Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
hielt es nicht mehr aus … ich habe euch alle … enttäuscht …»
«Du hast uns nicht enttäuscht», sagte Miro, und auch er kämpfte gegen seine Gefühle an. Joash sah ihm direkt in die Augen.
«Du hattest Recht», wisperte er. «Ich bin … ein Junkie …»
«Bist du nicht», sagte Miro und schluckte den Kloß hinunter, der sich in seinem Hals gebildet hatte. «Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Du bist kein Junkie, Joash. Und ich werde stinksauer sein, wenn du nicht wieder gesund wirst, hörst du?»
«Ich schaff es nicht», hauchte Joash, und über seine Wangen rollten auf einmal Tränen. «Ich wollte … das alles nicht … ich hab so vieles … falsch gemacht … wenn ich es nur wieder … gutmachen könnte …»
«Es wird alles gut werden», kam die monoton singende Stimme aus dem Schaukelstuhl. «Glaubt mir, Joash, es wird alles gut werden.»
«Nein», flüsterte Joash gequält. Mit glänzenden Augen sah er Aliyah, Ephrion und Miro an. Seine zitternden Hände griffen nach Ephrions Schulter. Er versuchte sich aufzurichten, aber er hatte keine Kraft dafür. Er atmete schwer. «Ich habe … gestohlen … meine … Freunde betrogen … ich habe einen Menschen … umgebracht … ich habe … Blut an meinen Händen …»
«Was Ihr getan habt, war falsch», sagte Andora, und zum ersten Mal an diesem Abend hörte sie auf zu schaukeln. «Aber ich glaube, Euch ist vergeben. Niemand von uns ist ohne Schuld. Keiner von uns ist perfekt, und das werden wir auch nie sein. Euer Gewissen klagt Euch an, Joash. Aber ich versichere Euch: Das Blut an Euren Händen wurde weggewaschen. Konónje salach elóhi. Euch ist vergeben.»
«Aber ich habe …», flüsterte Joash. Seine Hand rutschte schlaff von Ephrions Schulter.
«Es wird alles gut werden», sang Andora und begann wieder zu schaukeln. «Entspannt Euch, Joash. Es wird alles gut werden. Konónje salach elóhi. Konónje salach elóhi.»
Es klang wie ein uraltes Schlaflied, und plötzlich entkrampfte sich Joashs Körper, und er sank auf sein Lager zurück. Er schloss die Augen und atmete tief durch.
«Habt Vertrauen», sagte Andora. «Morgen sieht alles anders aus. Und jetzt legt Euch schlafen. Es war ein anstrengender Tag.»
Sihana erhob sich und holte die restlichen Decken und Kissen aus dem Schrank. Sie verteilte sie unter den Jugendlichen, und die Freunde richteten sich ihr Nachtlager ein. Joash war in einen unruhigen Schlaf gefallen.
«Vielleicht sollte jemand von uns Wache halten», schlug Aliyah vor.
«Das braucht ihr nicht. Seid unbesorgt. Ich werde über ihm wachen», versprach Andora.
«Und wenn er die Nacht nicht überlebt?», sprach Miro den unerträglichen Gedanken aus, der quälend auf ihnen allen lastete.
«Er wird nicht sterben», versicherte ihm Andora, und eine tiefe Gewissheit lag in ihrer Stimme. «Legt euch schlafen. Euer Freund ist in guten Händen.»
«Danke», murmelte Aliyah erleichtert und machte es sich auf dem Boden bequem. Erst jetzt merkte sie, wie müde sie war. Auch den andern wurden die Augenlider schwer, als sie sich in die Wolldecken kuschelten. Ephrion nahm das nasse Tuch und kühlte damit ein letztes Mal Joashs Stirn.
«Bleib bei uns», flüsterte er ihm zu. Dann legte er sich zwei Schritte von ihm entfernt auf den Boden und rollte sich unter der Wolldecke zusammen. Wenige Minuten später schlief er ein. Nur Andora blieb in ihrem Schaukelstuhl sitzen, schaukelte seufzend hin und her und starrte durch das offene Fenster in die Finsternis hinaus.
45
Katara saß auf einem Felsbrocken und blickte gedankenversunken über das schwarze Wasser. Goran hatte angeordnet, das Nachtlager unmittelbar am Ufer der Ewigen Sümpfe aufzuschlagen. Morgen würden sie nach Norden reiten und sich in Mörthal einquartieren, um dort auf weitere Anweisungen zu warten. Solange die Jugendlichen in den Sümpfen waren, hatte es keinen Sinn, sie zu verfolgen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als abzuwarten.
Es knackte hinter ihr, und Katara wirbelte herum. Ein Mann mit einer Veolicht-Laterne kam auf sie zu.
«Vater?»
«Du bist noch wach?» Ihr Vater gesellte sich zu ihr, stellte die Laterne auf den Felsen und setzte sich neben seine Tochter. «Du solltest dich schlafen legen.»
«Ich bin nicht müde.»
«Was bedrückt dich, meine kleine Feuerblume?»
Katara seufzte. «Nichts», log sie.
«Ich bin dein Vater. Du kannst mir alles sagen.»
Katara schüttelte den Kopf. «Nein, Vater. Kann ich nicht.»
Sie schwiegen eine Weile. Es war
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