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Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)

Titel: Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damaris Kofmehl , Demetri Betts
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für eine Sprache?», fragte sie.
    «Niemand kennt diese Sprache, niemand kennt ihren Ursprung. Und nur wenige können sie lesen, geschweige denn sprechen», sagte die dicke Alte.
    «Und Ihr? Versteht Ihr, was da geschrieben steht?», wollte Ephrion wissen, ohne seinen Blick von der geheimnisvollen Schrift abzuwenden.
    Die Alte lächelte. «Meine Erkenntnis ist nur bruchstückhaft. Es gibt keinen Propheten, der das gesamte Buch versteht. Jedem ist eine gewisse Einsicht gegeben, dem einen mehr, dem andern weniger.»
    «Lest uns etwas vor!», forderte Aliyah sie auf.
    «Nicht jetzt», winkte die Frau ab. «Die Zeit drängt. Unschuldiges Blut wird fließen, wie es seit tausend und abertausend Jahren vorherbestimmt ist. Die Mauer muss fallen. Die Finsternis muss weichen. Das Ende naht – und damit der Anfang.»

30
    Jetzt hatten ihre Füße Feuer gefangen. Doch kein Schrei drang aus ihrer trockenen Kehle. Mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf blickte Isabella an ihrem gefesselten Körper hinunter auf die hochschlagenden Flammen. Sie spürte, wie die Wärme an ihren Beinen hochkroch, unaufhaltsam, tödlich. Ein Windstoß blies ihr das lange weiße Haar ins Gesicht, und im nächsten Augenblick loderte und qualmte das Feuer noch höher um sie herum. Ihre Haare kräuselten sich und wurden von der bloßen Hitze versengt. Ihr zerfetztes Gewand fing Feuer und fraß sich in ihre Haut. An ihren Füßen bildeten sich Brandblasen. Es roch nach verbranntem Fleisch, und es war ihr eigenes. Der süßliche Geruch war Ekel erregend, der Schmerz unbeschreiblich. Ihre Hände, die hinter dem Holzpfosten zusammengebunden waren, verkrampften sich. Ihr Körper rebellierte. Ihr Mund schäumte. Sie zerrte an den Fesseln, versuchte ihrem furchtbaren Schicksal zu entrinnen.
    «Brenn, Hexe, brenn!», hörte sie die Menschen aus allen Richtungen durch den Nebel schreien. Sie klatschten und johlten wie in fiebrigem Wahn. Sie alle waren gekommen, um ihren qualvollen Tod zu feiern. Sie stöhnte und wünschte, es möge nicht mehr lange dauern. Durch den beißenden Rauch und die immer höher züngelnden Flammen, die sie von allen Seiten einschlossen, sah sie, wie sich ihr jemand näherte. Es war derselbe schwarze Ritter, der unter tosendem Beifall das aufgeschichtete Holz mit einer Fackel in Brand gesteckt hatte. Er saß hoch zu Ross und musterte sie mit sichtlicher Genugtuung.
    «Ihr habt wohl geglaubt, wir würden Euch nie finden. Wie töricht von Euch. Wo sind jetzt Eure Zauberkräfte, Hexe? Wo ist Euer Sieg?» Er lachte.
    Ihr ganzer Körper stand nun in Flammen. Sie hatte sich in eine brennende Feuersäule verwandelt. Die Menge tobte. Die schier unvorstellbaren Qualen drohten ihr den Verstand zu rauben. Ihr Kopf hing schlaff herab und baumelte leicht zur Seite, als sie mit röchelnder Stimme durch die Feuersbrunst flüsterte:
    «Ihr seid es, der mir … der mir zum Sieg verholfen hat.»
    «Welcher Sieg?», spottete der Ritter. «Ihr seid des Todes, Hexe! Es ist aus. Selbst Eure Magie reicht nicht über die Grenzen dieses irdischen Lebens hinaus.»
    «Ihr täuscht Euch», entgegnete Isabella gurgelnd, den Blick gesenkt, «meine Mission … hat soeben begonnen.» Ein verzerrtes Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als ihr Geist ein letztes Mal in ihr aufflackerte. Sie hob langsam den Kopf, wie in Trance. Sie spürte, wie eine Kraft von ihr Besitz ergriff, die nicht die ihre war. Dann riss sie die Augen auf.
    Mit einem Schlag war alle Farbe aus dem Gesicht des Ritters gewichen. Er starrte die Frau entgeistert an, sein Kinn begann zu beben. Er konnte ihrem Blick nicht standhalten. Sein Pferd wieherte laut, bäumte sich auf und warf ihn aus dem Sattel. Die Kraft, die von ihr ausging, war so gewaltig, dass es den schwarzen Ritter regelrecht zu Boden drückte. Schließlich rappelte er sich hoch und stolperte davon wie ein Wahnsinniger.
    Isabella blickte in Richtung Tribüne, fixierte mit ihren Augen Drakar den Zweiten und zwang ihn, sie anzusehen. Sie spürte die Verwirrung, die Panik in Drakars Blick. Sie wusste, dass er den Sieg in ihren Augen sehen konnte. Trotz der Nebelschwaden und des Qualms. Er spürte die Erfüllung der Prophezeiung wie ein Schwert im Nacken und erschauderte. Sein Gesicht war kreideweiß, seine Hände umklammerten die Lehne seines Sessels. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn.
    Es war ein gespenstischer Moment. Ihre Muskeln strafften sich. Sie holte tief Luft und atmete den Geruch von Rauch und geröstetem

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