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Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Titel: Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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drei Gebote Drakars», und jeder Bürger kannte sie auswendig. Sie wurden an den Schulen gelehrt und waren auf den wichtigsten öffentlichen Plätzen in riesige steinerne Tafeln eingraviert, damit niemand eine Entschuldigung hatte, sie nicht zu kennen. Und so stand es geschrieben:
    Die drei Gebote Drakars
    Erstes Gebot
    Alle Bürger von Dark City sind verpflichtet, an Öffentlichen Hexenverbrennungen teilzunehmen. Wer der Hinrichtung fernbleibt, wird mit Auspeitschung bestraft.
    Zweites Gebot
    Alle Bürger von Dark City sind verpflichtet, Licht zu sparen. Wer ohne Genehmigung im Besitz von mehr als sechs Kerzen ist oder unerlaubt Feuer entfacht, wird mit Lichtentzug bestraft.
    Drittes Gebot
    Alle Bürger von Dark City sind verpflichtet, Hexen an den König auszuliefern. Wer einer Hexe Obdach gewährt oder sie in irgendeiner Form unterstützt, wird mit dem Tode bestraft.
    Die Sicherheitsgarde sorgte dafür, dass die drei Gebote Drakars streng befolgt wurden. Sie führten beispielsweise Lichtkontrollen durch und tauchten manchmal mitten in der Nacht auf, um Häuser nach zusätzlichen Kerzen zu durchsuchen. Nur wer eine Genehmigung von höchster Stelle hatte, durfte mehr als sechs Kerzen besitzen. Doch es war äußerst schwierig, eine solche Genehmigung zu erhalten, jedenfalls für die arme Bevölkerungsschicht. Und somit mussten sie mit den sechs Kerzen Vorlieb nehmen, die ihnen Drakars Regierung alle drei Monate gratis zur Verfügung stellte. Natürlich waren sie dankbar dafür, aber im Grunde reichte es nicht für den täglichen Lichtbedarf aus. Vor allem Kinder litten besonders unter dem Lichtmangel. Und es gab immer wieder verzweifelte Eltern, die in ihrer Not auf dem Schwarzmarkt zusätzliche Kerzen kauften, aller Gefahr zum Trotz.
    Der Preis für eine solche Gesetzesübertretung war hoch. Aliyah hatte erlebt, was es bedeutet, mit Lichtentzug bestraft zu werden. Die Sicherheitsgarde hatte kürzlich bei ihren Nachbarn zwei zusätzliche Kerzen entdeckt. Es war eine arme Familie mit fünf Kindern, und ihr verzweifeltes Flehen und Weinen, als Drakars Soldaten ihnen alle acht Kerzen wegnahmen, weckte die gesamte Nachbarschaft auf.
    Lichtentzug war eine schreckliche Sache. Ohne Licht leben zu müssen, kam in manchen Fällen einem Todesurteil gleich. Meistens wurden die Menschen krank, emotionslos, apathisch oder fielen in Depressionen. Einige wurden aggressiv und unberechenbar. Es gab auch welche, die in ihrem Wahn nach Licht alle brennbaren Gegenstände zusammengrapschten, die sie irgend finden konnten, und trotz strengstem Verbot ein Feuer entfachten, manchmal sogar mitten auf der Straße, nur um wenigstens für einen einzigen flüchtigen Moment in den Genuss von Licht zu kommen, selbst wenn sie damit ihr Schicksal besiegelten. Andere drehten früher oder später völlig durch und stürzten sich von einer Brücke.
    Aliyah fürchtete sich vor der Sicherheitsgarde. Natürlich taten sie nichts weiter als ihre Pflicht, wenn sie Kerzen beschlagnahmten, Häuser durchstöberten und mit ihren Veolicht-Stablampen die Stadt absuchten. Aber es war ein unangenehmes Gefühl, ihnen zu nahe zu kommen, selbst wenn man nichts verbrochen hatte. Und jetzt, wo Aliyah das erste Gebot Drakars übertreten hatte und sich außerhalb des Stadions befand, wurde ihr angst und bange.
    Sie hätte umkehren sollen, als sie Zeit dazu hatte. Wie lange würde sie sich vor den Blicken der Sicherheitsgarde verbergen können? Ohne Nayatis Augen hatte sie keine Chance. Und mit Schnalzen könnte sie sich erst recht verraten. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sie den Soldaten geradewegs in die Arme laufen würde. Und dann … ach, daran wollte sie lieber nicht denken.
    Plötzlich hörte sie Stimmen und Schritte, nicht allzu weit entfernt. Die Sicherheitsgarde! Das Geräusch ihrer Kampfstiefel hätte Aliyah aus tausend anderen Schrittgeräuschen herausgehört. Instinktiv duckte sie sich. Dann huschte sie über die Straße und lehnte sich gegen eine Hausmauer. Die Stimmen kamen näher. Ich muss mich irgendwo verstecken, überlegte sie. Aber wo? Der dichte Nebel würde ihr nicht ewig Schutz gewähren, so viel stand fest. Sie musste ein Versteck finden, und zwar schnell. Mit zitternden Händen tastete sich Aliyah an der Mauer entlang, ohne zu wissen, wann die Soldaten sie mit ihren Veolicht-Stablampen erfassen würden. Innerlich sah sie sich bereits in der Arena an einen Pflock gebunden und unter den brutalen Peitschenhieben der Folterknechte aufjaulen.

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