Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
Nayati und ich zusammengehören?», meinte sie gekränkt. «Ihr habt uns schon in der Grolchenhöhle getrennt. Dabei wäre Nayati doch eine große Hilfe gewesen.»
«Das mag wohl sein», bestätigte Katara ihr Argument, während sie sich die Kutte überstülpte. «Trotzdem bleibt Nayati hier. Keine Widerrede. Ich kenne die Spielregeln. Mit einem Wolf im Schlepptau kommen wir nicht mal bis zur Zugbrücke.»
Aliyah seufzte und kniete sich schweren Herzens vor Nayati hin. Sie streichelte ihm liebevoll über seinen Kopf. «Nayati, es tut mir leid. Du darfst nicht mitkommen.» Der Wolf sah sie verständnisvoll an und leckte ihr übers Gesicht. «Pass gut auf dich auf. Wir sind bald zurück, das verspreche ich dir.»
«Wir müssen los», mahnte sie Katara zur Eile.
Miro sah, wie Ephrion sich noch immer mit dem Eolithengewand abmühte. «Zieh endlich die Kutte an, Dicker!», rief er hektisch. «Das kann doch nicht so schwer sein.»
«Sie ist mindestens zehn Nummern zu groß!», beschwerte sich Ephrion. «Ich sehe darin aus wie ein wandelnder Kartoffelsack.»
«So siehst du doch immer aus», spöttelte Miro. «Jetzt mach endlich!»
Ephrion stellte sich furchtbar ungeschickt an. Er wollte einen Schritt tun, stolperte prompt und fiel der Länge nach hin. Die andern hatten sich bereits etwas entfernt, und nur noch ihre Umrisse waren im Nebel zu sehen.
«Ephrion, warum dauert das denn so lange?», rief ihm Katara ungeduldig zu.
«Tut mir leid», entschuldigte sich Ephrion und schlüpfte wieder aus dem Gewand heraus. «Ich glaube, ich habe es verkehrt rum angezogen!»
«Das ist wieder mal typisch!», schnaubte Miro aufgebracht. «Wegen dir verpassen wir noch den Anschluss, und mein supergenialer Plan fällt ins Wasser.»
«Ich komm gleich. Einen Augenblick noch!» Ephrion tätschelte dem Wolf den Kopf, dann zog er sich das Gewand über und stolperte hinter den anderen her. Die Kutte war ihm viel zu groß, und er musste sie mit beiden Händen hochhalten, um nicht andauernd auf den Saum zu treten. Zudem hing ihm die Kapuze so weit ins Gesicht, dass er Mühe hatte, überhaupt etwas zu sehen. Wenn das nur gutgeht, dachte er.
Mit wehenden Kutten eilten sie der Prozession hinterher. Die Dunkelheit und der starke Nebel machten es relativ einfach, sich den Weisen Drakars unbemerkt anzuschließen. Gerade als sie die Kapelle erreichten, setzte sich der braune Menschenzug summend und singend in Bewegung. Die Teenager hatten die Kapuzen ihrer Gewänder tief in die Stirn gezogen, die Hände über der Brust gefaltet, und wippten im Rhythmus der schweren Schritte ihre Körper leicht vor und zurück, so wie sie es die Eolithen tun sahen. Viel zu langsam für ihren Geschmack wälzte sich die Menschenschlange feierlich die Straße zur Burg hoch. Der süßlich schwere Geruch von Weihrauch hing in der Luft. Ein paar Eolithen schwenkten Glocken, einige trugen Fackeln, um den Weg zu beleuchten, und alle summten denselben monotonen Singsang, der von einem der Eolithen irgendwo aus dem Nebel vorgesungen wurde.
Je näher sie der Burg kamen, desto nervöser wurde Katara. Es war ein seltsames Gefühl, sich wie eine Diebin in ihr eigenes Zuhause einschleichen zu müssen. Wie gerne hätte sie doch alle überholt, um einfach nur heimzulaufen und sich ihrem Vater in die Arme zu werfen. Sie fühlte das Schwert unter ihrer Kutte und erinnerte sich daran, wie sie es unter Lebensgefahr aus der Grolchenhöhle geholt hatte. Doch jetzt erschien ihr das Abenteuer im Atha-Gebirge beinahe belanglos im Vergleich zu der neuen Herausforderung, die ihr bevorstand. Tu ich auch wirklich das Richtige?, dachte sie mit pochendem Herzen. Oder bin ich im Begriff, den größten Fehler meines Lebens zu begehen? Wenn ich bloß wüsste, was ich glauben soll!
Die Straße, die zur Burg hochführte, wand sich in Schlangenlinien den Felsen entlang. Dort, wo der Weg mitten durch den Tuffstein führte, war der Berg durchlöchert wie ein Käse. An manchen Stellen war die Straße mit dicken Stahlseilen an überhängenden Felsen gesichert, an anderen Stellen führte sie über Stahlträger, die waagerecht aus dem Berg ragten. Auf einer Seite schmiegte sie sich an die steile Felswand, auf der anderen ging es Hunderte von Armspannen in die Tiefe. Es gab kein Geländer. Ein falscher Schritt, und man stürzte in den Tod. Die Eolithen hielten sich denn auch möglichst nahe an die Bergwand, und Aliyah, Katara, Ephrion und Miro taten es ihnen gleich.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern,
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