Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit
Roddat lief mit einem Speer an mir vorbei und fand jemanden, den er damit aufspießen konnte.
In zwei Wellen kamen sie. Zehn oder zwölf von ihnen waren Marclos’ Leibwächtern gefolgt, und zwanzig weitere hatten sich etwas mehr Zeit gelassen. Der Rest lag tot oder sterbend auf der Hauptstraße und in den Ruinen.
Ich stürmte an Roddat und dem von ihm aufgespießten Mann vorbei. Dann auch vorbei an zwei Schwertkämpfern, die nicht zu wild darauf waren, es mit mir aufzunehmen. Ich erreichte die erste Welle und sah den dürren Mistkerl mit den Furunkeln auf den Wangen, dort in der zweiten Welle, den Mann, der sich über mich lustig gemacht und mich bereits im Feuer gesehen hatte.
Und so griff ich die zweite Welle an und schrie nach Furunkels Blut. Das gab den Ausschlag. Das war zu viel für sie. Und die Männer vom Kamm? Sie erreichten uns erst gar nicht. Der Kleine Rikey dachte, sie hätten vielleicht Beute bei sich.
Ich schätze, mehr als die Hälfe von Renars Männern ergriffen die Flucht. Aber sie waren gar nicht mehr Renars Männer. Sie konnten nicht zu ihm zurück.
Makin kam blutbesudelt den Hügel hinauf. Er sah aus wie der Rote Kent an dem Tag, als wir ihn fanden! Burlow begleitete ihn, blieb aber stehen, um die Toten auszurauben, was natürlich auch bedeutete, die Verletzten in Tote zu verwandeln.
»Warum?«, fragte Makin. »Ich meine, es ist ein grandioser Sieg, mein Prinz, aber … Warum bei allen Teufeln bist du ein solches Risiko eingegangen?«
Ich hielt mein Schwert hoch. Die Brüder um mich herum wichen einen Schritt zurück, aber Makin blieb stehen und zuckte nicht einmal zusammen. »Seht ihr dieses Schwert?«, fragte ich. »Nicht ein Tropfen Blut daran.« Ich zeigte es in die Runde und deutete dann damit zum Kamm. »Und dort draußen sind fünfzig Männer, die nie wieder für Graf Renar kämpfen. Sie arbeiten jetzt für mich. Sie tragen die Geschichte eines Prinzen, der den Sohn des Grafen tötete. Eines Prinzen, der nicht kapitulieren wollte. Eines Prinzen, der nicht zurückweicht, nie. Eines Prinzen, der nicht einmal Blut an seinem Schwert haben muss, um hundert Männer mit dreißig Männern zu besiegen.
Denk darüber nach, Makin. Roddat hier hat wie ein Wilder gekämpft, weil ich ihm sagte: Wenn die Soldaten denken, dass du nicht aufgibst, kriegen sie es mit der Angst zu tun und fliehen. Jetzt habe ich fünfzig Feinde dort draußen, die überall erzählen werden: › Der Prinz von Ankrath, er gibt nicht auf. ‹ Es ist eine einfache Rechnung. Wenn der Feind glaubt, dass wir nicht aufgeben, verliert er den Mut.«
Das stimmte. Es war nicht der wahre Grund, aber es stimmte.
9
Vier Jahre zuvor
Der Stock traf mein Handgelenk mit einem lauten Klatschen, und meine andere Hand hielt ihn fest, als er wieder nach oben kam. Ich versuchte, ihn an mich zu bringen, aber Lundist hielt ihn fest. Trotzdem sah ich die Überraschung im Gesicht des Lehrers.
»Wie ich sehe, hast du doch aufgepasst, Prinz Jorg.«
In Wirklichkeit war ich woanders gewesen, an einem blutigen Ort, aber mein Körper hat die Angewohnheit, bei solchen Gelegenheiten für mich aufzupassen.
»Kannst du die bisherige Lektion vielleicht zusammenfassen?«, fragte er.
»Wir sind durch unsere Feinde definiert. Das gilt für Menschen und auch für ihre Länder«, lautete meine Antwort. Ich kannte das Buch, das Lundist mitgebracht hatte. Seine zentrale Aussage bestand darin, dass unsere Feinde uns formten.
»Gut.« Lundist zog seinen Stock frei und deutete zum Kartentisch. »Gelleth, Renar und die Ken-Sümpfe. Ankrath ist das Produkt seiner Umgebung; dies sind die Wölfe vor unserer Tür.«
»Mich interessiert nur Renars Hochland«, sagte ich. »Der Rest kann mir gestohlen bleiben.« Ich kippte meinen Stuhl auf die Hinterbeine. »Wenn Vater das Tor gegen Graf Renar befiehlt, ziehe ich mit den anderen los. Ich werde Renar selbst töten, wenn sie es mir erlauben.«
Lundist warf mir einen scharfen Blick zu, um festzustellen, ob ich es ernst meinte. Derartig blaue Augen bei einem alten Mann sind irgendwie falsch, aber ob falsch oder nicht, er konnte einem mit ihnen ins Herz schauen.
»Zehnjährige Jungen sollten sich besser mit Euklid und Platon beschäftigen. Wenn wir den Krieg besuchen, wird Sun Tzu uns den Weg weisen. Strategie und Taktik, die Kraft des Geistes – das sind die Werkzeuge von Prinz und König.«
Ich meinte es ernst. Ich hatte ein Verlangen in mir, eine Sehnsucht nach dem Tod des Grafen. Der Ernst in
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