannst es tun.«
    Nur sie kann es tun und selbst dann ist nicht sicher, ob es ihr Todesurteil sein wird. Ob sie damit ihr eigenes Todesurteil fällt. Sie klettert in das Innere des Wagens, der Mond scheint, sonst traut sie sich kein Licht zu machen. Was, wenn Lilli-Thi zurückkommt? Sie hier findet? Sie rutscht nach hinten durch, vorsichtig hebt sie die Matratze hoch, schiebt die Decken zur Seite und hört das Rascheln von Blättern. Gut. Weiter. Sie kann die Zeichen kaum entziffern. 1960 liest sie. Immer wieder. Dann kommen die Blätter vom 16. April. Zwei Tage vor ihrem Geburtstag. Dann die Blätter vom 17. April. Ein Geburts- und Todesdatum nach dem anderen stehen untereinander aufgelistet, all der Menschen, die am 17. April sterben werden. Schweiß steht auf ihrer Stirn. Die Zeichen verschwimmen vor ihren Augen und Cheb klopft sachte an die Fahrertür.
    »Hast du sie?«, hört sie sein leises Flüstern. Er wartet draußen auf sie und wird ihre Spuren im Schnee verwischen.
    Sie nickt, obwohl er es nicht sehen kann, und ihre Finger schweben über dem Blatt. Das Geburtsdatum muss sie ändern in ihr eigenes. Die Geburtskoordinaten in die Koordinaten von Whistling Wing. Die Todeskoordinaten in die von Whistling Wing. Aber welche Zeile soll sie löschen? Das ist unwichtig, hört sie die geflüsterten Worte ihrer Großmutter. Nimm irgendeine Zeile, lösche sie und setze deine Daten ein.
    Aber wird sich Lilli-Thi

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