Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit

Titel: Dark Bd. 1 - Prinz der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
Vom Netzwerk:
aufschlitzten. Das zeigte mir, dass die Dinge nicht so funktionierten, wie ich bis dahin gedacht hatte. Und natürlich fand ich schlechte Gesellschaft auf der Straße, nicht wahr, Rikey?«
    Rike lachte sein heiseres Lachen: har, har, har. Ich glaube, er machte das Geräusch einfach nur, wenn er dachte, dass wir ein Lachen von ihm erwarteten. Viel Humor erklang nicht darin.
    »Ich versuchte mich an der Folter und fragte mich, ob ich dazu bestimmt sei, böse zu sein. Ich dachte, vielleicht hat Gott mich beauftragt, das Werk des Teufels weiterzuführen.«
    Ich hörte, wie Pater Gomst zu murmeln begann, vielleicht ein Gebet, vielleicht eine Verdammung. Auch dies stimmte. Lange Zeit hatte ich nach einer Botschaft in allem gesucht, nach einem Hinweis darauf, wozu ich bestimmt war.
    Ich legte Renton die Hand auf die Schulter. Er saß da mit meiner Hand auf der linken Schulter und Gomsts Hand auf der rechten. Wir hätten der Teufel und der Engel aus jenen alten Schriften sein können, das Böse und das Gute, die ihm ins Ohr flüsterten.
    »Wir fingen Bischof Murillo bei Jedmire Hill«, sagte ich. »Ich nehme an, du hast vom Verlust seiner Mission gehört, oder? Ich war damals eine Art Maskottchen für sie.«
    Der Nubier stand auf und schritt den Hügel hinunter. Ich ließ ihn gehen. Für so etwas hatte er keinen Mumm. Es führte dazu, dass ich mich … schmutzig fühlte. Ich mochte den Nubier, was ich allerdings nicht zeigte.
    »Nun, Bischof Murillo war voller strenger Worte und Verurteilungen. Er hatte mir viel übers Höllenfeuer und die Verdammnis zu erzählen. Wir saßen eine Weile zusammen und sprachen über die Sache mit den Seelen. Dann hämmerte ich ihm einen Nagel in den Kopf. Genau hier.« Ich hob die Hand und berührte eine bestimmte Stelle auf Rentons schmieriger Stirn. Er zuckte zusammen, als hätte ihn etwas gestochen. »Danach sang der Bischof ein anderes Lied«, fuhr ich fort. »Er wechselte das Lied jedes Mal, wenn ich einen neuen Nagel in ihn schlug, und nach einer Weile war er ein ganz anderer Mann. Wusstest du, dass man einen Mann auf diese Weise in seine Einzelteile zerlegen kann? Ein Nagel bringt Erinnerungen an die Kindheit. Ein anderer lässt ihn zornig werden, oder schluchzen, oder lachen. Letztendlich scheinen wir nichts weiter zu sein als Spielzeuge, die leicht zu zerbrechen und schwer zu reparieren sind.
    Wie ich hörte, kümmern sich die Nonnen von Saint Alstis noch immer um den Bischof. Er ist jetzt ein ganz anderer Mensch. Er versucht, ihnen die Kleidung vom Leib zu reißen, und lallt grässliche Worte, wie es heißt. Wo die Seele jenes stolzen, frommen Mannes geblieben ist, den wir vom rechten Weg abbrachten … Ich weiß es nicht.«
    Ich ließ, wie durch Magie, einen Nagel zwischen meinen Fingern erscheinen. Rostig war er, und etwa drei Zoll lang. Renton bepinkelte sich. Dort auf den Stufen. Burlow fluchte und gab ihm einen ordentlichen Tritt. Als Renton wieder zu Atem kam, erzählte er mir alles, was er wusste. Es dauerte fast eine Stunde. Dann überließen wir ihn den Bauern, und die verbrannten ihn.
    Ich beobachtete, wie die anständigen Leute von Norwood um das Feuer tanzten. Ich beobachtete, wie die Flammen immer höher leckten. Es existiert ein Muster im Feuer, als stünde etwas darin geschrieben, und es gibt Stimmen, die da sagen, dass man es lesen kann. Ich konnte es nicht. Es wäre schön gewesen, gewisse Antworten in den Flammen zu finden. Ich hatte Fragen. Es war der Durst nach dem Blut des Grafen gewesen, der mich auf die Straße gebracht hatte, doch irgendwann hatte ich es aufgegeben. Irgendwie hatte ich es beiseite geschoben und mir eingeredet, es Stärke zu opfern.
    Ich trank mein Bier. Vier Jahre auf der Straße. Immer irgendwohin unterwegs, immer mit irgendetwas beschäftigt, aber als meine Füße jetzt in Richtung Heimat zeigten, fühlte es sich an, als sei ich die ganze Zeit über verirrt gewesen, oder von jemand anderem geführt.
    Ich versuchte, mich daran zu erinnern, wann ich den Grafen aufgegeben hatte und warum. Mir fiel nichts ein. Ich sah nur meine Hand an einer Tür, und ich hatte den Eindruck, ins Leere zu fallen.
    »Ich kehre heim«, sagte ich.
    Der dumpfe Schmerz zwischen meinen Augen wurde zu einem rostigen Nagel, tief in den Kopf geschlagen. Ich trank den Rest Bier, aber es ließ mich unbefriedigt. Mein Durst war anderer, älterer Natur.

 
11
     
    Vier Jahre zuvor
     
    Ich folgte Lundist in den Tag.
    »Warte.« Er hielt mir seinen Stock an die Brust. »Es

Weitere Kostenlose Bücher