dark destiny
Gebrannten bringen, mich mit ihnen um die Münzen streiten und mich verspotten lassen? Ich konnte Morton gut leiden. Er war der Typ Percent, den die Umstände hart und rau gemacht hatten. In einer anderen Welt wäre er vermutlich ein liebevoller Familienvater gewesen, der Gäste bewirtet hätte, statt Männer zu Trinkern zu machen, um über die Runden zu kommen. Ich mochte ihn wirklich.
Aber wollte ich weiter für ihn arbeiten?
Ich dachte darüber nach, während ich zum Stadtzentrum streunte und dabei unablässig die Umgebung beobachtete. Kamen mir Percents entgegen, schlug ich weite Bogen, ohne durch Hektik auf mich aufmerksam zu machen. Man muss Ärger aus dem Weg gehen, wenn man Wert auf heile Knochen legt.
Meine ehrliche Antwort lautete: Nein; nein, auf keinen Fall. Ich war eine Jägerin gewesen, eine Rebellin, eine freie Frau. Dann hatten sie eine Soldatin aus mir gemacht und daraufhin eine Städterin sowie eine Geächtete unter denen, die zuvor meine Mitstreiter gewesen waren, und ein Spottobjekt für alle anderen. Jemanden, der unterwürfig seine Wege um die der Stärkeren herum plante, der jeden Kontakt mied, aus Sorge, es könnte der Falsche daherkommen.
Das alles passte nicht zu mir. Das war nicht ich - nein, das wollte ich nicht sein! Auch wenn ich vieles verloren hatte: Diesem Wunsch blieb ich treu. Ich wollte ich selbst sein dürfen. Bisher war mir das immer gelungen.
Tief in meinem Inneren wusste ich genau, dass ich nicht in der Stadt bleiben würde. Nicht bleiben konnte. Die Stadt bot mir genug zum Überleben, wie allen anderen auch, aber im Gegensatz zu ihnen genügte es mir nicht, nur zu überleben. So, wie ich die Zeit im Gefängnis zwischen verschlossenen Türen und Gittern überstanden hatte, würde ich auch Wochen und Monate in der Stadt ausharren können. Aber auf Dauer würde mir allein der Zaun den Atem rauben. Ich würde ersticken an dem bisschen Luft, das Dark Canopy durchließ.
Ich musste hier weg, die Stadt war nur ein Teil meines Wegs, das Ziel war noch fern. Das wusste ich und konnte es mir dennoch nicht zugestehen. Nicht, ehe ich wusste, wohin. Und ob Neel mit mir kommen würde.
Im Zentrum, ganz in der Nähe des gefürchteten Hotels, lagen die Läden, in denen man Kleidung, Taschen und Waffen kaufen konnte. Auch Möbelstücke gab es hier, sie standen in großen Räumen ausgestellt und rochen muffig. Ich schlenderte an den meisten Geschäften vorüber, ohne einen Blick hineinzuwerfen. Ein Kleidungsgeschäft war mein Ziel, ich brauchte ein neues Paar Strümpfe oder zumindest Wolle und Nadeln, um mir welche zu stricken. Ich ging drei Mal an dem Laden vorbei, sah lediglich durch die großen Fenster und verschaffte mir so einen Überblick, wer sich darin aufhielt. Schneider belieferten diese Läden und es gab einen Schneider, dem ich unter keinen Umständen begegnen wollte. Joseph. Er und seine Frau hatten mich ein Jahr zuvor schändlich verraten, was zu Ambers Gefangennahme geführt hatte. Ich war mir sicher, Joseph würde versuchen, sein Handeln irgendwie zu rechtfertigen. Vermutlich hatten die Percents ihn dazu gezwungen und ihn mit dem Leben seines Sohnes erpresst. Doch mich interessierten seine Argumente nicht. Wäre ich ihm begegnet, hätten wir das Haus gemeinsam verlassen: Er in einem Leichensack und ich in Ketten.
Doch meine Furcht vor einem Wiedersehen war unbegründet -Joseph war nicht da. Ich betrat den Laden und streifte zwischen den Tischen und Ständern umher, auf denen einfache Hosen und Jacken drapiert waren wie kostbare Sonderanfertigungen. Auch diese Geschäfte litten unter dem Winter, darum war die Auswahl gering. Nahrungsmittel waren so teuer, dass kaum jemand Münzen für etwas anderes übrig hatte. Ich musste nicht nach den Preisen fragen; dass die wärmenden Kleidungsstücke - die, die von den Menschen so dringend gebraucht wurden - unbezahlbar waren, konnte ich mir auch so denken. Billig zu haben waren dagegen die Restposten aus dem Sommer. Ein Kleid mit schmalen Trägern tat mir beinahe leid. Das zarte Etwas hing so verloren in diesem kalten Laden. Ich wollte es so gern anfassen, aber es hatte die Farbe von Sahne, meine Finger würden Flecken darauf hinterlassen.
Ich wandte mich ab. Was sollte ich bei Eis und Schnee mit einem solchen Kleid?
Gib den Leuten billig, was sie nicht wollen, aber verlange alles, was sie haben, für das, was sie dringend brauchen - das war das Gesetz der Stadt. Ein Händler, der sich nicht daran hielt, ging vor die Hunde.
Ich
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