Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
tausend Jahren von König zu König gereicht wurde. Dieses Buch ist es, das die wahre Geschichte Shaírias in sich birgt. Es ist das einzige, das übrig geblieben ist.»
«Woher habt Ihr es?», erkundigte sich Ephrion, während er sich ein weiteres Schokolade-Zimt-Plätzchen in den Mund stopfte. Die Kekse waren so verflixt gut, dass er gar nicht mehr aufhören konnte zu essen.
«Isabella hat es mir anvertraut, bevor sie zur Bärengrotte aufbrach, um sich ihren Feinden zu stellen.»
Katara zuckte kaum merklich zusammen. Bärengrotte?! Ihr Vater hatte Isabella in der Bärengrotte festgenommen. Er sagte, sie hätten sie in einen Hinterhalt gelockt. Aber woher, um alles in der Welt, wusste diese alte Frau davon? Und was meinte sie mit: «sich ihren Feinden stellen»? Wusste Isabella etwa von dem Hinterhalt? Aber warum war sie dann hingegangen? Das ist Irrsinn . Niemand würde so etwas tun. Niemand.
«Da fehlen aber ganz schön viele Blätter», stellte Ephrion mit vollem Mund fest. «Wo sind die restlichen Seiten?»
«Das Buch wurde in drei Teile zerlegt, um es vor Drakar zu schützen», erklärte die Alte. «Durch seine Teilung verlor es gleichzeitig an Kraft. Nur wenn alle drei Teile wieder vereint sind, kann die Prophezeiung in Erfüllung gehen.»
«Wo sind die anderen Teile?», erkundigte sich Aliyah.
«Das entzieht sich meiner Kenntnis. Aber ihr werdet sie finden. So ist es seit tausend und abertausend Jahren vorherbestimmt. Dazu seid ihr auserwählt worden.»
«Auserwählt?», fragte Katara. «Wir sind auserwählt? Das wird ja immer besser. Sucht Euch jemanden, der naiv genug ist, diesem Unsinn Glauben zu schenken. Ich tue es jedenfalls nicht.»
«Genau», grunzte Miro. «Die Märchenstunde ist vorbei. Wenn Ihr wollt, dass wir Eure Geschichte glauben, müsst Ihr schon mit etwas handfesteren Beweisen anrücken als mit einem verstaubten Buch.»
Das Mütterchen schien nicht sonderlich beeindruckt von ihren Argumenten. Sie nickte Ephrion zu, der schon die ganze Zeit über seinen Blick nicht von dem Buch abwenden konnte. Alte Dinge hatten ihn schon immer fasziniert, und ein tausendjähriges Buch sah man nicht gerade alle Tage.
«Wollt Ihr es aufschlagen?»
Ephrion sah die Alte verblüfft an. Sie schob es ihm zu, und Ephrion leckte hastig an seinen fleischigen Fingern, wischte sie sich an seiner Hose ab, streckte seine Hände nach dem kostbaren Buch aus und schlug vorsichtig den Deckel zurück. Das Buch war so alt, dass er fürchtete, es würde jeden Moment auseinanderbrechen und zu Staub zerfallen. Es roch nach Leder und Stockflecken. Auf der ersten Seite war in Gold, Blau und Silber ein Wappen abgebildet. Es zeigte einen aufrecht stehenden Löwen, seine Pranke ruhte auf einem Schild. Und auf dem Schild waren eine Feder und ein Schwert abgebildet. Und von dem Schild und dem Löwen gingen Strahlen hervor, die sich nach allen Richtungen ausbreiteten.
«Was ist das für ein Wappen?», fragte Ephrion fasziniert.
«Es ist das ursprüngliche Wappen Shaírias», erklärte die Alte.
«Es ist wunderschön», meinte Ephrion.
Miro beugte sich etwas vor und runzelte die Stirn. «Mein Geschichtsprofessor hat mir dieses Wappen einmal gezeigt», murmelte er verwirrt. «Aber er sagte, es gäbe kein Original mehr davon. Es wäre im Lauf der Jahrhunderte verloren gegangen.»
«Nun, das ist es offensichtlich nicht», schmunzelte das Mütterchen. «Und sämtliche Propheten, die der großen Hexenverbrennung entkommen sind, besitzen noch heute einen Originalabdruck davon.»
«Einen Originalabdruck?», stieß Miro verblüfft aus. «Wie meint Ihr das?»
Anstatt ihm eine Antwort zu geben, fasste das Mütterchen ihr widerspenstiges graues Haar mit der rechten Hand, hob es hoch und entblößte ein Brandmal. Es saß in ihrem Nacken und zeigte unverkennbar dasselbe Wappen wie im Buch.
«Beantwortet das Eure Frage, mein Sohn?»
Sie ließ ihr Haar wieder über den Nacken fallen, und das Zeichen verschwand darunter. Miro biss sich verwirrt auf den Lippen herum und grübelte dumpf vor sich hin. Ephrion inspizierte indessen das Buch der Prophetie. Er war so beeindruckt davon, dass er sogar die Schokoladenkekse für einen Moment links liegen ließ. Sorgfältig blätterte er die erste Seite um und blickte wie gebannt auf die verschnörkelte Schrift, die zum Vorschein kam.
Auch Katara wurde neugierig. Sie beugte sich etwas vor und versuchte, die handgeschriebenen Zeichen zu entziffern, was ihr allerdings nicht gelang.
«Was ist das
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