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Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)

Titel: Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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hier und jetzt ein Ende. Vater und Tochter, für immer vereint. All das will ich dir geben, wenn du nur aus dem Boot steigst und zu mir kommst.»
    Sihana glaubte, es würde sie zerreißen vor Sehnsucht. «Vater», hauchte sie und streckte ihre Hand nach Eldora aus. «Bringt mich zu ihm! Ich komme!»

39
    Die Herrscherin der Sümpfe hatte die Jugendlichen mit ihren Augen eisern festgenagelt und beschwor Sihana, Miro, Joash und Ephrion immer und immer wieder mit denselben Worten, die sich langsam von einem Flüstern in ein zischendes Fauchen verwandelten.
    «Onássam kitaura onéssam melóhim! Aláium nusséli atayuri ohlém! Monáhim betrúle onéiam assah! Sota’ham endémi yokitu belàm!»
    Ihre Worte waren so süß wie Honig und gleichzeitig so schmerzhaft wie Peitschenhiebe. Nur Aliyah wusste, was Eldora wirklich sagte, und ihre krächzende Stimme ging ihr durch Mark und Bein.
    «Das Buch gehört mir!», zischte Eldora. «Ihr werdet es mir nicht wegnehmen. Steigt aus dem Boot und kommt zu mir! Euer Blut wird fließen. Ihr müsst sterben.»
    Aliyah rüttelte Ephrion, um ihn aus dieser gefährlichen Hypnose aufzuwecken. Aber er reagierte nicht auf sie. Aliyah wurde klar, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb.
    Das Rätsel!, schoss es ihr durch den Kopf. Ich muss das Rätsel lösen! Sie rief sich Hubertus’ Worte in Erinnerung und suchte verbissen nach irgendeinem Hinweis, irgendeinem versteckten Fingerzeig, wie sie diese Bestie besiegen könnte. Wertvolle Sekunden verstrichen, Sekunden, die Leben kosten würden, wenn es ihr nicht gelang, das Wortspiel zu knacken.
    «Eldora ist hungrig und gierig nach Blut,
    wollt ihr sie besiegen, so seid auf der Hut.
    Getarnt als die kostbarsten Steine der Welt,
    betörten die Augen schon manch einen Held.
    Das, was sie begehrten, wurd ihnen zum Sarg,
    obwohl das Begehrte den Sieg in sich barg.
    Doch wer es versteht, ihre Waffe zu drehn,
    nur der kann dem Kreislauf des Todes entgehn.
    Und sieht sie dem tödlichsten Feind ins Gesicht,
    zerfällt ihre Macht, und der Zauber zerbricht.
    Drum lasst euch nicht blenden, sonst trifft euch der Fluch,
    auf ewig verloren ist dann auch – das Buch.»
    Bei Shaíria, dachte Aliyah. Wer ist ihr tödlichster Feind? Denk nach, Aliyah! Denk nach!
    «Ich komme», raunte Miro wie in Trance. «Ich komme.»
    Aliyah hörte jeden von ihnen dasselbe sagen. Jeden Moment würden sie aus dem Boot steigen. Jeden Moment konnte es zu spät sein, und ihre Freunde würden bei lebendigem Leibe von blutrünstigen Werfischen zerfleischt werden.
    «Nein!», schrie Aliyah verzweifelt. «Ihr hättet ihr nicht in die Augen sehen sollen! Ihr dürft nicht auf sie hören! Sie lockt euch in den Tod!»
    Schon begann das Boot gefährlich zu schaukeln. Eldora hatte sie beinahe so weit.
    «Onássam kitaura onéssam melóhim!», schnarrte sie, und ihre Stimme schwoll zu einem Rauschen an. «Sota’ham endémi yokitu belàm! Sota’ham endémi yokitu belàm!»
    Wortfetzen rasten durch Aliyahs Gedanken. Die kostbarsten Steine – das Begehrte – Kreislauf des Todes – tödlichster Feind – Zauber zerbricht. Bei Shaíria, mir bleibt keine Zeit mehr Warum haben sie bloß nicht auf Mutter gehört? Warum mussten sie ihr in die Augen …
    Auf einmal wurde ihr jäh alles klar. «Ihre Augen!», rief sie mit vibrierender Hoffnung. «Das Begehrte sind ihre Augen! Ihr tödlichster Feind ist sie selbst!» Sie dachte fieberhaft nach. «Ich muss sie dazu bringen, sich selbst anzusehen», murmelte sie und trommelte sich hektisch mit den Fingern auf den Oberschenkel. «Wie mach ich das bloß? Wie … ich brauche einen Spiegel! Nayati, wir brauchen einen Spiegel!»
    Der Wolf bellte zweimal kräftig, als hätte er verstanden.
    «Wo krieg ich jetzt bloß einen Spiegel her? Nayati, was machst du? Nayati?»
    Der Wolf setzte neben Aliyah über die Sitzbank hinweg, sprang an Sihana hoch und zog ihre Tasche zu sich heran. Dann klappte er sie auf, stöberte mit der Schnauze darin herum und schnappte sich einen flachen, ovalen Gegenstand.
    «Nayati?!», rief Aliyah und tastete beunruhigt nach ihm, während das Boot immer mehr zu schaukeln begann. In perfekter Synchronizität erhoben sich Sihana, Miro, Joash und Ephrion von ihren Sitzen, Eldora zugewandt, die rauschend näher kam und nur noch eine gute Armspanne von ihnen entfernt war. Der Wind wirbelte ihr goldenes Haar herum und zerrte immer heftiger an ihrem Kleid. Ihre Diamantenaugen blitzten in der Dunkelheit. Auch wenn Aliyah sie nicht sehen

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