Dark City 2 (Die Tränen des Lichts) (German Edition)
nichts gesagt?», fragte Miro Ephrion in vorwurfsvollem Ton.
«Ich …», stammelte Ephrion verlegen. «Davon hab ich nichts gewusst. Ehrlich nicht. Ich wusste, dass er Schmerzen hatte, ich hab sie gesehen. Aber nicht so …»
Fassungslos starrten die Jugendlichen auf Joashs zerschundenen Oberkörper. Sein Brustkorb war dunkelviolett, teilweise sogar schwarz verfärbt.
«Wie schlimm ist es?», erkundigte sich Aliyah leise.
«Sein ganzer Brustkorb ist zertrümmert», eröffnete ihr Miro unverblümt. «Sieht nicht gut aus. Sieht gar nicht gut aus!»
«Aber er kommt doch durch, oder?», fragte Aliyah mit einem leichten Zittern in ihrem feinen Stimmchen.
Keiner antwortete ihr. Stattdessen tauschten Miro, Ephrion und Sihana besorgte Blicke.
«Warum sagt ihr nichts?», flüsterte Aliyah. «Er kommt doch durch?»
Die Frage blieb erneut unbeantwortet. Eine lähmende Furcht machte sich unter den Jugendlichen breit. Je länger sie schwiegen, desto erdrückender wurde die Atmosphäre in der Hütte. Eine entsetzliche Vorahnung überfiel sie jäh. Keiner wagte es auszusprechen, und dennoch dachten sie alle dasselbe: Joash würde diese Nacht nicht überleben. Sie versuchten, die Empfindung zu verdrängen, aber sie wurde immer stärker. Sie alle spürten die Gegenwart des Todes im Raum. So etwas hatten sie noch nie zuvor erlebt. Es gab keine logische Erklärung dafür, aber sie alle fühlten es. Joash lag im Sterben. Sein Gesicht war vom Tod gezeichnet.
«Joash?» Ephrion nahm seine Hand. Sie war eisig kalt. «Kannst du mich hören, Joash?» Er tätschelte seine Wange, um ihn aufzuwecken. Joash stöhnte. Sein Körper zuckte eigenartig, und dann schlug er plötzlich die Augen auf. Schwer atmend und mit fiebrigen Augen sah er seine Freunde an.
«Hey Joash», sagte Ephrion leise und lächelte ihn voller Mitgefühl an.
Joash drückte Ephrions Hand und presste die Lippen aufeinander. Er schien unter furchtbaren Schmerzen zu leiden. Er beugte sich vor, würgte und spuckte Blut. Sihana, Miro und Ephrion warfen sich einen sorgenvollen Blick zu. Nayati beobachtete ihn mit wachsamen Augen. Joash zitterte. Sein ganzer Körper war angespannt.
«Ich muss euch … etwas sagen», brachte er schließlich unter großer Anstrengung hervor und versuchte sich etwas aufzurichten. Er spuckte erneut Blut.
Sihana drückte ihn sanft auf die Kissen zurück. «Du musst dich ausruhen, Joash», sagte sie. «Versuch etwas zu schlafen.»
«Nein», keuchte er. Seine Worte waren leise und kaum zu verstehen. «Dafür … ist keine Zeit mehr. Ich muss … es jetzt tun, bevor es … zu spät ist.»
«Was redest du da?», sagte Ephrion und wischte sich mit dem Ärmel über die feuchten Augen. «Du wirst durchkommen. Du bist zäh, Joash. Du schaffst das schon.»
«Tu ich nicht», hauchte Joash. Er stöhnte auf, wand sich zuckend hin und her, und seine glasigen Augen wanderten unstet umher, bis sie an dem Schaukelstuhl hängen blieben.
«Es wird alles gut werden, Joash», drang Andoras ruhige Stimme zu ihm, während die Frau langsam hin- und herschaukelte. «Es wird alles gut werden.»
Joash verzog das Gesicht vor Schmerzen. Er ließ Ephrion los, und seine Hände ballten sich zu Fäusten. «Ihr wisst nicht … Ihr wisst nicht, was ich getan hab», stöhnte er unter Aufbringung all seiner Kräfte. «Ich hab einen Mann verletzt … gestern Nacht … ich … ich bin … ausgerastet …»
Die Jugendlichen hörten ihm verwundert zu. Sie waren sich nicht sicher, ob er im Fieberwahn sprach oder ob das, was er sagte, sich tatsächlich zugetragen hatte. Aber offensichtlich wusste die mysteriöse Frau im Schaukelstuhl ebenfalls von dem Vorfall.
«Ich weiß», sagte sie. «Ich weiß, was du getan hast. Es wird alles gut werden.»
«Überall war Blut», stammelte Joash mit röchelnder Stimme. «Ich glaube … ich habe ihn … getötet … er ist … tot … Aliyah …» Seine Augen wanderten zu Aliyah. Er tastete nach ihrem Arm, sah sie an und klammerte sich an sie. «Ich hätte … auf dich hören sollen … deine Vision …»
«Ist schon in Ordnung, Joash», sagte Aliyah. Sie weinte.
«Die Münze», hauchte Joash. Jedes Wort schien eine unendlich große Anstrengung für ihn zu sein. Aber er musste es einfach loswerden. Zu sehr lastete die Schuld seiner Tat auf ihm. Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit, um reinen Tisch zu machen. Er wusste es. Er spürte es. «Ich habe sie … gestohlen … ich habe davon … Drogen gekauft … es tut mir … leid … ich …
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