Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
Gefühl, sich endlich entspannen zu dürfen. Ihre Kleider waren zerrissen, blutbeschmiert und feucht. Ihre Füße pulsierten, waren voller schmerzhafter Blasen und fühlten sich schwer wie Blei an. Sie spürten jeden Muskel und konnten sich kaum noch bewegen. Die scharfen Felskanten hatten ihnen beim Klettern die Innenflächen der Hände zerschnitten, und auch an den Armen, Beinen und im Gesicht hatten sie sich einige brennende Schürf- und Schnittwunden zugezogen.
«Ich glaube, es gibt keine Stelle an meinem Körper, die nicht wehtut», jammerte Ephrion.
«Das kannst du laut sagen, Dicker», bestätigte Miro. «Mir tun Muskeln weh, von denen ich nicht einmal gewusst habe, dass sie existieren. Und beim Abstieg hab ich mir auch noch das Knie aufgeschlagen.»
«Zeig mal her», sagte Ephrion.
«Wozu?»
«Damit die Wunde schneller verheilt», erklärte Ephrion mit größter Selbstverständlichkeit. «Du musst morgen fit sein für den Marsch zu Drakars Burg.»
«Schmetterlingsheiler», meinte Miro nur und hielt ihm das Knie hin, damit er es sich ansehen konnte.
Der Reihe nach legte Ephrion Miro, Katara und Aliyah die Hände auf die wunden Körperstellen, und sämtliche Verletzungen wurden innerhalb weniger Minuten geheilt. Hinterher fühlte sich der Junge ziemlich ausgelaugt und musste sich erst einmal gegen einen Felsen lehnen, um wieder zu Kräften zu kommen.
«Darum sagte das Mütterchen, wir könnten es nicht riskieren, dich zu verlieren», meinte Aliyah. «Du bist unglaublich, Ephrion. Danke.»
«Keine Ursache», antworte Ephrion, und auf einmal merkte er, wie hungrig er eigentlich war. «Kurze Frage: Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber was meine Person betrifft, ich habe einen Bärenhunger. Jetzt, wo keine Gefahr mehr droht, könnten wir uns doch einen kleinen Happen gönnen, was meint ihr?»
«Hungrig bin ich auch», sagte Katara, während sie sich auf einen Stein setzte und ihre Tasche von der Schulter nahm. «Dann wollen wir mal sehen, was uns das Mütterchen mitgegeben hat.»
Sie machten es sich auf einigen losen Steinen bequem und legten ihre eingepackten Vorräte in die Mitte auf ein Tuch. Ihr Proviant bestand aus Brotfladen, ein paar Schokolade-Zimt-Keksen und Trockenfleisch. Als Miro und Katara den sichtlich geschrumpften Fleischvorrat sahen, war ihnen sofort klar, wer heimlich daran geknabbert hatte. Ephrion hingegen setzte eine Miene auf, als wäre er sich keiner Schuld bewusst.
«Etwas Trockenfleisch gefällig?» Er gab jedem von ihnen einen großen Streifen Fleisch. Natürlich entgingen ihm die düsteren Blicke nicht, die ihm sowohl Katara als auch Miro zuwarfen, und deshalb fragte er mit Unschuldsmiene: «Was ist? Warum guckt ihr so?»
«Du weißt ganz genau, warum wir so gucken», sagte Miro und steckte sich ein Stück Trockenfleisch in den Mund. «Du konntest es nicht lassen, was, Dicker?»
«Ich verstehe nicht ganz», tat Ephrion, noch immer mit einem Engelsgesicht. «Ihr unterstellt mir doch nicht etwa … Also bitte, so etwas würde ich nie im Leben tun.»
«Natürlich nicht», meinte Katara, während sie jedem ein Stück Fladenbrot reichte. «Ich würde dich jetzt liebend gerne erwürgen, Ephrion, das kannst du mir glauben. Aber da du Miro das Leben gerettet hast, lasse ich Gnade walten.»
Ephrion lächelte erleichtert.
«Ist ja noch genug für alle da», gab er seine Nascherei zu, «ich hatte so einen furchtbaren Hunger, als wir vor der Höhle saßen. Und der Duft war so verlockend. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Übrigens hat Nayati auch davon gegessen.»
Nayati gab einen winselnden Laut von sich und schaute die Teenager mit treuherzigen Augen an, dass es ihnen unmöglich war, wütend auf ihn zu sein.
«Nächstes Mal werde ich mir eine hübsche Strafe für dich ausdenken», drohte Katara. «Ich könnte dich zum Beispiel kopfüber in einen Baum hängen, bis dein Gesicht so rot anläuft wie eine Tomate.»
Ephrion blieb bei der Vorstellung prompt ein Brotkrümel im Hals stecken, und er bekam einen Hustenanfall, dass er auch ohne Kataras Methode rot anlief.
«Wart’s ab, ich kenne noch ganz andere Foltermethoden.»
Ephrion winkte ab und hustete mit tränenden Augen: «Ist schon in Ordnung, ich werde es nicht wieder tun. Ich schwöre es bei jedem Gramm Körpergewicht, das ich mit mir herumschleppe.»
«Das ist aber ein richtig großer Schwur», meinte Miro.
Katara grinste zufrieden. «Von nun an lässt du die Finger von unserem Essen. Es ist für alle da, nicht
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