Dark City - Das Buch der Prophetie (German Edition)
nur für dich. Ist das klar?»
Ephrion nickte folgsam, und als er sich von seinem Anfall erholt hatte, langte er kräftig zu und verschlang gierig und schweigend seine Portion Brot und Trockenfleisch.
In der Zwischenzeit war es dunkel geworden. Obwohl sie ihren ärgsten Hunger gestillt hatten, waren sie alle noch ziemlich erledigt von den Strapazen des Tages. Es hätte noch viel zu bereden gegeben, aber Katara mahnte sie, dass es besser wäre, sich jetzt auszuruhen, damit sie genug Kräfte für die Weiterreise sammeln konnten. Und so suchte sich jeder ein bequemes Plätzchen. Sie rollten sich auf dem blanken Felsboden zusammen und versuchten zu schlafen.
Aus Ephrions Ecke war schon bald ein lautes Schnarchen und Schmatzen zu hören. Auch Katara wurde rasch von einem tiefen Schlaf überwältigt, sie hielt jedoch das flammende Schwert umklammert, um jederzeit gegen wilde Tiere oder sonstige böse Überraschungen gewappnet zu sein. Miro nörgelte leise herum, da er noch nie in seinem Leben die Nacht unter freiem Himmel, geschweige denn auf einem harten Boden und erst recht nicht ohne Daunendecke verbracht hatte. Es zwackte und piekte ihn überall. Immer wieder drehte er sich von der einen auf die andere Seite und klaubte kleine spitze Steinchen aus dem Boden, die ihm in den Bauch stachen. Einmal landete ein Insekt mitten auf seinem Gesicht, ein anderes Mal krabbelte ihm etwas am Bein hoch, und jedes Mal fuchtelte der Junge nervös in der Luft herum und musste sich wieder eine neue Stellung suchen.
Nayati kuschelte sich ganz dicht an Aliyah, und obwohl er ebenfalls die Augen schloss, blieben seine Ohren in Alarmbereitschaft, um die Teenager beim kleinsten Anzeichen einer Gefahr warnen zu können.
Aliyah konnte lange nicht einschlafen. Sie musste an all die merkwürdigen Dinge denken, die in den vergangenen zwölf Stunden geschehen waren. Es war kaum zu glauben, wie wenig Zeit verstrichen war, seit sie auf der Suche nach ihrem Wolf von einem dieser schweigsamen Männer in die Kutsche gezerrt und zum Haus der geheimnisvollen Alten gebracht worden war. Ihr Leben hatte von einem Moment auf den andern eine radikale Wende genommen. Was für ein seltsames Schicksal. Was für eine wundersame Geschichte, in die sie so plötzlich verwickelt war. Was für eine unglaubliche Aufgabe, dem König Shaírias sein Schwert und das letzte Buch der Prophetie zurückzubringen, damit er die Insel endlich von dem Fluch befreien konnte, der seit so vielen Jahren auf ihr lastete.
Aliyah wurde ganz warm ums Herz, als sie darüber nachsann. Wenn Onkel Fingal das wüsste, dachte sie, und eine tiefe Zufriedenheit breitete sich in ihr aus. Ich bin kein blinder, lebensuntauglicher Nichtsnutz mehr. Nein, das bin ich nicht mehr. Und ich werde es nie wieder sein.
«Nie wieder», murmelte sie und spürte, wie ihre Augen schwer wurden. Sie strich Nayati im Halbschlaf über sein dickes, weiches Fell. Dann schlief sie ein.
Während alle andern bereits tief und fest schliefen, war Miro der Einzige, der noch immer wach lag. Er brachte einfach kein Auge zu. Nicht nur machte ihm der harte Untergrund zu schaffen, sondern auch das, was am heutigen Tag mit ihm geschehen war. Er sah sich wieder frisch herausgeputzt in der Luxuskutsche seines Vaters sitzen, mit seinen teuren Klamotten, die schicke Armbanduhr am Handgelenk, eingehüllt in den Duft eines berauschenden Parfüms, das feuerrote Haar aufwendig gestylt. Was für ein krasser Gegensatz zu seiner gegenwärtigen Lage. Noch vor wenigen Stunden war er als Sohn eines einflussreichen Großhändlers mit Privatchauffeur zur Hexenverbrennung kutschiert worden, und jetzt lag er mit zerrissenen Kleidern, nach Schweiß und Urin stinkend, irgendwo im Gebirge, zusammen mit drei Teenagern, die so völlig anders waren als die Jugendlichen aus den Kreisen, in denen er normalerweise verkehrte.
Wenn mich meine Freunde jetzt sehen könnten , dachte Miro, ich glaube, sie würden die Krise kriegen. Und mein Butler würde mich erst mal in ein dampfendes Bad stecken und mich mit Fruchtsäften aufpäppeln. Und mein Vater … Er stutzte. Er war sich nicht sicher, wie sein Vater reagieren würde. Wahrscheinlich wird er mir sagen, er müsse zu einer wichtigen Besprechung und würde sich später mit mir unterhalten. Wahrscheinlich wird er mein Verschwinden nicht einmal bemerkt haben. Er wird denken, ich wäre mit Freunden auf irgendeiner Party gewesen und hätte mich amüsiert. Solange ich rechtzeitig zurück bin, um die Firma
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