dark destiny
Finsternis schien wie ein Gewicht auf ihm zu lasten und drückte ihn jeden Tag ein wenig mehr in die Knie. Er floh davor, indem er jagen ging, doch auf den mageren Herbst wollte offenbar ein entbehrungsreicher Winter folgen. Oft kam er mit leeren Händen zurück, was ihm schwer zu schaffen machte. Wir würden mehr Essen brauchen. Was wir in unserer Lage dagegen nicht mehr brauchten, waren die beiden Clanpferde, die Josh in einem verfallenen Schuppen versteckt hatte und täglich versorgte. Wir hofften alle, dass die Percents sie nicht fanden. Josh, weil er an den Tieren hing. Wir anderen, weil wir Angst vor dem Hunger hatten.
Neu im Clan war Jake, ein dicklicher junger Mann, fast noch ein Junge, der wie ich das Chivvy überstanden hatte und auf der Flucht Matthial und Josh geradewegs in die Arme gelaufen war. Im Gegensatz zu mir hatte er sich dem Clan aus freiem Willen angeschlossen. Es gab niemanden auf der Welt, zu dem er zurückkehren wollte. Seine Eltern hatten ihn für ein Steinhaus mit einer verschließbaren Tür an die Percents verkauft, ohne ihn auch nur vorzuwarnen. Jakes große Stärke war die Geschwindigkeit, mit der er rannte. Er war schneller als jeder andere von uns, was umso beeindruckender war, da er trotz der miesen Ernährung immer noch recht pummelig war.
Matthial hatte zwischen zwei Kanaltunneln eine Art Bunker ausfindig gemacht, den wir mit Brettern, morschen Paletten, Teppichresten und allem, was wir sonst noch fanden, in mehrere winzige Wohnboxen unterteilten. Diese Parzellen boten nicht nur ein Minimum an Privatsphäre, sie heizten sich auch schneller auf als große, feuchte Räume.
Matthial verteilte am Morgen die Aufgaben und erkundete dann weitere Tunnel. Kendra war die Einzige, die murrte, weil er sich davonmachte, während wir dir Drecksarbeiten erledigten. Ich verbot ihr den Mund und stellte fest, dass man mich vielleicht nicht ernst nahm, aber hinreichend fürchtete, um zu tun, was ich sagte.
Solange wir an unserem Quartier bauten, hatte ich das Gefühl, sowohl meinen Aschekörper als auch das Tier in mir im Griff zu haben, auch wenn ich bei jedem Handgriff an Neel denken musste. Es war eine wichtige Arbeit, Eisennägel mit viel Kraft ins Holz zu schlagen, Wände zu ziehen und danach zu dämmen, sodass die Kälte nicht mehr hineingelangte. Wir schufen für jeden einen separaten Raum, nur Kendra und Zac bekamen einen gemeinsamen, der etwas größer war. Zwei kleine Zimmer bauten wir für den Fall, dass der Clan wuchs. Das war im Winter häufig der Fall. Städter, die in die Wildnis flüchteten, glaubten oft, es allein zu schaffen, aber spätestens wenn ihnen die Nahrung ausging, machten sie sich auf die Suche nach den Clans und bettelten um deren Schutz.
Außerdem errichteten wir einen größeren Vorraum, in dem wir zusammensitzen und unser Essen zubereiten konnten. Hier stellten wir alte Fässer als Feuerstellen auf - der Rauch zog allerdings nicht so gut ab, wie wir es uns erhofft hatten. Aber mit einer Konstruktion, die entfernt an einen Kamin erinnerte und größtenteils aus den metallenen Planken bestand, die man an alten Straßen fand, gelang es uns, den Großteil nach draußen zu leiten, sodass wir genug Luft bekamen. Zuletzt bauten wir eine kleine Kammer, in der wir Feuerholz lagern konnten, sowie eine gut isolierte Vorratskammer. Der Geruch von getrockneten Pilzen und Fleisch sollte möglichst nicht entweichen. Das würde die Mutantratten anlocken.
Die handwerkliche Arbeit lag mir. Ich war geschickt und verrichtete die Aufgaben, bis ich erschöpft war, denn diese Erschöpfung stellte den einzigen Schutz gegen Träume und sinnloses Grübeln dar. Konnte ich nicht einschlafen, lag ich mit schmerzenden Muskeln wach und überlegte mir Verbesserungen für die Konstruktionen, optimierte jeden Plan bis ins kleinste Detail, um die Trauer davon abzuhalten, über mich hereinzubrechen. Es gelang mir nicht in jeder Nacht, aber immerhin. Neel hatte unrecht gehabt - ich war stark. Bald hatte ich Matthials grobe Ideen samt und sonders verbessert.
Die Arbeit war auch eine gute Ausrede, wenn ich vor einem Gespräch flüchten musste - und ich floh vor jedem Gespräch. Es war nicht so, dass ich grundsätzlich nicht reden wollte. Ich wollte nur nicht mit Menschen reden, die Neel nicht gekannt hatten. Was immer ich über ihn erzählt hätte, es wären verlorene Worte gewesen. Niemand hätte sie mir geglaubt. Niemand hätte mir glauben können. Also behielt ich meine Worte.
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Es
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