Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
klatschte und pfiff begeistert.
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Als Miro wieder zu sich kam, konnte er sich im ersten Moment nicht daran erinnern, was mit ihm geschehen war. Er fühlte sich, als wäre er gerade aus einer Narkose aufgewacht, und wusste weder, wo er sich befand, noch wie lange er das Bewusstsein verloren hatte. Es kam ihm vor, als hätte er mindestens eine Woche geschlafen. Er wollte sich bewegen und stellte fest, dass er mit Händen und Füßen an einen Stuhl gefesselt war. Ein Knebel steckte in seinem Mund, um ihn am Schreien zu hindern. Panik stieg in ihm auf. Wo bin ich? Was ist passiert?
Er sah sich um und bemerkte drei weitere Jugendliche, die ebenfalls an Stühlen festgebunden waren. Die Stühle standen in einem Halbkreis, und sein Stuhl war links außen. Rechts neben ihm saß ein schwarzhaariges Mädchen in einem kurzen dunkelvioletten Rock und einem silbergrauen, ärmellosen Mantel. In ihr schulterlanges pechschwarzes Haar war ein langes Zöpfchen aus bunten Glasperlen geflochten. Sie wirkte sehr sportlich, und ihre Oberarme waren für ein Mädchen erstaunlich kräftig. Miro schätzte sie auf siebzehn Jahre.
Neben ihr saß ein wohlbeleibter blonder Junge, der sehr verstört dreinblickte und sehr blass im Gesicht war. Er trug Baumwollhosen und eine dunkelblaue Jacke aus Segeltuch, und von seinem Hals baumelte eine Kette aus Stahl. Miro glaubte, der Junge müsste sich jeden Moment in die Hosen machen vor Angst.
Der letzte Teenager neben dem dicken Jungen war ein zierliches kleines Mädchen mit kupferbraunem Haar, das ein elegantes Kleid mit langen weißen Ärmeln trug, die an die Flügel eines Schmetterlings erinnerten. Miro schätzte sie auf sechzehn Jahre, und als sie verwirrt den Kopf in seine Richtung drehte, stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass sie blind war.
Miro hatte die beiden Mädchen und den Jungen noch nie zuvor gesehen und konnte sich keinen Reim darauf machen, warum sie genau wie er mit einem Knebel im Mund an einen Stuhl gefesselt waren. Ihren ängstlichen Blicken nach zu urteilen, ging es ihnen offensichtlich genauso.
Was wird hier gespielt?, dachte Miro. Wer hält uns hier fest?
Sein Blick wanderte durch den Raum, in dem sie gefangen gehalten wurden. Zu seinem Erstaunen befanden sie sich nicht in irgendeinem Keller, sondern in einem einfachen Wohnzimmer. Der schlichte Raum war Wohnstube und Küche in einem. Er war nur mit wenigen Möbeln ausgestattet. Die niedrige Zimmerdecke wurde von dicken Baumstämmen getragen. An einem dieser Querbalken hingen verschiedene getrocknete Gräser und Blumen. Die unebene Wand war weiß getüncht, und an mehreren Haken baumelten Töpfe, Pfannen, Holzkellen und bunte, gehäkelte Topflappen. Ein roter Wecker stand auf dem Küchentisch und tickte laut und penetrant.
Miro zuckte zusammen, als er die Männer entdeckte, die sie bewachten. Er kannte sie. Es waren dieselben Männer, die zu ihm in die Kutsche gestiegen waren und ihn betäubt hatten! Die Erinnerung kehrte zurück, und das schreckliche Erlebnis trieb ihm erneut den Schweiß auf die Stirn. Und noch etwas anderes ließ seinen Puls in die Höhe rasen: Es waren nämlich nicht nur zwei, es waren vier Männer, die links und rechts neben der Eingangstür und auf beiden Seiten einer weiteren Tür positioniert waren, und sie glichen sich alle wie ein Ei dem andern!
Bei Shaíria, das darf doch nicht wahr sein! Was hat das alles zu bedeuten?
Sie mochten um die fünfundzwanzig, höchstens dreißig Jahre alt sein, und der einzige Unterschied zwischen ihnen bestand darin, dass jeder von ihnen einen anderen Silberring trug. Der eine trug einen feinen Lippenring, der zweite hatte einen Augenbrauenring, der dritte einen Ohrring im rechten und der vierte einen Ohrring im linken Ohr. Und einer von ihnen, der mit dem Augenbrauenring, wies eine feine, kaum sichtbare Narbe auf, die sich von seinem rechten Auge bis zum rechten Mundwinkel erstreckte. Aber ansonsten war die Ähnlichkeit der vier Hünen in ihren schwarzen Anzügen verblüffend.
Ihr weißblondes Haar war gelockt und schimmerte wie Seide. Ihre Haut war so weiß und glatt wie die einer Porzellanpuppe. Ihre Augen waren stahlblau und leuchteten wie Saphire. Sie waren groß, schlank und strahlten eine unglaubliche Eleganz und Würde aus. Ihre Gesichter waren von einer solchen Schönheit, ihre Blicke von einer derartigen Intensität, dass Miro es nicht schaffte, sie länger als zwei Sekunden anzusehen.
Wer sind die?, dachte er nur die ganze Zeit. Was wollen die
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