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dark destiny

dark destiny

Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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das warme, weiche Fell, das sich an meine Schultern und meinen Rücken schmiegte. Matthial hatte auch die Säume am Handgelenk und die Oberarme gefüttert, nicht aber den Mittelteil der Ärmel, sodass ich in meinen Bewegungen nicht eingeschränkt war. Ich sagte nichts, aber meine Gesten zeigten ihm, dass mir seine Sorgfalt aufgefallen war. Der Ansatz eines Lächelns huschte über sein Gesicht, als er den Tunnel entlangging, den Blick auf den Boden vor seinen Füßen gerichtet.
    Wir kletterten eine Leiter hoch, zwängten uns durch einen schmalen Schacht und ganz unvermittelt waren wir an der Oberfläche. Ich musste die Augen schließen, so gleißend hell war es. Es musste Morgen sein, Dark Canopy war noch nicht in Betrieb. Der Schnee reflektierte die Sonnenstrahlen, sodass meine Augen brannten und tränten, als ich sie langsam öffnete. Wir standen in den bombenvernarbten Ruinen einer Siedlung, die ich nicht kannte.
    Als Kinder hätten wir einen solchen Moment gefeiert. Wir hätten unsere Kleider fortgeworfen, nackt im Schnee getanzt und so viel Sonne an unsere Haut gelassen wie nur möglich. Jetzt wandte ich den Blick ab und ließ die Strahlen nicht einmal meine Wangen wärmen.
    Ich konnte an nichts anderes als an Neel denken. Die Luft, die Weite und selbst die verdammte Sonne warfen mir meine Sehnsucht wie Steine an den Kopf. Schuldgefühle nagten an mir. Und schlagartig war es hell genug, um klar zu sehen: Ich konnte nicht bei diesem Clan bleiben. Es war nicht mehr mein Clan. Es war nicht bloß so, dass ich mich von den anderen entfremdet hatte. Nein, mir wurde bewusst, dass es keine Annäherung mehr geben würde. Nie wieder. Ich wollte mich ihnen nicht mehr annähern. Bisher hatte ich das auf meine Trauer geschoben, doch nun merkte ich, dass das, was mich auf Distanz hielt, viel mehr war als die Trauer um Neel. Es war blanke Ablehnung. Ich wollte mit ihnen nichts mehr zu tun haben, wollte keinesfalls mehr Teil ihrer Gemeinschaft sein.
    Ich betrachtete Matthial, der sein Gesicht ins Licht hielt. Sein Haar schillerte in allen Farben zwischen Blond, Rot und hellem Braun. Seine Sommersprossen waren zu dieser Jahreszeit nur als Schatten zu erahnen. War mir jemals aufgefallen, dass seine Wimpern an den Spitzen ebenso kupferfarben waren wie einzelne Haare in seinem Stoppelbart?
    Erst als er mich ansah und ich in ihm den Matthial von früher erkannte und nur noch einen Hauch des grausamen, zu schnell gealterten Mannes, der Neel auf dem Gewissen hatte, wagte ich zu sprechen.
    »Darf ich noch bis zum Frühjahr bei euch bleiben?«
    Wir hätten bloß gestritten, wenn ich um die Erlaubnis gebeten hätte, den Clan zu verlassen, daher entschied ich es, ohne ihn zu fragen - ich würde gehen. Sobald es möglich war. Doch erst nach dem Winter bestand eine Chance, allein zu überleben, wenn ich nicht in die Stadt zurückgehen wollte. Und die Stadt - eine Stadt ohne Neel - war meine allerletzte Option.
    In seinem Gesicht regte sich kein Muskel. Nur ein Vogel, der hoch über uns hinwegflog, ließ seinen Schatten für einen Moment auf ihn niederfallen, sodass seine Augen müder und seine Miene betrübter wirkte. Innerhalb einer Sekunde war der Eindruck wieder verschwunden. Er antwortete nicht.
    »Matthial?
    »Das ist wirklich dein Ernst.« Er lächelte bitter. »Ich hatte gedacht, du kämst wieder in Ordnung.«
    »Mit mir ist alles in Ordnung. Ich kann nur nicht länger hierbleiben. Es wäre euch gegenüber nicht fair.« Schon das Argument war nicht fair. »Ich kann nicht dauerhaft euer Versteck nutzen und eure Nahrung essen, wenn ich keiner mehr von euch bin. Und das will ich nicht mehr sein.«
    »Nun«, meinte er. »Du bist nicht unsere Gefangene. Wir wollten dir nur helfen.«
    Wir setzten uns in Bewegung, trotteten dicht nebeneinander eine Straße entlang, die aus den Ruinen hinausführte. Um nicht gesehen zu werden, hielten wir uns eng bei den Büschen und Bäumen, die am Rand der asphaltierten Strecke wuchsen und uns im Notfall Verstecke boten.
    »Ich habe euch viel zu verdanken«, sagte ich, als ich das Gefühl hatte, dass das gemeinsame Schweigen Matthials Zorn wieder besänftigt hatte. Er ließ mich nicht erkennen, dass er wütend war, aber er war es. »Ich meine es ernst, Matthial. Ihr habt mich nicht aufgegeben, als ich eine Gefangene der Percents war, egal wie hoffnungslos die Lage aussah. Ihr habt mich gerettet.« Ein bitterer Geschmack verteilte sich in meinem Mund, weil ich Neels Part in dieser Rettungsaktion nicht

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