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Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Obwohl er mir vielleicht nur vertraute, weil er mir nicht traute, wenn ihr versteht, was ich meine.
    Wir standen da und warteten. Zuerst sahen wir die Hauptkolonne auf dem Moorweg, und dann, nur Momente später, kamen Soldaten über den Kamm. Zwei Dutzend waren es, Haussoldaten, mit Speeren und Schilden, und über ihnen wehten die Farben von Graf Renar. Die Hauptkolonne bestand aus etwa sechzig Mann, und ihr folgten eine Schar von mehr als hundert Gefangenen, an den Hälsen aneinander gefesselt. Ein halbes Dutzend Karren bildete den Abschluss. Die mit den Planen transportierten vermutlich Proviant. Auf den anderen lagen Leichen, gestapelt wie Klafterholz.
    »Das Haus Renar lässt keine unverbrannten Toten zurück«, sagte ich. »Es macht keine Gefangenen.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Pater Gomst. Bei ihm war die Angst Dummheit gewichen.
    Ich zeigte auf die Bäume. »Brennstoff. Wir sind hier am Rand des Sumpfes. In den Mooren gibt es meilenweit keine Bäume. Sie wollen ein großes Feuer, und deshalb bringen sie alle hierher, um sie auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen.«
    Renars Verhalten konnte ich erklären, aber mein eigenes verstand ich vielleicht nicht viel besser als Pater Gomst. Welche Kraft auch immer ich auf der Straße hatte, ich bekam sie durch Opferbereitschaft. Ich erhielt sie an jenem Tag, als ich die Rache an Graf Renar als etwas beiseite schob, das nichts einbrachte. Und doch stand ich nun hier, in den Ruinen von Norwood, mit einem Durst, den ich selbst mit noch so viel Festtagsbier nicht löschen konnte. Ich stand hier und wartete auf eben jenen Grafen. Ich wartete zusammen mit einigen wenigen Männern und hörte die Stimme meiner Instinkte, die mich zur Flucht aufforderte. Alle meine Instinkte riefen mit jener Stimme, bis auf den einen, der bleiben oder brechen wollte. Bleiben oder brechen, auf keinen Fall biegen oder beugen.
    Inzwischen konnte ich an der Spitze der Kolonne deutlich einzelne Personen erkennen. Sechs Reiter in Kettenhemden, und ein Ritter in schwerer Rüstung. Das Wappen auf seinem Schild wurde sichtbar, als er sich drehte und seiner Truppe Anweisungen gab. Eine schwarze Krähe auf rotem Grund, dazu Flammen. Graf Osson Renar würde nicht Hundert seiner Soldaten in ein Protektorat von Ankrath führen; dies musste einer seiner Jungs sein, Marclos oder Jarco.
    »Gegen so viele kämpfen die Brüder nicht«, sagte Elban. Er legte mir die Hand auf die Schulterplatte. »Vielleicht können wir uns einen Weg zu den Bäumen kämpfen, wenn wir die Pferde holen, Jorg.«
    Zwanzig Renar-Männer eilten bereits zur Baumlinie und achteten darauf, dass ihre Langbögen nirgends hängen blieben.
    »Nein.« Ich seufzte tief. »Ich sollte mich besser ergeben.«
    Ich streckte die Hand aus. »Die weiße Fahne, wenn ich bitten darf.«
    Die Haussoldaten hatten sich formiert, als ich mich der Hauptgruppe näherte. Meine »Fahne« war eher grau als weiß. Und es war ein ungesundes Grau obendrein, aus Pater Gomsts Sitzkissen gerissen.
    »Ein Edler!«, rief ich. »Ein Edler mit weißer Fahne!«
    Das überraschte sie. Die Haussoldaten schwärmten hinter unseren Pferden aus und ließen mich ungehindert die Marktwiese überqueren. Sie sahen nach einem traurigen Haufen aus: Metallbesatz fiel von ihrem Leder, und Rost klebte an den Schwertern. Stubenhocker waren sie, zu lange auf der Straße und nicht hart geworden.
    »Der Junge will als Erster ins Feuer«, sagte einer von ihnen.
    Ein dürrer Mistkerl mit einem Furunkel auf beiden Wangen. Er ließ seinen Worten ein Lachen folgen.
    »Ein Edler!«, rief ich. »Ein Edler mit weißer Fahne.« Ich hatte nicht erwartet, mit meinem Schwert so weit zu kommen.
    Ich roch den Gestank der Kolonne und hörte das Weinen und Wimmern. Die Gefangenen starrten mich mit leeren Augen an.
    Zwei von Renars Reitern kamen mir entgegen. »Wem hast du die Rüstung gestohlen, Junge?«
    »Leck mich am Arsch«, sagte ich freundlich. »Wer schmeißt hier den Laden? Marclos?«
    Sie wechselten einen Blick. Ein wandernder Heckenritter konnte einen Sohn des Hauses Renar vermutlich nicht vom anderen unterscheiden.
    »Es gehört sich nicht, einen edlen Gefangenen ohne Befehl zu töten«, sagte ich. »Lasst besser das Gräfchen entscheiden.«
    Beide Reiter stiegen ab. Große Männer waren es, dem Anschein nach Veteranen. Sie nahmen mein Schwert. Der Ältere mit dem dunklen Bart und einer weißen Narbe unter beiden Augen fand mein Messer. Der Schnitt, an den die Narbe erinnerte, hatte ihn die Spitze

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