Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit
die Toten.«
Gomst bekreuzigte sich und murmelte ein Gebet.
Wie ich schon sagte, Krieg ist etwas Schönes, und wer etwas anderes behauptet, zählt zu den Verlierern. Ich setzte ein Lächeln auf, obwohl es nicht zu mir passte. »Bruder Makin, mir scheint, der Graf hat einen Zug gemacht. Es geziemt sich, dass wir als Kollegen des Kampfes seine Kunst zu schätzen wissen. Reite und sieh dich um. Ich möchte wissen, wie er dieses Spiel gespielt hat.«
Renar. Zuerst Pater Gomst und jetzt Renar. Der Geist aus dem Sumpf schien einen Schlüssel gedreht zu haben, auf dass die Geister meiner Vergangenheit durch die Tür schritten, einer nach dem anderen.
Makin nickte und ritt los. Nicht in den Ort, sondern am kleinen Fluss entlang. Er folgte ihm zum Dickicht auf der anderen Seite der Marktwiese.
»Pater Gomst«, sagte ich mit meiner höflichsten Hofstimme, »bitte sag mir, wo bist du gewesen, als Baron Kennicks Männer dich fanden?« Es ergab keinen Sinn, dass unser Familienpriester bei einem Überfall in Gefangenschaft geraten war.
»Im Dörfchen Jessop, mein Prinz«, erwiderte Gomst. Sein Blick ging überallhin, nur nicht zu mir. »Sollten wir nicht weiterreiten? Im Heimatland sind wir sicher. Jenseits von Hanton gibt es bestimmt keine Überfälle mehr.«
Rike stürmte aus dem Haus, schwärzer als der Nubier mit all der Asche an ihm, und fuchsteufelswild. Er lief zur nächsten Tür. »Burlow, du dicker Mistkerl! Du hast mich reingelegt!« Wenn der Kleine Rikey nichts zum Plündern fand, würde jemand dafür bezahlen müssen. So war es immer.
Gomst schien für die Ablenkung dankbar zu sein, aber ich holte seine Aufmerksamkeit zu mir zurück. »Pater Gomst, du hast mir von Jessop erzählt.« Ich nahm ihm die Zügel aus der Hand.
»Ein Moordorf, mein Prinz. Ein Nichts. Ein Ort, wo man Torf für das Protektorat sticht. Siebzehn Hütten und vielleicht ein paar mehr Schweine.« Er versuchte zu lachen, aber es klang zu scharf und nervös.
»Du bist also dorthin gereist, um den Armen die Vergebung ihrer Sünden anzubieten?« Ich behielt ihn im Auge.
»Nun …«
»Über Hanton hinaus bist du gereist, zum Rand des Sumpfes, der Gefahr entgegen«, sagte ich. »Du bist ein sehr heiliger Mann, Pater.«
Daraufhin neigte er den Kopf.
Jessop. Bei dem Namen regte sich etwas in mir. Eine tiefe Stimme erwachte, sprach langsam und ernst. Schicke niemanden zu fragen, wem die Stunde schlägt …
»Jessop befindet sich dort, wo die Sumpfgezeiten die Toten nehmen«, sagte ich und sah die Worte auf den Lippen des alten Lehrers Lundist, als sie von meinen eigenen kamen. »Es ist eine langsame Strömung, gewiss. Der Sumpf wahrt seine Geheimnisse, aber nicht für immer, und Jessop liegt dort, wo er sie erzählt.«
»Der große Mann, Rike, er erwürgt den Dicken.« Pater Gomst deutete zum Ort.
»Mein Vater hat dich geschickt, um nach den Toten zu schauen.« Ich ließ mich von Gomst nicht ablenken. »Er wusste, dass du mich erkennen würdest.«
Gomsts Mund formte ein »Nein«, aber alle anderen Muskeln sprachen »Ja«. Man sollte meinen, dass Priester bessere Lügner sind, wo sie doch beruflich mit Lügen und so was ständig zu tun haben.
»Er sucht mich noch immer? Nach vier Jahren!« Schon vier Wochen hätten mich überrascht.
Gomst rutschte im Sattel zurück und hob hilflos die Hände. »Die Königin erwartet ein Kind. Sageous hat dem König gesagt, dass es ein Junge sein wird. Ich sollte die Thronfolge bestätigen.«
Ah, die »Thronfolge«. Das klang mehr nach dem Vater, den ich kannte. Und die Königin? Das gab dem Tag neuen Biss.
»Sageous?«, fragte ich.
»Ein heidnischer Knochensammler, neu am Hof.« Gomst spuckte die Worte, als hätten sie einen fauligen Geschmack.
Stille folgte.
»Rike!«, sagte ich. Es war kein Ruf, aber ich sprach laut genug, damit meine Stimme ihn erreichte. »Lass den Fetten Burlow los, oder ich muss dich töten.«
Rike ließ los, und Burlow fiel als der hundertfünfzig Kilo schwere Fettkloß zu Boden, der er war. Meiner Meinung nach war Burlow der im Gesicht Violettere der beiden, wenn auch nur ein bisschen. Rike näherte sich mit ausgestreckten Händen und hielt sie so, als seien sie bereits um meinen Hals geschlossen. »Du!«
Von Makin weit und breit nichts zu sehen, und gegen den zornigen Kleinen Rikey war Pater Gomst so nützlich wie ein Furz im Wind.
»Du! Wo ist das verdammte Gold, das du uns versprochen hast?« Bei diesen Worten erschienen zwanzig Köpfe in Fenstern und Türen. Selbst der
Weitere Kostenlose Bücher