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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Cloud behauptet hatte, mit mir keine Chance zu haben.
    »Brad ist Girans Soldat«, sagte Neél. »Hast du das gewusst?«
    Ich schüttelte den Kopf und drehte mich zu ihm um, er lag auf die Ellbogen gelehnt auf seinem Bett. »Hast du mich deshalb in den Hof abkommandiert?«
    »Unter anderem«, sagte er und ich verstand. Brad redete gern. Die anderen Varlets glaubten, ich hätte eine Chance, und Neél wollte sie in diesem Glauben lassen. Vor allem Giran, den er so hasste. Also hielt er mich von den Soldaten fern, damit sie möglichst wenig über die wahre Joy erfuhren und nichts weitererzählen konnten. Ich ärgerte mich nur ein wenig über die Situation. Es fühlte sich seltsam an, niemandem vertrauen zu können, weil ich für sie alle ein Konkurrent war, den es auszuspionieren galt. Auf nie gekannte Art fühlte ich mich dadurch stärker. Ich würde sie nicht enttäuschen ...
    »Was kosten deine Gedanken?«, murmelte Neél. Ich stutzte. Wie kam er auf solche altmodischen Ausdrücke? Ich kannte den Satz von Penny, er kam in diesem Buch vor, das sie ständig mit sich herumtrug.
    »Ich dachte gerade, dass sie sich viel von mir erwarten. Und ich plane, diese Erwartungen zu erfüllen.« Ich lehnte mich an die Wand und ließ meine Fingerknöchel knacken.
    Er fand meine Aussage wohl witzig, denn er grinste spöttisch. »Das soll mir recht sein.« Für einen Moment schwieg er, ich hielt unser kurzes Gespräch schon für beendet und setzte mich auf meine Pritsche, um die klammen Schuhe auszuziehen.
    Da sah er, völlig ernst, zu mir rüber und fragte: »Wo hast du den Pass versteckt?«
    Mir stockte der Atem. Natürlich - mein gefundenes Dokument war ein Pass! Der alte Laurencio hatte uns in den Geschichtsstunden erzählt, dass früher jeder Mensch einen gehabt hatte. Warum war ich nicht selbst darauf gekommen? Noch viel entscheidender war die Frage: Woher wusste Neél davon?
    »Wovon sprichst du?«, gab ich zurück, aber mein gereizter Ton verriet mich.
    »Wenn du lügen musst, dann lüg besser. Wo ist er? Hast du ihn in deine Unterhose gesteckt. Oder gar -«
    »Er ist in meiner Socke!«, rief ich, ehe er irgendwelche vulgäre Dinge von sich geben konnte. »Während der Kontrolle stand ich mit dem Fuß drauf.«
    Er nickte, offenbar war er zufrieden.
    »Woher weißt du von dem Pass?«
    Nun grinste er. »Ich habe ihn selbst in den Hof geworfen.«
    »Du hast ...« Mir schossen heißes Blut und Zorn in die Stirn. Meine Finger zuckten, ich wurde mir plötzlich des Strickes gewahr, der mir immer noch das Blut abschnürte. »Du hast das alles inszeniert?«
    »So ist es«, gab er selbstgefällig zurück. »Mein Fehler war, zu vergessen, dass du den Ärger anziehst wie ein verwesender Hund die Fliegen.«
    Einen Moment lang starrte ich ihn an, ohne etwas zu sehen. Ich fummelte an dem Lederstrick, während sich in meinem Kopf Knoten lösten. Er hatte das inszeniert, um den Diebstahl zu melden und mich zu demütigen.
    Und dann geschah es.
    Es war eine dieser Kurzschlusshandlungen, für die ich mich im Nachhinein immer selbst ohrfeigen will. Aufhalten konnte ich mich nicht.
    Die Wut riss die Kontrolle an sich, schoss meinen Körper ab wie ein Katapult einen Stein. Ich sprang auf, war im nächsten Augenblick hinter Neél und zog das Lederseil um seine Kehle straff. Im Reflex griff er nach dem Seil, was mein Vorteil war, denn es klemmte seine Finger ein und seine Hände klebten nutzlos an seinem Hals. Er wand sich, zappelte und schlug mit dem Kopf um sich. Es nützte ihm rein gar nichts. Ich kniete auf seiner Liege hinter ihm und presste seinen Hinterkopf gegen meine Brust. Er konnte mir nicht gefährlich werden. Nun nicht mehr.
    »So, Arschloch«, hauchte ich ihm ins Ohr. »Zeit, dass wir uns kennenlernen!«

19
    falsch bleibt falsch.
    Sein Puls ließ das Seil vibrieren. Ich zog es zu und wickelte das eine Ende mehrmals um meinen Unterarm, sodass ich es nicht mehr festhalten musste. Das andere Ende war immer noch mit einer unlösbaren Schlinge um mein rechtes Handgelenk gewunden. Er selbst hatte sie zugezogen.
    »Hör auf!«, keuchte er und trat ebenso wütend wie hilflos mit den Beinen.
    »Ich denke nicht daran.«
    »Du ... bringst mich um!«
    »Gute Idee.«
    Die Adern an seinen Schläfen schwollen an. Die Zunge hing ihm zwischen den Zähnen und seine Haut wurde erst rot und bekam dann einen interessanten Blaustich. Seine Bewegungen wurden hastiger und kürzer. Ich spürte sein Herz poltern. Oh ja. Jetzt bekommt er Angst.
    »Muss dir ...

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