Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
sich noch ein paar Pillen aufgehoben, traute sich aber nicht, sie zu nehmen. Die andern würden Verdacht schöpfen, wenn er plötzlich wieder high wäre. Sie durften auf keinen Fall herausfinden, dass er sie bestohlen und mit der Goldmünze Drogen gekauft hatte. Es genügte, dass Ephrion Bescheid wusste, wie auch immer er dahintergekommen war.
Joash, reiß dich gefälligst zusammen, sagte er sich, während er gegen die höllischen Schmerzen und seine genauso mörderischen Schuldgefühle ankämpfte, du hast schon andere Dinge durchgestanden. Bleib einfach cool. Ephrion wird dichthalten. Niemand wird je erfahren, was geschehen ist. Und die Schmerzen werden auch wieder vergehen. Ist bloß eine Frage der Zeit. Sei kein Weichei! Du schaffst das schon. Du bist stark, Joash. Du bist unbesiegbar.
Er sah, wie Ephrion ihn die ganze Zeit stirnrunzelnd betrachtete.
«Was starrst du so?», fauchte er den dicken Jungen an.
Ephrion eierte herum, und suchte offensichtlich nach den richtigen Worten. «Ich … ich wollte dir nur sagen …», stammelte er etwas verlegen. «Es ist nur so … je länger du wartest …»
«Kümmere dich gefälligst um deine eigenen Angelegenheiten!», knurrte Joash wie ein aggressiver Löwe und warf ihm einen unmissverständlich düsteren Blick zu. «Ich will nichts mehr davon hören. Haben wir uns verstanden?»
Ephrion nickte brav. Er verstand zwar nicht, warum sich Joash so sehr dagegen sträubte, Hilfe anzunehmen. Aber sein Blick war mehr als eindeutig gewesen, und wenn Ephrion an seine unbändige Kraft dachte, wollte er es lieber nicht darauf ankommen lassen. Zudem hatte er im Moment genug mit sich selbst zu tun. Heftige Schmerzen durchzuckten seine Beine, die Kopfschmerzen nahmen zu, und auch die Hustenanfälle hatten sich in den letzten Stunden gehäuft.
Ephrion machte sich nichts vor. Er wusste, woher das alles kam. Er hatte den Verdacht schon länger, aber bis zum heutigen Morgen war er sich nicht sicher gewesen. Doch nachdem er Mona geheilt und seither dieselben Symptome ihres Leidens hatte, gab es keinen Zweifel mehr: Er hatte die Krankheit auf sich selbst genommen. All die Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten, von denen er Menschen heilte, legten sich auf ihn. Der Preis für ihre Gesundheit war sein Leiden. Davon hatte Mutter nichts erwähnt, als sie bei ihrer ersten Zusammenkunft sagte, er hätte eine kostbare Gabe, und es wäre Zeit, sie einzusetzen. Warum hat sie es verschwiegen?, überlegte Ephrion, während er seine Beine massierte. Und wie er darüber nachgrübelte, kam ihm plötzlich ein ganz neuer Gedanke, ein Gedanke, der ihn erschreckte. Mit einem Schlag wurde ihm klar, dass er eine Entscheidung treffen musste …
Sie waren schon mindestens eine weitere Stunde durch die Ewigen Sümpfe gefahren, als Nayati plötzlich den Kopf hob und in der Luft herumschnupperte.
«Riecht ihr das auch?», fragte Aliyah.
«Riecht irgendwie nach Schwefel», sagte Miro und hörte auf zu paddeln.
Auch Sihana zog das Paddel ins Boot und sah sich ängstlich um. «Glaubt ihr, es ist Eldora?», flüsterte sie.
«Wenn sie es ist, dann seht ihr auf keinen Fall in die Augen», sagte Aliyah und drückte Nayati fest an sich.
«Wieso nicht?», wollte Sihana wissen.
«Mutter hat es gesagt», antwortete ihr Aliyah. «Sie sagte, es könnte unsern Tod bedeuten.»
«Hier könnte so ziemlich alles unsern Tod bedeuten», warf Ephrion ein.
«Und was machen wir jetzt?», fragte Sihana.
«Wir warten», bestimmte Aliyah mit erstaunlich fester Stimme. «Ich hab das Gefühl, sie ist ganz in der Nähe.»
«Oje», murmelte Ephrion und knetete nervös seine Finger. «Ich halt das nicht aus. Oje, oje.»
Sihana drehte sich auf der Sitzbank um und biss sich auf die Lippen. «Und das Rätsel? Hast du das Rätsel gelöst, Aliyah?»
Aliyah schüttelte den Kopf. «Tut mir leid. Ich komm einfach nicht dahinter. Du, Miro?»
«Bis jetzt nicht», gestand er. «Das, was sie begehrten, wurd ihnen zum Sarg, obwohl das Begehrte den Sieg in sich barg. Ich vermute, das ist nichts weiter als ein Wortspiel und heißt übersetzt: Entweder ihr besiegt die Bestie, oder sie besiegt euch. Aber das wissen wir ja bereits. Das bringt uns auch nicht …»
«Schhh!», zischte Aliyah und schnitt ihm das Wort ab. «Habt ihr das auch gehört?»
«Was denn?», fragte Miro.
«Etwas wie ein Flüstern», sagte Aliyah und lauschte angestrengt.
Die andern taten es ihr gleich. Es war alles ganz still. Nichts war zu hören. Sie suchten mit den
Weitere Kostenlose Bücher