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dark destiny

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Titel: dark destiny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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dunkel, dass Menschen sicher kaum etwas sehen konnten. Ihn störte das nicht, die Kerze auf dem Küchentisch war ihm genug Licht. Der Mann, der dahinter saß und mit einem lächerlich kleinen Messer ein Stück Holz bearbeitete, musste sich tief über seine Arbeit beugen. Die Kerze stand so nah, dass sie bei jeder Bewegung fast sein ergrautes Haar ansengte. Als der Mann erkannte, dass es ein Percent war, der seine Stube betrat, ließ er das Messer hastig in seinen Schoß gleiten.
    »Was kann ich für dich tun, Herr?« Der Mann begann trotz der Kälte sofort zu schwitzen, kleine Perlen bildeten sich auf seiner Stirn.
    Neel blickte ihn durchdringend an und endlich begriff der Mann und erhob sich, um das Zeichen für Respekt zu machen. Dabei fiel das Messer zu Boden, der Mann zuckte erschrocken zusammen, aber Neel ignorierte es. Er musterte sein Gegenüber. Es war niemand, der auf der Straße auffiel. Noch nicht wirklich alt, aber auch schon lange nicht mehr jung. Nicht muskulös, aber auch nicht kurz vor dem Verhungern, eher etwas pummelig um die Taille. Der Mann war vollkommen gewöhnlich, doch Neel hatte das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben. Es ärgerte ihn, dass er nicht daraufkam, woher er ihn kannte. Auch jetzt störte ihn wieder sein fehlender Geruchssinn; es war so viel einfacher, Menschen - die sich ohnehin alle sehr ähnlich sahen - anhand des Geruchs zu unterscheiden statt an banalen, sich tausendmal wiederholenden Details wie der Haar- oder Augenfarbe. Dieser Mann hatte stahlblaue Augen. Ein kaltes, dunkles Blau wie das Wasser des Blauen Sees, wenn Eisschollen darauf trieben. Blau wie ... Joys Augen.
    Neel versuchte, die Erinnerung an sie abzuschütteln, und lenkte seine Aufmerksamkeit auf den hinteren Teil der Kate. Eine breite Schlafstätte war dort aufgebaut. Der Mann wohnte nicht allein.
    »Wie heißt du?«
    »Robin, mein Herr.«
    »Hauptmann«, verbesserte Neel, obgleich ihm diese Förmlichkeit bisher immer unangenehm gewesen war. Aus irgendeinem Grund verlangte es ihm bei diesem Menschen nach Respekt. »Robin, so. Du hast Familie, Robin?« »Eine Frau, Hauptmann. Sie hat einen Sohn von ihrem ersten Mann.«
    »Eigene Kinder?«
    Robin zögerte. »Nicht mehr, nein. Ich kann und sollte keine Kinder mehr ...« Er räusperte sich. »Meine Zeit läuft ab, Hauptmann.« Umständlich zog er sein Hemd aus der Hose, sodass ein Stück seines Bauches zu sehen war.
    Neels vages Gefühl, dass der Mann sehr wohl eigene Kinder hatte, verhärtete sich. Warum sonst wechselte jemand so krampfhaft das Thema, wenn nicht, weil er etwas verbergen wollte? Kinder, die Rebellen waren, zum Beispiel. Er hatte den Mann zunächst als eher dicklich eingeschätzt, doch jetzt erkannte er, dass er damit falschgelegen hatte. Sein Leib war fast ausgemergelt, nur in Bauchnähe wucherten dicke Geschwüre. Neel kannte sich nicht aus mit menschlichen Erkrankungen, aber was er sah, sagte sogar ihm genug. Der Mann würde bald sterben.
    »Du verstehst, warum ich hier bin?«, fragte Robin fast entschuldigend. »Ich kann nicht mehr arbeiten. Im Sommer habe ich noch Beeren geerntet und zum Markt gebracht, doch jetzt, im Winter ... Früher habe ich Wasserrohre gewartet, Hauptmann, und Abwasserkanäle gesäubert. Ich war jahrelang fleißig, es gab nie einen Grund zur Klage. Aber nun -«
    Mit einer Geste brachte Neel den Mann zum Schweigen. »Ich bin nicht hier, weil du nicht arbeitest.«
    Von einer auf die andere Sekunde wurde der Mann kalkweiß im Gesicht. »Es ist doch nichts passiert, oder? Meiner Frau? Oder meinen ...?«
    Neel kniff die Augen zusammen. »Wen meinst du, Robin?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Ist jemandem etwas passiert?«
    »Nein«, seufzte Neel. »Ich habe nur eine Frage an dich.«
    »Du verzeihst?« Der Mann ließ sich schwerfällig wieder auf seinen Stuhl sinken und bot Neel an, auf einem anderen Platz zu nehmen, doch er lehnte wortlos ab.
    »Dann frag, Hauptmann. Ich helfe, so gut ich kann.«
    »Nebenan leben zwei Kinder«, sagte Neel und bemühte sich um einen neutralen Ton.
    Robin überlegte mit gefurchter Stirn und nickte dann unsicher. »Richtig. Gute Kinder. Wenn du mich fragst.«
    »Niemand fragt dich nach deiner Meinung. Ich will wissen, ob die Gören unerlaubt jagen.«
    »Auf keinen Fall! Aber nein, sicher nicht! Das würden sie nicht tun. Das sind brave Kinder.«
    Neel hätte beinahe gegrinst. Die Lüge war so offensichtlich und doch gab dieser Mann sich so viel Mühe, die Wahrheit zu verbergen, und

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