Dark Desires - Im Bann der Unsterblichkeit
der Umzug der beiden an die Ostküste hatten Richard den Rest gegeben. Er war zu einem unglaublich teuren Anwalt gegangen, um vor Gericht das Besuchsrecht für seinen Sohn einzuklagen. Oder wenigstens regelmäßige Besuche unter Aufsicht. Der erste Anhörungstermin war für den nächsten Monat anberaumt worden. Peta betrachtete traurig die Bilder. Dann runzelte sie die Stirn. Auf Richards Foto war Nicholas wesentlich jünger gewesen. Sie drehte das Bild um. Kein Datumsstempel. Wie war Richard an diese Aufnahme gekommen? Was wollte er mit den Bildern?
Wie im Fieber blätterte Peta durch den Stapel. Bonnie und Nicholas, auf jeder Aufnahme. Mal im Hintergrund, mal im Vordergrund, mal in Gesellschaft eines bärtigen schwarzhaarigen Mannes. Bonnies zweiter Ehemann? Plötzlich fiel Peta ein rechteckiges Kärtchen in den Schoß, das hinter einem der Fotos geklebt haben musste. Es war die Visitenkarte einer Detektei in Melbourne. Personalüberwachung, Scheidungen, Suche nach vermissten Personen, das volle Programm.
„Was hast du getan?“ Beklommen schaute sie auf die Visitenkarte und danach auf die Bilder. Moment.
Peta zog eines der Bilder hervor. Es zeigte Bonnie und Nicholas Hand in Hand an einer Straßenkreuzung, die überall auf der Welt hätte sein können. Wenn im Hintergrund nicht drei Metallmännchen zu sehen gewesen wären, die mit Aktenkoffern in der Hand hintereinander standen und aussahen, als würden sie auf den Bus warten. Das war in Melbourne! Petas Herz klopfte schneller. Melbournes Innenstadt stand voll mit Kunstobjekten. Es gab einen Bronzehund, Schweine, die auf Bänken saßen und an Mülleimern schnüffelten, vor einem Kaufhaus lag eine riesige Geldbörse auf dem Bürgersteig und es gab die drei dürren, glatzköpfigen, großohrigen Karikaturen von Geschäftsmännern, die auf den Bus warteten.
Plötzlich wurde Peta eiskalt. Wenn Bonnie mit ihrer Familie zurück nach Melbourne gezogen war …
Richard würde alles tun, um Nicholas zurückzubekommen!
Peta sprang auf und die Fotos verteilten sich auf dem Teppich. Sie holte das Telefon und wählte die Nummer, die Martin ihr für Notfälle gegeben hatte. Dort war immer jemand zu erreichen, tagsüber Menschen, nachts die anderen.
Nach dem dritten Klingeln meldete sich eine Frau. Peta nannte ihren Namen und redete los, ohne recht zu wissen, was sie sagen wollte. Oder ob es überhaupt jemanden etwas anging, dass ihr Lebensgefährte seine Ex-Frau überwachen ließ. Ihr Lebensgefährte, der seit Samstag ein Vampir war. Die Frau hörte sich ihr Gestammel an, bat sie, zu warten und legte den Anruf in die Warteschleife. Nach endlosen Minuten nervtötender Fahrstuhlmusik meldete sie eine männliche Stimme und bat sie, alles zu wiederholen. Peta erzählte von den Bildern, der Visitenkarte und ihrer Befürchtung, Richards Ex-Frau könne wieder in Melbourne leben.
„Es war richtig, anzurufen“, sagte der Mann schließlich. Er klang besorgt. Das steigerte ihre Furcht zusätzlich.
„Kennen Sie den Nachnamen der Frau?“
„Ich erinnere mich nicht.“ Falls Richard ihn jemals erwähnt hatte.
„Mädchenname?“
Den Tränen nahe dachte Peta fieberhaft nach. „Tut mir leid.“
„Sie sagten, die Familie lebt an der Ostküste. Könnte Richard die Adresse haben?“
„Vielleicht.“ Aber wo? Sie kam sich dumm und nutzlos vor. Gleichzeitig fühlte sie sich wie eine Verräterin.
„Wir werden jemanden zu dieser Detektei schicken. Falls sich die Familie in Melbourne befindet, schwebt sie in höchster Gefahr.“
„Ich komme mit!“ Petas Tonfall duldete keinerlei Widerspruch.
„Das ist keine gute Idee.“
„Richard würde mich nie verletzen!“, stieß Peta trotzig hervor. Er liebte sie!
„Ihr Richard ist in dem Park gestorben. Sollten Sie ihm jetzt in die Arme laufen, wird er Sie ohne zu zögern töten.“
„Sie haben keine Ahnung, wovon Sie sprechen!“
„Warum haben Sie angerufen, Peta?“, fragte der Mann kalt. „Wenn Ihr Richard angeblich keiner Fliege etwas zuleide tun kann?“
„Ich …“ Sie stockte.
„Weil die Möglichkeit besteht, dass er sie alle töten wird. Den Mann, seine Ex-Frau und seinen kleinen Sohn.“
Peta hielt den Telefonhörer so krampfhaft fest, dass ihre Finger schmerzten. „Ich kenne die Adresse. Ich kann auch alleine dort hinfahren. Oder ich frage meinen Schatten, der mich den ganzen Tag in seinem dunkelgrauen Ford verfolgt“, setzte sie mit ätzendem Tonfall nach. „Der hockt bestimmt unten in seiner Karre,
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