Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
Wachen zu überlisten?», fragte Goran.
«Sie waren … zu viert, Eure Hoheit», stotterte der Soldat, totenbleich im Gesicht.
Drakars Augen sprühten Funken. «Zu viert? Sie hatten einen Verbündeten?»
«Es war ihr Mitgefangener aus Zelle dreiundvierzig», berichtete der Soldat. «Er ist mit ihnen zusammen geflüchtet.»
«Wann ist das geschehen?», erkundigte sich Mangol sachlich.
«Das … das wissen wir nicht», gestand der Soldat mit Schweißperlen auf der Stirn. «Vielleicht vor einer Stunde, vielleicht auch vor zwei. Niemand hat etwas gesehen oder gehört. Erst auf dem letzten Rundgang haben die Wachen die leere Zelle entdeckt.»
«Das darf doch wohl nicht wahr sein», mischte sich Montreal ein. «Hat ihnen jemand einen Schlüssel besorgt?»
«Nein, Sir. Die Tür ihrer Zelle war verschlossen. Aber die Gitterstäbe …» Die Worte blieben ihm im Mund stecken.
«Ja was denn?», fragte Drakar scharf.
«Sie … sie waren auseinandergebogen, Eure Hoheit.»
«Wie bitte?!»
«Jemand hat sie … verbogen.» Der Soldat senkte beschämt den Kopf. Er ahnte, was diese Nachricht beim König auslösen würde.
«Verbogen?», polterte Drakar mit nasser Aussprache. «Wollt Ihr mich zum Narren halten? Wir reden hier vom sichersten Gefängnis in ganz Dark City! Diese Stäbe sind unzerstörbar!»
«Ich … ich weiß, Eure Hoheit», sagte der Soldat in gebückter Haltung. «Dennoch sind die Gefangenen spurlos verschwunden. Wir haben bereits den gesamten Kerker und auch das gesamte Burggelände nach ihnen abgesucht. Erfolglos. Vermutlich haben sie die Kanalisationsröhre als Fluchtweg benutzt. Sie sind weg. Sie … sie sind weg.»
«Hrmpf», knirschte Drakar. Er gab dem Soldaten mit einer flüchtigen Handbewegung zu verstehen, er möge sich zurückziehen. Dann schlug er mehrmals mit der Faust auf den Tisch, um seiner Wut Ausdruck zu verleihen. Keiner wagte es, ihn anzusprechen.
«Ich kriege euch», murmelte er, ohne die sechs Männer am Runden Tisch anzusehen. «Und wenn ich euch quer durch ganz Dark City jagen muss. Ihr entkommt mir nicht!»
56
Durch einen Schacht, der von der Kanalisationsröhre wegführte, gelangten Miro, Aliyah, Ephrion und Joash ins Freie. Sie kletterten aus der Öffnung und sahen sich um. Sie befanden sich auf einer Wiese neben einer fast senkrecht aufsteigenden Felswand. Doch viel mehr war infolge des Nebels und der Dunkelheit nicht zu erkennen.
«Wir haben’s geschafft!», verkündete Ephrion erleichtert.
«Und wir stinken wie die Pest», ergänzte Miro. «Igitt, ist das eklig.»
«Weiß jemand, wo wir sind?», fragte Aliyah.
Joash lachte indessen still vor sich hin, während er einfach nur dastand, mit ausgebreiteten Armen, den Kopf mit seiner gewaltigen Mähne nach hinten gelegt. Dann füllte er seine Lungen mit kühler Nachtluft und stieß einen gewaltigen Schrei aus. «Freiheit!!!»
«Sei doch leise», mahnte ihn Miro, «wer weiß, wo wir hier gelandet sind.»
Der Bursche mit den Filzlocken zwinkerte ihm vergnügt zu. «Immer schön cool bleiben, Hirn. Wenn die bescheuerten Bergkakerlaken hier aufkreuzen, zerquetsche ich sie mit meinen bloßen Pfoten an der Felswand.»
Ephrion starrte Joash fasziniert an. Er hatte noch nie jemanden so reden hören. Er war absolut begeistert von seinem Slang und versuchte, sich das eine oder andere Wort einzuprägen.
«Äh … kurze Zwischenfrage … was genau sind eigentlich Bergkakerlaken?»
Anstatt ihm eine vernünftige Antwort zu geben, lachte Joash nur laut auf.
«Wo sind wir eigentlich?», wiederholte Aliyah.
«Keine Ahnung», sagte Miro und fächerte wie wild mit der Hand vor seinem Gesicht herum, «ich weiß nur, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie einem so furchtbaren Gestank ausgesetzt war.»
«Dann wart erst mal ab, bis ich einen fahren lass, Hirn», grinste Joash, gepackt von neuer Lebensfreude.
«Warum nennst du mich dauernd Hirn?»
«Bist du doch, Superhirn», entgegnete Joash. «Wo du über die Stärke der Gitterstäbe Bescheid weißt und all so’n Zeug.»
«Mein Name ist Miro», stellte sich Miro vor und hielt sich nun die Nase mit der linken Hand zu, weil er den ekligen Geruch nicht länger ertrug.
«Miro», wiederholte Joash, ließ den Namen auf sich einwirken und kam zu dem Schluss: «Hirn passt besser. Und wie ist dein Name, Puddingdampfer?»
«Meinst du mich?», fragte der Angesprochene. «Ich heiße Ephrion.»
«Ephrion … cooler Name. Und die Kleine?»
«Aliyah», stellte sie sich vor, und obwohl es
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