dark canopy
jubilieren - gerettet! -, doch dann sah ich sie: Es waren drei Varlets, etwa so alt wie Neél, wenn ich die Länge ihrer Haare richtig einschätzte. Sie trugen bloß Hosen, weder Hemden noch Schuhe. Einem von ihnen hingen die Haare offen ins Gesicht. Ich starrte ihn an. Ich hatte nie zuvor einen Percent gesehen, der das Haar nicht streng zurückgebunden trug. Alle drei musterten mich erst erstaunt, dann sahen sie sich an und ihre Blicke kehrten von einer unangenehmen Freude erfüllt zu mir zurück.
So viel zu meinem Glück. Mit einem etwas schwärzeren Humor hätte man darüber lachen können.
»Was hast du da, Mann?«, fragte einer der drei und schob sich an Neél vorbei, bis er direkt vor mir stand. Ich versuchte, den Augenkontakt ebenso zu erwidern, wie ich es zuvor geschafft hatte, aber meine Kraft war am Ende. Mein Blick ging zu Boden, als wäre er zu schwer geworden. Meine Zehen krampften gegen die Fliesen.
Der Varlet hob meinen Kopf an. »Hübsch«, raunte er und rieb mit dem Daumen über die Narbe an meinem Kinn, als wollte er sie wegwischen. Ich presste die Lippen zusammen.
»Sie gehört mir.« Neél versuchte eindeutig, Clouds herrschaftliche Souveränität zu imitieren. Es misslang kläglich, der andere Varlet grinste nur.
Sollte ich mich geschmeichelt fühlen, weil Neél meinen Körper zumindest nicht teilen wollte? Es konnte mir egal sein, sie ignorierten ihn ohnehin.
»Ich meine es ernst, Giran«, beharrte er.
»Sagst es sonst Cloud, he?«, fragte einer und postierte sich an der Tür. »Dass wir dir dein Spielzeug weggenommen haben?«
»Ihr habt nicht das Recht -«
»Warum nicht?« Der Varlet, der vor mir stand, presste mir die Hand um die Kehle und zog meinen Kopf zu sich hoch. Er zog den Atem durch die Zähne ein, leckte sich danach über die Lippen, als hätte er meinen Geruch wie einen Geschmack im Mund. Er sah an mir herab, seine Augen wurden schmal, als er mein blutendes Knie entdeckte. »Mädchen sind Allgemeingut, solange niemand öffentlich Anspruch auf sie erhebt«, hauchte er mir ins Gesicht.
Seine Worte waren Prügel in meine Magengrube. Allgemeingut? Liza, Amber ... und ich?
»Das gilt auch für dich, Neél«, meinte einer der beiden Varlets, die im Hintergrund blieben. »Brauchst nicht glauben, für dich würden andere Regeln gelten, nur weil du dich für was Besseres hältst.«
»Oder hast du Anspruch auf das Mädchen erhoben?«, mischte sich der mit den offenen Haaren ein. »Hast du, Neél? Ich glaub nämlich, du hast nicht.«
»Sie ist kein Mädchen«, erwiderte Neél und ich glaubte, einen niedergeschlagenen Unterton wahrzunehmen. »Sie ist Soldat. Mein Soldat.«
Einen Moment war es ganz still. Dann ließ der Varlet mich los und entfernte sich von mir. Er warf Neél skeptische Blicke zu.
Der zuckte mit den Schultern und sagte: »Ich habe es mir nicht ausgesucht.« Daraufhin begannen alle drei zu lachen. Neéls Haut wurde an Ohren, Schläfen und Wangen dunkler. Wenn es nicht so albern klänge, hätte ich gesagt, dass er rot wurde. Aber Percents konnten nicht erröten. Sie kannten keine Scham. Spotten konnten sie trotzdem erstaunlich gut.
»Soldat, ja?« Der Varlet mit den offenen Haaren wollte sich schier ausschütten. »Dann sehen wir uns ja bald, Soldat! Ich halte meine Augen nach dir offen.«
»Glückwunsch, Neél, einen guten Soldaten hast du da«, höhnte einer der beiden anderen und begann, sich vor meinen Augen auszuziehen. Ich heftete meinen Blick auf die Kacheln, als würde ich ihn nie wieder davon lösen können. Er beachtete mich nicht weiter.
Was immer es bedeutete, ein Soldat zu sein, es rettete meine Haut. Zumindest für diesen Moment.
Neél gab mir ein Zeichen und diesmal folgte ich ihm sofort. Als ich an den beiden Varlets vorbeimusste, stierten sie unverwandt auf die Stellen, die mein Stofffetzen nicht ausreichend bedeckte.
»Süßer Soldat«, kommentierte der erste und der zweite sagte: »Hoffentlich erweist der Soldat sich als gehorsam.«
Sie gafften und der mit den offenen Haaren lutschte sich vulgär über die Lippen. Aber sie fassten mich nicht an.
Ich war ein Soldat.
• • •
»Was bedeutet das alles?«, fragte ich, nachdem ich ihm schweigend durch ein paar Flure gefolgt war. Seine Schultern hingen etwas herab, zumindest drängte sich mir der Eindruck auf, dass er weniger aufrecht ging als vorher. Meine Füße waren sicher schon wieder schwarz vom Dreck am Boden.
»Stellst du immer so viele Fragen?«
Nein, normalerweise nicht. Aber
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