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Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Titel: Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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lasst ihr mich endlich frei? Ich bin unschuldig!»
    Die Soldaten blieben vor seiner Zelle stehen, und im Schein ihrer Fackeln sahen Miro und Ephrion zum ersten Mal, mit wem sie sich die ganze Zeit unterhalten hatten. Mit seinen blonden Filzlocken, die ihm bis zu den Hüften reichten, und den zerrissenen Lumpen, mit denen er bekleidet war, glich er beinahe einem Höhlenmenschen. Er mochte etwa in Miros Alter sein, vielleicht ein wenig älter.
    «Ich bin unschuldig!», verkündete er lautstark. «Ihr habt kein Recht, mich hier festzuhalten.»
    «Ihr seid ein Lump, ein Dieb und ein Lügner», antwortete der eine der Soldaten. «Aber was soll’s. Ihr habt ja schon die Ablösung in Eurer Zelle sitzen, die sicher schon bald dasselbe Unschuldsliedchen pfeifen wird wie Ihr, Dreiundvierzig. Es ist immer dasselbe Spielchen. Hier.» Er fischte eine Kerze aus der Manteltasche, zündete sie an und befestigte sie mit ein paar Wachstropfen auf einem der Gitterstäbe. «In seiner großen Güte gewährt Euch Drakar ein wenig Licht in Euren letzten Stunden, bevor Ihr hingerichtet werdet.»
    «Ich will keine Totenkerze, Mann! Ich will meine Freiheit!»
    «Es ist ein letztes Geschenk des Königs für jeden zum Tode Verurteilten.»
    «Ihr könnt Euer Geschenk wieder mitnehmen», knurrte Joash, löste die Kerze vom Gitter und schleuderte sie in den Gang hinaus. «Richtet Drakar aus, er kann sich die Kerze von mir aus auf seine Stirn kleben. Ich will sie nicht, okay?»
    Der erste Soldat bückte sich, hob die Kerze vom Boden auf, befestigte sie in einem Spalt an der gegenüberliegenden Wand und zündete sie erneut an.
    «Die Kerze ist eine Spezialanfertigung. Sie brennt genau so lange, wie Ihr noch zu leben habt, Dreiundvierzig. Eine Sanduhr aus Wachs sozusagen.»
    «Nehmt sie weg!», grollte Joash. «Ich will nicht daran erinnert werden, wie lange ich noch zu leben hab.»
    Die Soldaten grinsten schadenfroh.
    «Aber das ist doch genau der Punkt», sagte der eine, «Ihr sollt sehen können, wie sich Euer erbärmliches Leben von Minute zu Minute verkürzt. Sieben Stunden sind es bis zu Eurem Tod. Seht Ihr die Rillen hier? Wisst Ihr, was sie bedeuten?»
    Joash hielt sich mit seinen schmutzigen Händen an den Gitterstäben der Zelle fest und sah die Soldaten wütend an.
    «Es ist mir schnurzpiepegal, was sie bedeuten!», schnaubte er. «Ich sagte, ich will die Kerze nicht! Kapiert?»
    Die Soldaten ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie genossen es förmlich, den Gefangenen aufzustacheln.
    «Jede Rille ist exakt eine Stunde», erklärte der größere der beiden Soldaten hingebungsvoll. «Wenn die Kerze bis zur untersten Rille abgebrannt ist, bleibt Euch genau noch eine Stunde bis zu Eurer Hinrichtung. Und wenn der Docht erlischt, dann wisst Ihr, dass der Henker vor der Tür steht.»
    Joash wurde je länger je zorniger. Seine Nasenflügel bebten. Man konnte ihm dabei zusehen, wie die blanke Wut in ihm aufstieg.
    «Ich will die Kerze nicht!», schrie er. «Ich will raus hier! Ich habe nichts getan, was den Tod verdient!»
    «Euch bleiben noch exakt sechs Stunden und neunundfünfzig Minuten», informierte ihn der eine Soldat mit einem Blick auf seine Armbanduhr, und der andere ergänzte im Weggehen voller Genugtuung:
    «Der Countdown läuft, Dreiundvierzig. Viel Spaß beim Runterzählen.»
    Joash ließ einen zornigen Schrei aus seiner Kehle steigen und rüttelte mit seinen Fäusten aufs heftigste am Gitter. Sein langes, zotteliges Haar wirbelte dabei wild hin und her wie die Mähne eines Löwen.
    «Ich werde die dämlichen Rillen nicht zählen!», geiferte er mit blitzenden Augen und spuckte hinter den Soldaten her. «Ich werde nicht sterben! Habt ihr mich gehört, ihr elenden Narbengesichter?! Ich werde nicht sterben! Ihr werdet sterben, wenn ich euch zwischen die Finger kriege, das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist!»
    Er brüllte und tobte, dass es Miro, Aliyah und Ephrion beinahe unheimlich wurde. Dann haute er mehrmals mit bloßer Faust auf die Eisenstangen ein, und bei jedem Schlag bebte der gesamte Käfig, in dem sie gefangen waren. Aus den benachbarten Zellen wurden Stimmen laut.
    «Halt die Klappe!», rief einer.
    «Ruhe!», brüllte ein anderer.
    «So beruhige dich doch», versuchte ihn Aliyah zu besänftigen.
    Joash schäumte vor Zorn. «Mich beruhigen? Drakar provoziert mich mit seiner gerillten Totenkerze, und ich soll mich beruhigen? Ich muss raus hier! Ich brauche Luft! Aaaaah!» Wieder ballte er seine Fäuste und

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