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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Amber zu retten, dann müsste ich mein Leben lang anzweifeln, ob du es aus freien Stücken getan hast.«
    »Wie edel!« Aus seiner Stimme troff der Hohn. »Aber du hast eine Kleinigkeit vergessen: Wer rettet dich?«
    »Ich bleibe nicht. Nach dem Chivvy bin ich frei - so frei ich in dieser Welt sein kann. Mich muss keiner retten.«
    »Bist du dir sicher?«
    Das war ich und er wusste es. Nichts konnte mich in der Stadt halten, nicht einmal er. Es würde mich zerreißen, ihn zu verlassen, aber besser, ich zerriss, als dass ich mich aufgab und verlor.
    Er musterte mich mit schräg gelegtem Kopf, was ihn hochmütig aussehen ließ. »Wenn sie dich beim Chivvy einfangen und ich keinen Anspruch auf dich erhebe, kann es jeder andere tun.« Pause. »Wenn es niemand tut, gehst du ins Optimierungsprogramm. Ist dir das klar? Du wirst eine Gebärmaschine. Jedes Jahr ein Neugeborenes.« Und wieder eine Pause. »Sie sagen, die künstliche Befruchtung wäre zu aufwendig. Daher experimentieren sie an einer Möglichkeit, die Empfängnis direkt zu gestalten. Würde dir das gefallen?«
    Ich drehte den Stängel der Malve zwischen meinen Fingern und überschlug im Kopf, wie lange sie wohl versuchen würden, mich zu schwängern, ehe sie mir glaubten, dass ich nicht zeugungsfähig war. Es konnte mir egal sein. Denn ... »Sie kriegen mich nicht.«
    »Und wenn doch?!«, brüllte er. »Wenn doch! Du fesselst meine Hände, wenn du verlangst, dass ich deine Freundin beanspruche. Ich kann dann nichts mehr für dich tun. NICHTS! Was verlangst du da von mir, Joy?«
    Und dann ging es mit mir durch. Ich packte ihn, griff ihn mit beiden Händen im Nacken und zerquetschte dabei die Malve zwischen meiner Handfläche und seinem Hals. Ich tat einfach das, was ich wollte - ich küsste ihn. Genau so hart, wie er laut gewesen war, und ebenso verzweifelt. Ich hätte ihn ohnehin geküsst. Vielleicht hätte ich mich weniger rabiat gegen seine Brust geworfen, vielleicht wäre unser erster Kuss sanfter gewesen und nicht nah dran an einer wüsten Beißerei. Sicher wären unsere Zähne nicht gegeneinandergeschlagen und ganz bestimmt hätte ich kein Blut geschmeckt, wenn ich mich nur besser unter Kontrolle gehabt und abgewartet hätte.
    Aber ich war nun mal, wie ich war. Joy, eine Rebellin. Und er wollte doch Joy, oder nicht?
    Wir ließen voneinander ab, als hätte uns unsere Reaktion entsetzt, aber wir blieben dicht aneinandergedrückt stehen und sahen uns an. Mein Herz raste. Auf meiner Zunge lag sein Geschmack und meine Lippen brannten und pochten wie nach einem Schlag auf den Mund. Alles in mir verlangte nach mehr. Ich wusste, dass ich mich zurückziehen sollte, doch ich war zu schwach. Der Geruch seiner Haut und die Kühle seines Atems in meinem Gesicht überwältigten mich. Ich kam nicht von ihm los, wenn er mich so sanft hielt.
    Neéls Lider sahen aus, als fiele es ihm unsagbar schwer, die Augen offen zu halten. »Ich mag deine Interpretation von Fairness«, flüsterte er.
    »Ich wollte doch nur sicher sein«, antwortete ich an seinen Lippen. Amber hatte recht gehabt, Sicherheit war eine Illusion.
    Neél war echt. Nichts an ihm war wirklich weich, nicht einmal seine Lippen und erst recht nicht seine rauen Hände, und trotzdem gelang es ihm, mich mit überwältigender Zärtlichkeit zu küssen. Wie machte er das bloß, dass meine Beine so schwer und weich wurden und ich mich ganz nah an seine Brust lehnen musste, um nicht umzufallen? Hitze lief mir in kleinen Schauerwellen durch den Körper. Ich fühlte mich wie im letzten Jahr, als der Blitz ganz in meiner Nähe eingeschlagen hatte und ich die Energie über meine Haut flüstern sah. Unablässig bewegte ich meine Hände, weil ich nicht wusste, wohin ich sie legen sollte. Wenn ich seine Wange berührte, wurden seine Küsse zarter. Grub ich die Finger in seinen Rücken, zischte sein Atem. Spürte ich über seine harte Brustmuskulatur, um seinen Herzschlag zu finden, stöhnte er leise. Er küsste mich tiefer, seine Zunge ertastete meine und aus der Wärme in meinem Inneren wurde ein heißes Vibrieren. Es war, als zitterte meine Haut von innen vor Verlangen nach noch mehr Nähe. Ich bekam kaum noch Luft. Vor meinen geschlossenen Augen wanden sich weiße und rote Lichtspiralen.
    Erst als er von mir abließ, mir mit dem Daumen über die Wangen strich und »Ist gut, ist gut« murmelte, begriff ich, dass ich weinte.
    »Es ist nichts«, schluchzte ich. Wie albern das war, denn wenn das eben nichts gewesen war, dann war

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